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Schweiz
Solo in Solothurn

Wer in eine Einsiedelei zieht, will mit sich selbst und Gott allein sein. Doch die Eremitage in der Schweizer Verenaschlucht ist zur Touristenattraktion geworden. Den bisherigen Bewohnerinnen wurde der Rummel zu viel. Die Gemeinde sucht – mal wieder – jemanden fürs Hüsli.

Von Hans-Jürgen Maurus |
    Wie die Eremitin auf dem Bild suchten die Schweizer Einsiedlerinnen die Stille im Gebet - und wurden dabei oft gestört
    Wie die Eremitin auf dem Bild suchten die Schweizer Einsiedlerinnen die Stille im Gebet - und wurden dabei oft gestört (Friso Gentsch / picture alliance / dpa)
    Gesucht wird: Einsiedler oder Einsiedlerin in der Verenaschlucht im Kanton Solothurn. Geboten wird: ein 25 Quadratmeter großes Hüsli mit einem hübsch eingezäunten Garten, die Kapelle Sankt Martin mit einem wunderschönen Altar sowie die Verenakapelle, die der heiligen Verena geweiht ist, und viel Ruhe. Lediglich ein Bächlein fließt am Weg entlang, und Vogelgezwitscher erfüllt die Luft.
    Ein Kraftort sei die Verenaschlucht, sagen die Einheimischen - zu den Aufgaben des Bewerbers gehören die Pflege und Unterhalt der beiden Kapellen, der Klause, Betreuung von Hochzeiten und Taufen und Reinigung des Wanderwegs. Seit 1442 hausen hier Einsiedler, finanziert von der Bürgergemeinde Solothurn.
    2009 zog erstmals eine Einsiedlerin in die Schlucht, Verena Dubacher, die in der Einsiedelei, wie sie damals sagte, die Beziehung zu Gott vertiefen wollte, als Eremitin, in der Stille, der Meditation, in der wunderbaren Natur:
    "Dass ich meine Beziehung zu Gott, zu Jesus Christus vertiefe und verlebendige. Als Einsiedlerin in der Stille, in der Meditation und in dieser wunderbaren Natur."
    Doch die wunderbare Natur und die Stille reizen auch viele Einheimische und Touristen und die Einsiedlerin wurde selber eine Touristenattraktion, so Gemeindepräsident Sergio Winiger von der Bürgergemeinde. Es sei ein offenes Geheimnis gewesen, dass es zu viel Trubel und zu viele Leute für die Einsiedlerin gab. Sergio Winiger:
    "Es ist wirklich ein offenes Geheimnis, dass sie das nie ganz befriedigt hat, dass sie keine richtige Einsiedlerin sein konnte, die allein und in Abgeschiedenheit lebt, weil sie immer einen Haufen Leute um sich hatte und das hat ihr nicht so ganz gepasst - das ist so, ja."
    Verena Dubacher gab deshalb auf, wegen gesundheitlicher Probleme und weil immer mehr Besucher mit Kind und Kegel oder Hund und Fahrrad durch die Schlucht tobten. Ihre Nachfolgerin Schwester Benedikta konnte man in der Kapelle oft singen hören.
    Schwester Benedikta fühlte sich am Anfang wohl und zuhause, weil die Klause und die Kapellen Geborgenheit ausstrahlten, sagte sie nach ihrem Amtsantritt dem Schweizer Rundfunk:
    "Die Klause ist ein Ort, der für mich sehr viel Geborgenheit ausstrahlt, auch die beiden Kapellen und die Gegenwart Gottes."
    Doch nach rund 18 Monaten warf Schwester Benedikta das Handtuch, zu viel Rummel, zu viele Gaffer, die ihr in die Stube blickten. Die Eremitin war offen und kommunikativ und viele Besucher vertrauten sich ihr an, so blieben angesichts der seelsorgerischen Pflichten etliche Hausarbeiten liegen.
    Nun sucht die Gemeinde einen Nachfolger oder Nachfolgerin. Und zieht die Konsequenzen. Man lege nun mehr Wert auf die Hausabwarts-Aufgaben (Hausmeister-Arbeiten) heißt es, die Seelsorge werde zweitrangig, Gesang ist aber nach wie vor erlaubt.