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Solarauto
Einmal Sonne tanken, bitte

Noch gibt es erst zwei Prototypen von "Sion", dem Elektroauto mit eingebauten Solarzellen. Schon bald soll der Kleinwagen eines Münchner Start-ups in Serie gehen. Mithilfe einer zusätzlich entwickelten App sollen möglichst viele Fahrer ein Auto nutzen können.

Von Bernd Schlupeck |
    Ein Elektroauto vom Typ "Sion" des Herstellers "Sono Motors" bei der Vorstellung des Prototyps in Hamburg
    Ein Elektroauto vom Typ "Sion" - Noch gibt es nur Prototypen, schon bald soll der Kleinwagen in Serie gehen (Daniel Bockwoldt/dpa)
    Ein Wohngebiet mit Gewerbeinheiten im Norden von München: Vor einem grauen Flachbau aus Beton steht ein Auto mit kantigem Heck - gut vier Meter lang, 1,80 Meter breit, fünf Türen. Auf den ersten Blick sieht das Auto, mit dem das Münchner Start-up Sono Motors die Welt verändern will, fast so aus wie jedes andere auch.
    "Wir stehen hier gerade vor dem Sion. Der Sion ist ein Elektroauto, er ist aber noch ein bisschen mehr als das: er ist nämlich auch ein Solarauto – also beides in einem. Auf der Karosserie, sieht man, haben wir überall Solarpanele verbaut", sagt der Pressesprecher von Sono Motors, Julius Zimmer.
    330 monokristalline Siliziumsolarzellen verbaut
    Insgesamt hat der Sion 330 monokristalline Siliziumsolarzellen mit einem Wirkungsgrad von 24 Prozent – auf Dach, Motorhaube, Heckklappe und auch an den Seiten. Zusammengenommen bedecken die dunkelblau schimmernden Zellen eine Fläche von 7,5 Quadratmetern. An sonnigen Tagen soll der Solarstrom den Antriebsakku soweit aufladen, dass er 30 Kilometer länger durchhält. Ist es wolkig, soll die Reichweite 15 Kilometer größer sein.
    "Wollen wir los." -"Genau Start"- "Dann werden wir mal eine Runde übers Privatgelände fahren".
    Die Stromproduktion funktioniert im Prinzip wie beim Solarmodul auf dem Hausdach auch. Die Elektronen, die das Sonnenlicht im Silizium freisetzt, liefern Gleichstrom,der dann in die wassergekühlte Lithium-Ionen-Batterie im Unterboden gespeist wird. Sie hat eine Kapazität von 35 bis 45 Kilowattstunden und wird – wie bei allen Elektroautos üblich – auch beim Bremsen aufgeladen.
    Voll "betankt" 250 Kilometer weit
    Voll mit Strom betankt, soll der Sion eine vierköpfige Familie 250 Kilometer weit bringen. Allerdings muss sich das erst in echten Praxistests beweisen, bis dato haben die zwei Prototypen lediglich je 3.500 Testfahrten á fünf bis 10 Minuten auf dem Tacho. Julius Zimmer dreht ein paar Runden.
    Ein Elektroauto vom Typ "Sion" des Herstellers "Sono Motors"  bei der Vorstellung des Prototyps in Hamburg
    Ein Elektroauto vom Typ "Sion" - Alle Flächen der Karosse werden für die Solarzelleen genutzt (Daniel Bockwoldt/dpa)
    "Ich fand es interessant als ich zum ersten Mal damit gefahren bin, weil eben nicht das typische ‚Rrrrrrummm‘ kam, sondern man hört nur, wenn er beschleunigt – jetzt hören wir vor allem den Kies, über den wir fahren – dieses ‘Nnnnniiih‘; ein bisschen wie ein Raumschiff!"
    Auffindbar mittels App
    Falls die Batterie trotz Solarzellen doch mal fast leer ist, hat der Sion einen Schuko-Haushaltsstecker und einen Schnellladerstecker an Bord. Zudem kann das Auto bidirektional geladen werden, erklärt Julius Zimmer, also Strom von anderen Autos zapfen. Er stoppt auf einem Parkplatz, steigt aus und geht zur Vorderseite des Fahrzeugs. In der Mitte zwischen den Scheinwerfern öffnet er eine Klappe mit drei Anschlüssen darunter.
    "Die Leute haben immer Angst: Wie weit komme ich wirklich mit dem Auto, bleibe ich irgendwo liegen? Und wir haben versucht, das Problem so zu lösen: Wenn man möchte, kann man den Sion in seiner App verfügbar machen. Dann wird angezeigt, wo der Sion steht. Und Leute, die jetzt Strom brauchen, ob es jetzt 30 oder 100 Kilometer sind – das ist jetzt nicht auf den Sion begrenzt –, suchen dich raus, fahren zu dir hin. Und dann steckt man sich gegenseitig an und lädt sich, damit man noch ein paar Kilometer weiterkommt."
    Straßenzulassung noch in Arbeit
    Außer Starthilfe soll die App namens ‚goSono‘ auch helfen, Mitfahrgelegenheiten anzubieten oder Gleichgesinnte zu organisieren, die ein Auto teilen wollen. Im Grunde gehe es ihm gar nicht darum, so viele Autos wie möglich zu verkaufen, sondern das Fahrzeug gemeinsam zu nutzen, betont Julius Zimmer. Ob sich diese Vision im Autoland Deutschland durchsetzt, wird sich zeigen. Aktuell wollen 3.669 Menschen einen Sion haben. Die Produktion soll in wenigen Monaten anlaufen. Bis dahin müssen die Münchner noch die Straßenzulassung schaffen.
    "Aktuell ist es so, dass wir angefangen haben, jedes Teil einmal im Computer durch Testprogramme durchzujagen und auf ihre Leistungsfähigkeit und Resistenz durchzuprüfen. Und im Sommer kommt der große Crash-Test beim TÜV. Dafür werden wir noch einmal ein paar Prototypen anfertigen und werden dann traurig dabei zusehen müssen, wie der TÜV sie gegen die Wand fährt."
    16.000 Euro Anschaffungskosten ohne Batterie
    Bei dem Crash-Test ist auch interessant, wie sich die Solarzellen verhalten, die aus Sicherheitsgründen mit einer Schicht aus Polycarbonat überzogen sind. Der Sono Motors-Pressesprecher ist zuversichtlich, dass alles glatt geht. Kosten soll das Solarauto 16.000 Euro, exklusive Batterie, und damit nur halb so viel wie der BMWi3. Das von Julius Zimmer geliebte "Raumschiffgeräusch" beim Fahren wird es dann nicht mehr geben.
    Bis Sommer 2019 müssen alle E-Fahrzeuge ein sogenanntes akustisches Fahrzeugwarnsystem haben, das einen richtigen Sound erzeugt, der für Fußgänger und Radfahrer gut hörbar ist.