Die Zahlungen der IAAF sind höchst mysteriös und der Empfänger schweigt hartnäckig. Über Jahre hat Helmut Digel bislang unbekannte Zuwendungen vom Leichtathletik-Weltverband IAAF bezogen. Insider beschreiben eine Art regelmäßiges Salär unter der alten Führung um den langjährigen, skandalumwitterten Präsidenten Lamine Diack. Die stille Zusatzvergütung soll sich auf rund 3.000 Dollar belaufen haben, bezahlt aus Monaco, wo der Verband residiert. Digel bestätigte oder dementierte trotz wiederholter Anfragen nichts davon.
Jedoch bestätigt die IAAF, dass es in der Ära des 2015 abgetretenen Diack tatsächlich Sonderzahlungen "an einige Vorsitzende von Komitees und Kommissionen" gegeben habe. Sie beschreibt sogar eine Praxis, die wie ein System Diack wirkt und unter dem heutigen Präsidenten Sebastian Coe nicht mehr existiert: Für die dubiosen Zahlungen damals habe es "keine Verträge" gegeben, sie seien per Überweisung abgewickelt worden – oder in bar, gegen eine Empfangsbestätigung.
Krumme Geschäfte von Diack Junior
Eine derartige Entlohnung ist von keinem Statut im Regelwerk des Weltverbands gedeckt. Nachfragen nach einer rechtlichen Basis für die Zahlungen wollte auch die IAAF nicht beantworten. Diack steht mittlerweile in Frankreich unter Hausarrest, er soll mit seinen Komplizen während seiner Amtszeit unter anderem Athleten mit positiven Dopingtests erpresst haben. Sein Sohn Papa Massata Diack, der viele Jahre als Marketing-Beauftragter für die IAAF krumme Geschäfte abgewickelt haben soll, wird seit längerem von Interpol gesucht. Ihm werden Korruption, Erpressung und andere Delikte vorgeworfen, er soll sich im heimischen Senegal verstecken.
Digel leitete viele Jahre die IAAF-Marketingkommission und hatte dort von Amts wegen häufiger mit Diacks Filius zu tun. Einmal, 2004, will er selbst einen Bestechungsversuch des Präsidentensohns vereitelt und an die Verbandsspitze gemeldet haben. Damals bewarb sich Stuttgart um das Leichtathletik-Weltfinale, und Diack Junior hatte den Schwaben eine Wunschliste mit Gaben im Gesamtwert von 365.000 Euro präsentiert. Auch Fragen zu Häufigkeit und Intensität der früheren Zusammenarbeit mit Diack ließ Digel zuletzt unbeantwortet.