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Sport als politischer Vermittler

Seit mehreren Jahren pflegt die Bundesregierung besondere Kooperationen mit Ländern wie China, Russland oder Israel, um auf der Ebene des Sports, politische Annäherung zu betreiben. Seit heute soll auch mit Palästina eien derartige Kooperation aufgebaut werden. Auf dem geschichtsträchtigen Petersberg bei Bonn unterzeichneten beide Seiten dazu eine Absichtserklärung. Und das in einer Zeit, in der das Verhältnis zwischen Israel und Palästina auch auf sportlicher Ebene sehr angespannt ist.

Von Jonas Reese | 18.06.2012
    Der Sport als politischer Mediator. In gemeinsamen Projekten wollen Deutschland und Palästina in Zukunft die Zusammenarbeit im Bereich des Sports ausbauen. Erfahrungen und Erkenntnisse austauschen, Trainingslager, Freundschaftsspiele und Seminare abhalten, sowie den Bau von Sportstätten vorantreiben.

    Auch eine Art Entwicklungshilfe, die wie Gerhard Böhm, Leiter der Abteilung Sport im Bundesinnenministerium, auf sportlicher Ebene das versucht, was auf der großen politischen Ebene seit Jahren mislingt.

    "Das soll natürlich auch ein Zeichen Israel sein, dass wir Palästina genauso behandeln wie andere Staaten und wie Israel auch, um sozusagen das Gespräch zu erleichtern, zunächst im sportfachlichen, sportwissenschaftlichen Bereich, aber das bietet dann ja möglicherweise die Möglichkeit das später auszubauen."

    Die Sportnation Deutschland, also als Vermittler zwischen Israel und Palästina. Die gleiche Hoffnung verfolgt auch Jibril Rajoub, der Generalsekretär des palästinensischen Hohen Rat für Jugend und Sport.

    "Ich persönlich bin pragmatisch und flexibel. Die andere Seite hat einen Platz in meinen Gedanken. Ich hoffe und wünsche mir, dass umgekehrt auch die palästinensische Sportgemeinschaft ihren Platz auf der anderen Seite inne hat."

    Dabei ist das israelisch-palästinensische Verhältnis momentan auch auf sportlicher Ebene sehr angespannt. Seit drei Jahren sitzt der palästinensische Nationalspieler Mahmoud Sarsak in einem israelischen Gefängnis. Auf dem Weg zu einem Spiel wurde er am Grenzübergang festgenommen – weil er nach israelischen Aussagen dem Islamischen Jihad angehören soll. Ein Prozess wird ihm bislang verweigert. Seit 90 Tagen befindet sich Sarsak in einem Hungerstreik, der für einige mediale Aufmerksamkeit gesorgt hat. Nach Uefa-Präsident Michel Platini hat sich auch Fifa-Boss Sepp Blatter an den israelischen Fußball-Verband gewendet.

    Am Rande des Treffens auf dem Petersberg mahnt auch der Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport, Willi Lemke, rechtstaatliche Prinzipien in diesem Fall an.

    "Ich sage, für mich persönlich, dass wir allergrößten Wert drauf legen, dass der Nationalkeeper der palästinensischen Nationalmannschaft einen fairen Prozess bekommt. Ich kann nicht sagen, ob er schuldig ist oder nicht, aber er muss, wenn er jetzt mehrere Jahre im Gefängnis gewesen ist in Israel, dann muss ihm der Prozess gemacht werden.Also ich weiß nicht, was man sonst für ein Rechtsempfinden haben kann, wenn man sagen kann, man darf Menschen Jahre lang einsperren, ohne ihnen den Prozess zu erklären."

    Der Fall des Verwaltungshäftlings Sarsak zeigt: Es ist eine schwierige Aufgabe, die dem Sport als Mediator aufgebürdet wird. Ob da eine Absichtserklärung mit einem Budget von mehreren Zehntausend Euro helfen kann? Es ist zu hoffen.