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Sportgymnastik
Vorwürfe gegen Trainerinnen

In einem Jahr findet in Stuttgart die Weltmeisterschaft der Rhythmischen Sportgymnastik statt. Nach schweren Anschuldigungen ist bereits die zweite Elite-Trainerin am Bundesstützpunkt nicht mehr im Dienst.

Philipp Sohmer |
    Man spricht deutsch in Fellbach-Schmiden. Zumindest für die Mikrofone. Ins Training, wo früher alles auf russisch geregelt wurde, soll neue Transparenz einkehren, nachdem das Zentrum der Rhythmischen Sportgymnastik in Deutschland in seinen Grundfesten erschüttert worden ist.
    „Gesprochen wurde mit uns beim Training sehr selten. Wir wurden eher angeschrien"
    „Der Höhepunkt unserer Telefonate war: „Die machen mich hier als Sportler und als Mensch kaputt."
    Das sind die Aussagen der ehemaligen Athletin Katerina Luschick und ihrer Heim-Trainerin Claudia Marx über LuschickS Zeit in Schmiden. Die 16-jährige Katerina Luschik berichtete im Sommer von Beleidigungen auf russische und Essensentzug, der in Schmiden gang und gäbe sei.
    „Man wurde beschimpft als dicke, fette Kuh, und sie haben gesagt für dich wäre es besser nichts zu essen, nur zu trinken."
    Luschik berichtete auch von einer Ohrfeige und einem unrechtmäßig verabreichten Antibiotikum, erstatte Anzeige gegen 2 Trainerinnen der Nationalmannschaftsgruppe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Deutsche Turner Bund DTB trennte sich daraufhin von seiner Teamchefin Karina Pfennig - ein Interview zum Thema lehnte DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam ab.
    Seit Mittwoch ist neben Pfennig nun auch Galina Krilenko beurlaubt, jahrelang Trainerin Deutschlands bester Einzelgymnastinnen. Eine andere Athletin hatte von einem Handgemenge mit Krilenko im Jahre 2011 erzählt.
    Gegenüber dem SWR offenbarte sich eine weitere Sportlerin, dass sie bei Krilenko trotz eines gebrochenen Fußes habe weitertrainieren müssen und als Schauspielerin verhöhnt worden sei.
    Krilenko selbst war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Bis zur Klärung des Sachverhalts bleibt sie freigestellt.
    Es finden sich allerdings auch andere ehemalige und aktuelle Sportlerinnen aus Schmiden, die es aus ihrer Erfahrung für undenkbar halten, dass diese Anschuldigungen gegen die Trainerinnen wahr sind. Aber nur Eine will das auch öffentlich sagen. Anastasia Kempf trainierte von 2009-2013 in Schmiden, hat nach wie vor engen Kontakt zum Stützpunkt. Sie erinnert sich:
    „Wenn das Training mal ein bisschen härter war oder die Trainer mal einen Ausrutscher hatten oder so was, dann haben sie auch meist nach dem Training mit uns gesprochen und uns erklärt, wieso das jetzt so war und warum sie etwas härter durchgreifen mussten."
    Darauf der Reporter: „Was verstehst du als „Ausrutscher"?
    „Unsere Trainerin war sehr emotional. Sie hat jedes Training sehr persönlich genommen, und wenn mal irgendwas nicht geklappt hat, da ging sie ein bisschen höher vielleicht mit der Stimme und äh.. ja."
    Der DTB hüllt sich in Schweigen, einzig Michael Breuning spricht, seit Sommer neuer Standortmanager in Schmiden.
    „Wir müssen jetzt das Zentrum hier auf neue, stabile Füße stellen, und dafür müssen wir auch die Vergangenheit aufarbeiten."
    Für psychologische Betreuung und andere Ernährungsberatung der Athletinnen hat Breuning schon gesorgt. Und für einen neuen Umgangston. In Schmiden soll ab jetzt nicht mehr russisch sondern immer deutsch gesprochen werden. Das alle verstehen, was wirklich in der Halle los ist.