Dienstag, 14. Mai 2024

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Sandwich schmieren mit Diplom

Martin Hinterthan und Johannes Wittenbrink sind je gelernter Bankkaufmann und Groß- und Außenhandelskaufmann, sie haben berufsbegleitend einen Diplom-Kaufmann und zusätzlich noch einen Bachelor of business-administration gemacht. Seit ein paar Tagen nun sind sie ihre eigenen Chefs. In Duisburg haben sie ein Sandwich-Restaurant einer amerikanischen Kette eröffnet. Ohne unsere Ausbildungen in den Betrieben und an der Hochschule wären wir nicht bis zur Eröffnung gekommen, sagen die beiden.

Von Kai Toss | 19.07.2004
    Junge Frau, was darf´s für sie sein? Ne ganze Bestellung, Subway mild, 15 Zentimeter ohne Zwiebeln, mit Oliven...

    Johannes Wittenbrink nimmt eine Großbestellung auf. Mehrere Sandwiches und Salate. Frühstück für die Mitarbeiter eines Büros in der Nähe.

    Hier viel Zwiebeln, die andere Seite ohne Zwiebeln, Danke

    Seit ein paar Tagen ist das Restaurant geöffnet. Die ersten Kunden kommen schon regelmäßig. Zwar ist die Kaffeemaschine noch nicht angeliefert worden, ansonsten ist das Geschäft komplett. Sandwich schmieren mit Diplom. Für Existenzgründer Martin Hinterthan ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Zuvor hat er bei einer Versicherung gearbeitet, gleichzeitig für seine akademischen Abschlüsse gebüffelt. Abends und am Wochenende. Der Schritt in die Selbstständigkeit hat ihn keine Überwindung gekostet.

    Man hat im Laufe seiner beruflichen Karriere immer mehr gelernt, selbstständig zu arbeiten und da war der Schritt gar nicht so groß wie man meint, jetzt auch selbstständige Entscheidungen zu treffen und natürlich den Kopf dafür hinzuhalten, wenn was nicht gut läuft.

    Ähnlich sieht das sein Geschäftspartner Johannes Wittenbrink. Er ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann, hat ebenfalls Diplom- und Bachelorabschlüsse. Bei einem Mineralölkonzern war er zuständig für den Einkauf in den Shops, wo mittlerweile mehr verdient wird als mit Benzin.

    Ich hatte nachher auch Angebote aus dieser Richtung, die mich auch sehr gereizt haben. Das war auch eine tolle Chance. Ich habe lange überlegt, aber im Endeffekt hat es mich mehr gereizt, mich selbstständig zu machen. Das hatte auch Gründe: Ich wollte von allem etwas. Ich wollte Personalverantwortung haben, ich wollte Marketing machen, im Einkauf was machen. Ich wollte sehen, wie es sich verkauft, so dass man generell einen Überblick bekommt. Mit der Selbstständigkeit habe ich ermöglicht, dass ich alles machen kann. Und es macht einfach Riesenspaß.

    Riesenspaß - mit Umwegen und Rückschlägen. Abgesehen vom Behördenmarathon dem jeder Existenzgründer ausgesetzt ist, haben die beiden vor allem Probleme bei der Finanzierung gehabt. Und das trotz guter Vorbereitung. Beim Businessplan haben sie mit ihrem Professor zusammen gearbeitet, hunderte Stunden Zeit investiert, um die Bürgschaftsbank für Existenzgründungen zu überzeugen. Mit der Landesbürgschaft hätten sie die Bonität bei ihrer Hausbank erhöhen können. Martin Hinterthan erinnert sich noch mit Schrecken an ein Gespräch mit dem Sachbearbeiter.

    Ja, Herr Hinterthan, sie haben Bankkaufmann gelernt, haben danach ihren Versicherungsfachmann gemacht, jetzt wollen sie sich mit Brötchen schmieren selbstständig machen? Fällt ihnen denn da nichts besseres ein? Wenn sie so eine Frage gestellt bekommen, nachdem sie hunderte Stunden am Konzept gearbeitet haben, entgegen den Einwirkungen aus dem Umfeld, sich dafür entschieden haben, eine Sache durchzusetzen, dann erwarten sie von einer Bank, die ihr Konzept prüft, diese Frage als allerletztes!

    Mittlerweile habe die beiden jedoch eine Bank überzeugen können.

    ...wobei man sagen muss, es läuft dort auch wieder mit Vitamin B, dass man jemanden kennt, der einem hilft, der einen einlädt und dann auch zuhört. Wenn erst einmal jemand zuhört, dann haben wir bisher eigentlich die meisten Leute überzeugt.

    Vor jeder Zubereitung eines Sandwiches waschen sich die beiden Chefs und ihre Mitarbeiter die Hände und ziehen Einweghandschuhe an. Wittenbrink kommt mit seinen Fingern jedoch kaum rein.

    Die Mädels bestellen Handschuhe in small. Dass aber auch der Chef arbeitet mit seinen Pranken, da haben sie nicht dran gedacht.

    Optimal ausgebildet, haben die beiden auch gegen Widerstände ihr Subway-Restaurant eröffnet, zuvor alle Genehmigungen und Lizenzen ergattert. Sie haben damit umgehen müssen, dass bei der Renovierung vor dem Geschäft ein Teil der Duisburger Stadtmauer gefunden wurde und zunächst die Denkmalschützer die Arbeiten gestoppt haben. Und schließlich haben sie doch noch in Verhandlungen eine Bank gefunden, die sie unterstützt. Die Erfahrungen als Bankkaufmann und als Groß- und Außenhandelskaufmann und das Wissen, das sie sich an den Hochschulen erworben haben sind absolut unverzichtbar gewesen, sagt Martin Hinterthan.

    Wir fragen uns ernsthaft, wie jemand anders, der nicht diese kaufmännischen Vorkenntnisse hat, sich in Deutschland selbstständig machen kann.

    Nun verkaufen sie Sandwiches. Stolz sind sie darauf und Arbeitsplätze haben sie auch schon geschaffen.

    Außerdem noch einen Wunsch? 16,46 bitte. Vier Cent zurück. Schönen Tag und bis morgen!