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Schokoladentafeln in allen Größen

Schokolade als 335-Gramm-Tafel: Bald könnte dies möglich sein. Die EU-Fertigpackungsverordnung, die am Samstag in Kraft tritt, hebt bisherige Größennormen für Lebensmittelpackungen auf. Verbraucher können sich nun zwischen verschiedensten Produktgrößen entscheiden - an sich ein Vorteil. Dafür müssen beim Einkauf die Preise und Mengen noch genauer verglichen werden.

Von Dieter Nürnberger | 09.04.2009
    Die Verbraucherschützer befürchten nun vor allem eine neue Unübersichtlichkeit. Ab kommenden Samstag ist es beispielsweise möglich, dass Schokoladenpackungen mit 60 Gramm Inhalt angeboten werden, theoretisch möglich sind aber auch ganz andere Größen, wie beispielsweise 73 Gramm oder was auch immer. Und hier habe nun der Verbraucher den Nachteil, denn er müsse sich in diesem künftigen Wirrwarr zurechtfinden, sagt beispielsweise Torsten Kasper vom vzbv, dem Verbraucherzentrale Bundesverband.

    "Es drohen krumme Packungsgrößen und auch recht exotische Füllmengen. Wir befürchteten, dass dadurch der Preisvergleich erschwert wird, dass es auch zu versteckten Preiserhöhungen kommt. Aus Verbrauchersicht ist dies eine unsinnige Vorschrift. Die Verbraucher haben sehr gut mit bisher festgelegten Packungsgrößen gelebt, die jetzige Liberalisierung verlangt dem Verbraucher mehr Aufmerksamkeit beim Einkauf ab."

    Der Grund für diese Neuregelung ist die neue Verpackungsrichtlinie der EU. Diese schafft die bisherigen Standardverpackungen ab. Milch beispielsweise durfte in Deutschland bislang in Fertigverpackungen nur in den Größen 0,5, 0,75 und einem Liter abgegeben werden. Das ändert sich also - und von der Neuregelung betroffen sind fast alle Lebensmittel, sagt Birgit Rehlender von der Stiftung Warentest.

    "Wein, Schaumwein und Spirituosen sind davon ausgenommen. Hier wird es also weiterhin vorgeschriebene Größen geben. Alle anderen Lebensmittel dürfen dann in freien Verpackungsgrößen in den Verkehr gebracht werden. Hier gibt es keine Vorschriften mehr. Das Ganze ist eine Harmonisierung des EU-Rechts. Hier hat man versucht, den Herstellern mehr Freiraum zu geben. Man begründet dies mit dem Abbau von unnötigen Vorschriften. Man will das Recht vereinfachen und auch den Verwaltungsaufwand reduzieren."

    Die EU dachte bei den neuen Verpackungen wohl auch an bestimmte Zielgruppen. Mit kleineren Verpackungsgrößen ließen sich gerade Singles oder auch Senioren besser erreichen, so die Argumentation. Für den Verbraucher heißt es nun genauer hinzuschauen - und dabei gibt es nun eigentlich nur noch eine verlässliche Richtgröße - das ist die Grundpreisangabe pro Maßeinheit - konkret: der Grundpreis für 100 Gramm oder 100 Milliliter.

    "Diese Preise sind nicht immer gut lesbar. Am Kiosk beispielsweise findet der Verbraucher gar keine Grundpreis-Auszeichnung. Es besteht die Gefahr, dass man Mogelpackungen anbietet. Das kann Reduzierung der Füllmenge heißen, bei gleichbleibendem Preis. Der Verbraucher wird dies vielleicht gar nicht bemerken."

    Verbraucherverbände befürchten nun also Tricksereien seitens der Hersteller. Dass dies nicht unbegründet ist, zeigen die Erfahrungen der Stiftung Warentest. Denn einzelne Marktsegmente durften schon in der vergangenen Jahren neue Verpackungsgrößen einführen. Birgit Rehlender:

    "Wir haben also beispielsweise herausgefunden, dass bei Waschmittel die Füllmenge reduziert wurde. Es geht da teilweise um rund 40 Prozent Preiserhöhung. Ein aktuelles Beispiel ist da 'Ariel'. Dieses Produkt ist nun deutlich teurer."

    Konkret befürchtet man also weniger Ware für das gleiche Geld. Geht es nach den Verbraucherschützern, dann sollte die Neuregelung der EU am besten gar nicht erst eingeführt werden. Torsten Kasper vom vzbv.

    "Wir bedauern diese Neureglung aus Verbrauchersicht und halten sie für unsinnig. Wir haben ja 2009 Eurowahlen - und wir plädieren dafür, dass das neue Europaparlament diese Liberalisierung schnellstmöglich wieder abschafft."