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Schnelltest für Keime

Medizin.- Eine Diagnose für eine Infektion zu stellen, ist für Mediziner oft schwierig. Ob im jeweiligen Fall ein Virus oder ein Bakterium krank macht, kann oft nur langwierig über einen Abstrich geklärt werden. Schneller könnte die Diagnose mit einem Test gelingen, über den Wissenschaftler nun im Fachmagazins "PNAS" berichten.

Von Christine Westerhaus | 03.04.2012
    Bakterien, Pilze, Viren – sie alle können uns krank machen, doch die Symptome, die sie hervorrufen, sind nicht immer eindeutig. Viel zu oft verschreiben Ärzte Antibiotika, obwohl sie den Erreger nicht genau identifiziert haben. Gegen Pilze und Viren sind diese Medikamente jedoch völlig wirkungslos. Sie helfen also nicht und können zusätzlich zu Resistenzen führen, wenn sie zu häufig und unkontrolliert eingesetzt werden.

    Der normale Weg ist, dass eine Infektion mit Antibiotika behandelt wird und dann geschaut wird, ob der Erreger stirbt oder nicht. Um einen Keim aus einer Probe eindeutig identifizieren zu können, muss er meist für mehrere Tage, manchmal sogar Wochen angezüchtet werden. Wenn es sich um ein Bakterium handelt, dauert es dann noch einmal ein bis zwei Tage, bis wir wissen, auf welches Antibiotikum es anspricht.

    Der Schnelltest, den Deborah Hung von der Harvard Universität in Boston und ihre Kollegen entwickelt haben, braucht nur wenige Minuten, um die Identität eines Erregers preiszugeben. Die Forscher konnten nachweisen, dass sie unterschiedliche Bakterienarten, Viren oder Pilze in den Urinproben von Patienten allein anhand spezifischer Ribonukleinsäuren eindeutig identifizieren können. Diese auch RNA genannten Moleküle werden in der Zelle immer dann gebildet, wenn genetische Informationen in Proteine übersetzt werden. Weil sie gewissermaßen eine Kopie der DNA, also der Erbinformation, darstellen, sind die RNA-Moleküle genauso charakteristisch für jedes Lebewesen, wie die DNA selbst. Daher konnten die Forscher die unterschiedlichen Erreger eindeutig anhand der RNA in einer Probe identifizieren. Gleichzeitig spiegelt die RNA aber auch Stoffwechselprozesse wieder, die in der Zelle gerade stattfinden. Denn je nachdem, ob der Erreger gerade gestresst ist oder nicht, produziert er unterschiedliche RNA-Moleküle. Diese konnten die Forscher in ihrem Test nachweisen.

    Indem wir die RNA analysieren, können wir die Reaktion der Zelle auf eine Behandlung schon frühzeitig messen. Wir können zum Beispiel ablesen, ob der Erreger Stressymptome zeigt, wenn wir ihn mit einem bestimmten Antibiotika behandeln oder nicht.

    Bei resistenten Erregern konnten die Forscher keine Stresssymptome nachweisen, wenn sie die Urinprobe mit Antibiotika behandelten. Somit kann der Test anhand der RNA-Moleküle in einer Probe noch vor Beginn einer Therapie herausfinden, ob ein Patient mit einem resistenten Erreger infiziert ist. Der behandelnde Arzt kann dann auf andere Antibiotika zurückgreifen, auf die das Bakterium empfindlich reagiert. Im Idealfall kann die Infektion geheilt werden, noch bevor der Patient andere Menschen mit den resistenten Keimen ansteckt.

    "Inzwischen hat fast jedes klinisch relevante Bakterium eine Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum entwickelt. Es gibt also einen großen Bedarf für einen solchen Test, der uns schnell sagen kann, welches Medikament wir einsetzen können. Wenn wir genauer herausfinden können, mit welchem Erreger ein Patient infiziert ist, könnten wir ihn viel spezifischer behandeln. und damit Resistenzen vermeiden. Dann hätten wir nicht die Antibiotika Krise, in der wir uns momentan befinden."

    Bisher konnten die Forscher jedoch nur nachweisen, dass das Prinzip ihrer Methode funktioniert. Bis der Test auch im medizinischen Alltag eingesetzt werden kann, werden noch ein paar Jahre vergehen, schätzt Deborah Hung.