Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Silke Burmester
Ein Plan zur Rettung des Journalismus

Im Journalismus muss sich etwas ändern. Deshalb hat Silke Burmester einen Plan entworfen, der garantiert, dass Journalistinnen und Journalisten so viel verdienen, dass sie ihre Arbeit gut machen können und nicht irgendwelchen Schrott produzieren müssen, auf dass irgendwie Kohle reinkommt.

Von Silke Burmester | 09.11.2017
    Gelesene Zeitungen auf einem Stapel
    Gelesene Zeitungen auf einem Stapel (imago / Chromorange)
    Hallo liebe Hörerinnen und Hörer!
    Wie Sie ja schon mitbekommen haben, muss sich im Journalismus etwas ändern, damit Journalistinnen und Journalisten von ihrer Arbeit leben können und der Beruf keiner wird, den ausschließlich Erben und Lottogewinner ausüben können. Geht es mit der Schrottifizierung der Branche weiter, glaubt uns Journalisten bald keiner mehr, niemand zahlt für das, was wir tun, und die vierte Macht im Staat kann einpacken.
    Und während man sich freut, dass die Zeitungs- und die Zeitschriftenverlage sich in großen Verbänden zusammengefunden haben, bleibt fraglich, wozu.
    Alles muss man selbst machen
    Dr. Mathias Döpfner, der der Vereinigung der Zeitungsverleger vorsteht, gießt unablässig Öl in das Feuer jener geistigen Brandstifter, die die Medien "Lügenpresse" nennen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen möchten. Er ist sich nicht zu schade, von "Staatsfernsehen" und "gebührenfinanzierter Staatspresse" zu sprechen, die an Nordkorea erinnere. Und der am Wochenende neu gewählte Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, Dr. Rudolf Thiemann, scheint von einer ganz besonderen Muse geküsst, wenn er die Zeitschriften, die das Verbreiten von Lügen über Prominente zum Geschäftsmodell erhoben haben, so reinwäscht: "Sie nehmen die Phantasie der Leser vorweg".
    Von der Idee, dass Journalismus etwas anderes ist, als Unterhaltung und irgendwelche Printprodukte deren Inhalte sich bitte in diversen Geschäftsfeldern versilbern lassen, keine Spur. Auch nicht davon, dass diese Idee und die Leute, die sie vertreten, verteidigt werden müssen.
    Nein, alles muss man selbst machen.
    Dank "BurAGENDA-2017" vom Journalismus leben können
    Deswegen, liebe Hörerinnen und Hörer, habe ich einen Plan entworfen, wie gewährleistet werden kann, dass Journalistinnen und Journalisten so viel verdienen, dass sie ihre Arbeit gut machen können und nicht irgendwelchen Schrott mit Medien produzieren, auf dass irgendwie Kohle reinkommt. Ich nenne dieses Vorhaben "BurAGENDA-2017".
    Die Idee dahinter ist einfach: All jene, die den Beruf nicht ernst nehmen und/oder auf das Geld, das sie mit ihrer Tätigkeit verdienen, nicht angewiesen sind, machen bitte etwas anderes.
    Schlechte Bezahlung dank drei Journalistengruppen
    Ich rede an dieser Stelle über die Rentner und anderen Tageszeit-Flaneure, die als Beschäftigungstherapie für 13, 19 oder 21 Cent die Zeile Texte für die Regionalzeitungen schreiben, und damit das System der großen Verlagsgruppen stützen, die Lokalredaktionen unterbesetzt halten und sich auf die Ergüsse der Freizeitjournalisten verlassen.
    Ich rede auch von den Frauen, die mit ihren Klein-Mädchen-Träumen von Erdbeerkuchen und Glückshormonen für einen Witzlohn die Stellen der Yellow-Press- und Feel-Good-Verlage besetzen, vor dem Hintergrund, dass sie als Teil des Systems "Ehe" auf das Geld nicht angewiesen sind.
    Und ich rede von den Berufsanfängern, von denen zu befürchten ist, dass sie bereits bereit sind, Geld mitzubringen, um zu veröffentlichen.
    Es sind diese drei Gruppen, die mit dafür verantwortlich sind, dass immer mehr derer, die sehr gern professionell arbeiten würden, zusehends unter Druck geraten und für Löhne und Honorare tätig sind, die erst die Würde fressen und dann den Anstand und Ethos, die den Journalismus von der Dienstleistung trennen.
    So wird der Journalismus wieder richtig gut - und lohnt sich!
    All diese Leute sollen bitte etwas anderes machen. Etwas mit Start-Up vielleicht. Oder mit Latte Macchiato.
    Im Gegenzug sagen wir, also diejenigen, denen der Beruf und sein Inhalt ernst ist, zu, in den Kampf zu ziehen. Wir werden uns nicht länger auf die angebotenen Schundsätze und Verträge jenseits von Anstand und Sitte einlassen. Da die Redaktionen uns brauchen, werden sie die Sätze anheben – wir können uns wieder leisten, zu recherchieren, genauer zu arbeiten und für Tageszeitungen zu schreiben – und der Journalismus wird wieder richtig gut!
    Die Lokalredakteure verplempern ihre Zeit nicht länger mit den Grützentexten der Opa-Reporter, die Frauen finden mehr Zeit für ihr Erdbeerkuchen-Blog und die Jungjournalisten werfen nicht bereits mit dem Berufseinstieg ihre Selbstachtung über Bord.
    Natürlich mache ich mich mit diesem Vorstoß unbeliebt. Macht nichts. Es geht um die Sache. Um den Journalismus. Es ist schlicht unverständlich, warum ausgerechnet dieser für unsere Demokratie so essentielle Berufsstand ein Auffangbecken für Dilettanten sein soll.