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SM-Kömödie
Der Film "Venus im Pelz" von Roman Polanski

Regiealtmeister Roman Polanski hat eine Bühnenfassung der Novelle "Venus im Pelz" von Leopold von Sacher-Masoch verfilmt. Hartwig Tegeler über einen Kampf zwischen den Geschlechtern, bei dem sich alle fünf Minuten ein anderer Sieger andeutet. Zumindest anfangs.

Von Hartwig Tegeler |
    Das Theater - das bei Polanski in "Venus im Pelz -, es ist leer; das Casting vorbei. Die zum Vorsprechen da waren, sind verschwunden. Thomas gerade im Aufbruch, da ist da auf einmal noch eine - Vanda. Zum Abwimmeln vulgär.
    Der Regisseur und Autor der Bühnenadaption von Sacher-Masochs "Venus im Pelz", er ist zutiefst gefrustet und entsprechend unfreundlich. Für Severin, den Sklaven in seiner Sacher-Masoch-Adaption "Venus im Pelz", hat er einen Schauspieler gefunden. Aber für Wanda, die dominante Frauenfigur, die "Venus im Pelz" - keine Aktrice in Sicht. Doch Vanda, die reale, die reinstürmt, blond, üppig, rotzig, Kaugummi im Mund, lässt sich nicht abwimmeln, im Gegenteil, sie packt ihr 19.-Jahrhundert-Kleid aus.
    Keine Chance hat der Intellektuelle, der Autor, der Regisseur, der Mann gegen sie. Nicht die blasseste Chance gegen diese ordinäre, reizvolle, rücksichtslose Frau, die zu Sprechlockerungsübungen ansetzt und die sich plötzlich, ohne Übergang, ohne Warnung in etwas vollkommen Anderes verwandelt. In eine kultiviert, laszive Frau mit einer ungeheuren - das ist wesentlich -, mit einer ungeheuren erotischen Ausstrahlung, diese Vanda mit "V", die nicht weniger ist als die perfekte Wanda mit "W" für Thomas' Stück.
    Ein Mann und eine Frau auf der Bühne, Polanskis Ehefrau Emmanuelle Seigner und Mathieu Amalric, der aussieht wie der junge Polanski. Ein bis auf diese Beiden leeres Theater ist Tatort eines Kampfes, in dem Schein und Realität und Rollen ständig wechseln. Wer herrscht? Wer wird beherrscht? Wer dominiert? Wessen Obsession steht gerade zur Debatte?
    Wer schafft es, seine Macht am besten auszuspielen? Der Regisseur? Den Polanski mit einer herrlich selbstironischen, aber wahrscheinlich realistischen Zeile porträtieren lässt:
    Thomas und Vanda spielen sich durch Thomas´ Stück, aber langsam verwandelt sich Thomas in den Severin aus seinem Stück. Und Vanda? War sie von Anfang an die Wanda aus "Venus im Pelz"?
    Es ist vielleicht kein großes Geheimnis zu verraten, dass am Ende dieser wunderbar inszenierten, keine Sekunde langweiligen Geschlechterschlacht die Machtpositionen zwischen der arbeitslosen Schauspielerin und dem arroganten Regisseur sich vollkommen verschoben haben. Also hat die Erotik der Frau über den Mann gesiegt? Mal wieder? Also die alte Nummer, die olle Kamelle? Zugegeben, Polanskis "Venus im Pelz" hätte auf eine Standard-Männerfantasie hinauslaufen können, die von Roman Polanski und unserer - gemeint sind wir Männer! - Urangst vor der Frau handelt. Doch dieser Gefahr entgeht Polanski in seinem komplexen Verwirr- und Rollen- und Masken- und Identitäten-Spiel, vor allem, indem er uns zu einem hemmungslos-lüsternen Lachen, ja, über uns selbst verführt. Am Anfang sagte Thomas dieses "nicht ganz".
    Kusiemski, der Severin aus dem Stück. Am Ende ist er es womöglich. Ganz! Denn da legt eine nackte Venus, den Pelz nur umgeworfen, einen dionysischen Tanz auf die Theaterbretter hin. Und Thomas, da am Theaterkaktus hängend? Nein, hier ist auch zum Schluss nicht eindeutig, sondern vor allem komisch, saukomisch und absurd.. "Venus im Pelz" ist grandios, weil Roman Polanski alle Fragen zu Mann und Frau und ihr ziemlich durchgeknalltes Verhältnis stellt - lachend tut er das allerdings, grinsend. Hämisch, mitleidig und empathisch. Aber mit zu gezogenem Vorhang lässt der alte Meister des Kinos "alle Fragen offen".