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Serie "Love, Death & Robots"
Hamlet für Millenials

Die Animationsserie "Love, Death & Robots" haben zwei echte US-Kino-Größen entwickelt: David Fincher und Tim Miller. Die einzelnen Folgen sind kurze, eigenständige Episoden, die sich nicht um Genrezuordnungen scheren - und sie haben eine Altersbeschränkung.

Von Julian Ignatowitsch | 18.03.2019
Regisseur David Fincher
Einer der Produzenten von "Love, Death & Robots": David Fincher, der auch am Erfolg der Netflix-Serie "House of Cards" beteiligt war. (dpa / epa Paramount Pictures / Ho)
Ein Roboter mit rosa Putzpuschel, der über die längst vergessene Spezies "Mensch" philosophiert…
...futuristische Bestien, die sich in einer Kampfarena zerfleischen…
… oder Frühstückscerealien, die plötzlich die Weltherrschaft an sich reißen.
Es geht um alles
Nichts, was es nicht gibt in der Serie "Love, Death & Robots". So kreativ und unterhaltsam waren nur wenige Neuerscheinungen in letzter Zeit. Dabei geht es manchmal um die ewigen Themen Liebe und Tod. Manchmal um die Fragen unserer Zeit - Umweltzerstörung, Digitalisierung, Gender- oder Genforschung - und wohin sie/das alles führen könnten. Manchmal um den Kampf ums Überleben. Und manchmal einfach um: Catcontent.
Atmosphäre und Thematik wechseln so schnell wie die einzelnen Episoden kurz sind. Zwischen 6 und 18 Minuten dauern die Folgen. Meist sind sie: Schnell im Tempo, gewitzt und smart in den Dialogen, mit gut gesetzten Pointen und zugespitzt auf eine dramatische Schlussszene, die meist alles auf den Kopf stellt oder irgendetwas offen lässt. Popkulturelle und politische Anspielungen inklusive.
Ironische Brechungen von Klischees und Stereotypen
Jede Episode hat ihre eigene Machart. Mal erinnert die Animation an Manga-Comics, dann an die Wallace & Gromit-Knetfiguren und immer wieder an Blockbuster-Videospiele wie "GTA" oder "Fallout" und Hollywood-Action-Streifen wie "Transformers" oder "Avengers".
Das wird nie langweilig, weil die Genreklischees und Stereotype immer wieder ironisch gebrochen, vermischt und überspitzt werden. Science-Ficition, Comedy, Horror und Romanze verschmolzen zu einem Feuerwerk an erzählerischer Anarchie. Hier merkt man ganz klar die Handschrift vom Serien-Erfinder Tim Miller, der dieses Prinzip ja schon in "Deadpool" oder zuletzt "Terminator" angewendet hat. Selbstironische Superhelden gehören wie kulturbeflissene Farmer zum Figureninventar.
Die Unterschiedlichkeit entsteht auch dadurch, weil stets neues Personal bei den Episoden mitwirkt. Die Geschichten basieren meist auf Science-Fiction-Erzählungen, z.B. von prämierten Autoren wie John Scalzi oder Peter F. Hamilton. Regisseur und (Voice-)Cast wechseln, so ist jede Folge eine Überraschung. Klar, mit der Altersbeschränkung ab 18 geht es oft brutal, freizügig und laut zu. Dann aber auch wieder nachdenklich und ja, manchmal fast philosophisch.
Wie ein Fön in der Badewanne
Love, Death & Robots ist wie ein popkultureller Sprengsatz, der mal süß-klebrig wie Zuckerwatte und dann elektrisch-tödlich wie der Fön in der Badewanne daherkommt. Eine Serie gemacht für Millenials, die mit dem Smartphone in der Hand geboren werden, und deren Aufmerksamkeits-spanne entsprechend kurz ist; für Yuppies und Hipster, die eigentlich gar keine Zeit zum Serienschauen haben; vielleicht aber auch für den progressiven Opi, der das alles verstehen will. Nein, sie werden nicht jede Folge mögen. Manches werden sie hassen, manches ablehnen und manches lieben.
So ist das ja auch bei Shakespeare und den ewigen großen Fragen. Und Blut fließt dort auch viel… Also, sind wir ehrlich: Der Hamlet unserer Zeit ist ein Roboter mit rosa Puschel in der Hand.