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Sure 9 Vers 5
"Erschlagt die Frevler, wo ihr sie findet"

Vers 5 aus Sure 9 ist einer der umstrittensten Verse des Korans. Er wird immer wieder zitiert, um Muslime mit der Gewalt in ihrem Heiligen Buch zu konfrontieren. Militante islamische Fundamentalisten werten ihn als Rechtfertigung für Angriffe.

Erläutert von Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn |
    "Sind aber die Schutzmonate abgelaufen, so erschlagt die Frevler, wo ihr sie findet, und packt sie und belagert sie und lauert ihnen in jedem Hinterhalt auf! Wenn sie jedoch bereuen und das Gebet verrichten und die Pflichtabgabe zahlen, so lasst sie ihres Weges ziehen! Siehe, Gott ist verzeihend und barmherzig."
    Diese Koranstelle eignet sich, um zu zeigen, welche Probleme auftreten, wenn ein Vers aus seinem Kontext und seinem geschichtlichen Zusammenhang gerissen wird. Oft wird ein Vers dann noch dezidiert als Legitimation einer einzigen und eindimensionalen Kernaussage präsentiert.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Das geschieht in der Regel dann, wenn kein Wissen darüber vorhanden ist, dass bei der Interpretation des Koran immer mehrere Ebenen betrachtet werden müssen. So ist auch dieser Vers erst einmal in seinem historischen Entstehungsraum zu verorten.
    Dabei ist nun festzuhalten, dass es sich bei der Bezeichnung "Schutzmonate" um eine Zeitspanne von vier Monaten handelt, für die Krieg und Töten verboten wurden. Sodann wird Bezug genommen auf die Ereignisse nach der friedlichen Eroberung Mekkas durch den Propheten Mohammed und seine Gefährten im Jahre 630.
    Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn in einem Hörfunkstudio des Deutschlandradio
    Dr. Tuba Isik von der Universität Paderborn (Deutschlandradio/Bettina Fürst-Fastré)
    Mohammed und die polytheistischen mekkanischen Stammesführer hatten einen Vertrag geschlossen. Darin war vereinbart worden, sich nicht mehr zu bekriegen. Doch einige Mekkaner brachen diesen Vertrag.
    Um weiter rekonstruieren zu können, um was es in unserem Vers geht, müssten die vorausgehenden zwei Koranverse und weitere Verse der Sure 8 gelesen werden. Der Koran wurde nämlich nicht auf einen Schlag als Buch offenbart, auch nicht in inhaltlich konsistenter, sondern in loser Abfolge innerhalb von 23 Jahren. Daher ist es üblich, dass sich Ergänzungen zu einem Vers an anderen Stellen im Koran finden.
    In Bezug auf unseren Vers wird so deutlich, dass er sich auf einen laufenden Konflikt mit den vertragsbrüchigen Polytheisten bezieht, die zudem sehr aggressiv auftraten. Der Prophet wurde daher durch Gott angewiesen, ihnen über die Schutzmonate eine Frist einzuräumen. In der konnten sie die Kaaba in Mekka weiter im Rahmen ihres Kultes nutzen - danach nicht mehr. Dem stimmten die Polytheisten zu.
    Doch dann wollten einige die Kaaba weiter nutzen. Dadurch trat das Kriegsrecht in Kraft, und in dieser Situation wurde der Koranvers offenbart: Gott gibt die Schutzmonate aus und mahnt, diese abzuwarten und erst dann die Frevler, also die Vertragsbrecher zu bekämpfen. Zugleich weist Gott darauf hin, dass sich in der Zwischenzeit etwas an ihrer Gesinnung geändert haben könnte. Er ruft dazu auf, mit den Frevlern zu sprechen und zu sehen, ob sie ihre Taten bereuen.
    Die wichtigsten Korankommentatoren sind sich einig, dass der Vers historisch eingeordnet werden muss. Er darf demnach heute nicht als Legitimation herangezogen werden, um Menschen zu töten - Menschen, die nach eigenem Gutdünken als Frevler oder Vertragsbrecher definiert werden.
    Die Überzeugung einzelner Muslime, dass dieser Vers ihnen das Recht gibt, Richter über Leben und Tod zu sein, ist ebenso falsch wie die Überzeugung einzelner Nicht-Muslime, dass der Islam zum Töten anderer auffordere. Beide Auslegungen sind zwei Seiten derselben Medaille.