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Sure 7 Verse 80-81
Bestimmungen zur Homosexualität

Muslimen wird oft unterstellt, besonders große Schwierigkeiten mit dem Thema Homosexualität zu haben. Dennoch erblühte die homoerotische Poesie im Mittelalter nirgends stärker als in der islamischen Welt. Wie kann das sein? Lehnt der Koran die gleichgeschlechtliche Liebe doch nicht ab?

Von Dr. Jonathan A. C. Brown, Georgetown University, Washington D.C., USA |
    "Und wir sandten Lot. Damals, als er zu seinem Volke sprach: ‚Wollt ihr denn eine solche Abscheulichkeit begehen, worin noch niemand von den Weltbewohnern euch zuvorkam? Siehe, aus Lust verkehrt ihr mit den Männern statt mit Frauen. Nein, ihr seid ein Volk, das es zu weit treibt.‘"
    Auf diesen Koranaussagen über den Propheten Lot basiert die Haltung des Islams zum Thema Homosexualität. Die Darstellung Lots kommt der biblischen sehr nahe. Die Einwohner von Sodom werden für ihre Sünden verurteilt. Eine dieser Sünden war es, dass Männer mit anderen Männern anstatt mit Frauen intim wurden.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Der Prophet Mohammed verurteilte ebenfalls das Handeln des Volks, zu dem Lot gesandt worden war. Auch deshalb werden die zitierten Koranverse im Kontext von Homosexualität als maßgeblich von den Ulamâ' verstanden. Ulamâ' sind muslimische Gelehrte, die seit den Anfängen des Islams die Offenbarungen des Korans und die Lehren Mohammeds studiert haben. Ihr Ziel ist es, das islamische Recht, sprich: die Scharia, und die Glaubensdoktrin detaillierter zum Ausdruck zu bringen.
    Die klassischen Gelehrten erachteten den Geschlechtsverkehr unter Männern, den sie als Sodomie bezeichneten, einhellig als verboten. Hinsichtlich der Bestrafung jedoch vertraten sie unterschiedliche Auffassungen.
    Jonathan Brown in einer Hausecke. 
    Jonathan Brown lehrt als Associate Professor an der Georgetown University (priv.)
    Einige meinten, es müsse die Todesstrafe erfolgen. Andere meinten, es sei eine weniger strenge Strafe zu vollziehen. Wieder andere betonten, zu einer Exekution solle es nur dann kommen, wenn jemand mehrfach überführt wurde. Auch sonstige intime Kontakte unter Männern sind dem islamischem Recht zufolge verboten und ziehen Bestrafungen nach sich.
    Ähnliche rechtliche Regelungen gelten in Bezug auf gleichgeschlechtliche Kontakte unter Frauen.
    All diese Bestimmungen fallen unter das grundsätzliche Verbot außerehelicher Intimitäten, denn eine Ehe ist nach islamischem Recht nur zwischen Mann und Frau gültig.
    Im islamischen Kontext wäre es allerdings treffender, von homosexuellen Handlungen zu sprechen und nicht von Homosexualität als Teil einer Identität oder als sexuelle Orientierung. Das islamische Recht interessiert sich nämlich nicht dafür, wonach sich die Menschen sehnen oder wen sie lieben.
    Ein Mann mag sich durchaus zu anderen Männern hingezogen fühlen. Die Liebe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen mag genauso stark und bedeutsam sein wie die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau. Das alles spielt für die Scharia keine Rolle. Sie befasst sich nur mit Äußerungen und Handlungen.
    Anziehungskraft und sexuelle Beziehungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts waren historisch betrachtet in der islamischen Zivilisation weit verbreitet. Muslimische Autoren und Dichter des Mittelalters sind Erben der griechischen und persischen Traditionen. Dort war das literarische Motiv der Bewunderung für die Schönheit eines bartlosen Jünglings gängig. Zudem war die Knabenliebe in diesen Gesellschaften nicht ungewöhnlich.
    Muslimische Gelehrte räumten ein, dass es häufig homosexuelle Kontakte gab. Denn selbst wenn das islamische Recht sie verbietet, gab es wenig, was man dagegen tun konnte. Um jemanden wegen Unzucht verurteilen zu können, sind nämlich zwingende Beweise erforderlich. Und diese zwingenden Beweise sind schwer zu erbringen: Der Koran fordert die Aussage von vier aufrechten, männlichen, muslimischen Zeugen, die alle mit eigenen Augen gesehen haben müssen, wie der eigentliche Geschlechtsakt vollzogen wurde. Angesicht dieser Anforderungen kam es nur selten zu rechtlichen Verfolgungen.