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Tosca
Verhaltener Diskofunk

In den späten 90ern remixten die DJ-Producer Kruder & Dorfmeister Superstars wie Madonna und Depeche Mode, blieben ihren Fans aber ein eigenes Album schuldig. Dafür knüpfte ein anderes Duo aus Wien an deren Erfolge an. Unter dem Namen Tosca hielt Richard Dorfmeister gemeinsam mit seinem Jugendfreund Rupert Huber seither die Sounds am Grooven. Mit ihrem neuen Album haben sich Tosca an der Schnittstelle von Acid Jazz und Discofunk neu erfunden.

Von Paul Lohberger |
    "Eine echte Band waren wir nie, und werden das auch nicht sein. In Wirklichkeit ist es der Tosca Sound, wie mal jemand gesagt hat, perfekte unperfekte Popmusik."
    Also sprach Richard Dorfmeister. Unperfekt sind Tosca als Pop-Act, weil es nie um Songs oder Stars geht, sondern der Sound immer an erster Stelle steht. Nicht als Grenzerfahrung wie beim zeitgenössischen Elektroniker Skrillex, sondern als anregende Grooves, geboren aus Tüftelei und Know-How.
    "Wir nehmen ja nie was auf, und es bleibt so. Es wird immer verändert und geschnitten, und reversed - Aufnahme ist ein Prozess, aber das Arbeiten mit dem Sound ist ein ganz wichtiger zweiter Prozess, je mehr Stufen der durchgeht, umso besser."
    "Out there" - "da draußen" lag für die elektronischen Producer der Neunziger das gelobte Land. Also jene Klanggefilde, die der akustische Innovationsgeist erschlossen und über alles bisher Dagewesene erhoben hatte. In genau diesen Zonen verorten sich Richard Dorfmeister und Rupert Huber nun mit ihrem Albumtitel: "Outta here". Von hier draußen kommt die aktuelle Platte.
    Rupert Huber: "Das ist dieser uralte Korg MS 20, der hier links oben am Keyboardrack steht, der hat einen Sound, der gut klingt, bis 1,5 Sounds, die gut klingen. Das ist fast schon unser Essbesteck.
    Richard Dorfmeister: "Es gibt ein paar Instrumente, die haben wir 'seit immer' haben. Da wissen wir genau, was welche Stimmung erzeugt."
    Trotz allem haben die Tosca-typischen "Tradesounds" 2014 nun so etwas wie Konkurrenz bekommen.
    Rupert Huber: "Wir haben uns auf zwei Vokalisten festgelegt, was eine irrsinnige Befreiung war, nachdem wir jahrelang Sänger als Klangfarben verwendet haben. Das war jetzt mal eine neue Erfahrung. Das geht schon in Richtung 'sehr zusammengespielt sein', ich würde das eher eine Combo nennen als eine Band."
    Beide Stimmen gehörten Anfang der 90er zu einem musikalischen Trend, als dessen Weiterentwicklung Tosca am anderen Ende des Jahrzehnts herauskamen. Sängerin Cath Coffey prägte Hits der Stereo MCs, Rob Gallagher wiederum machte sich als Rob Galliano einen Namen und brachte Acid Jazz auf den Weg.
    Als Earl Zinger war Rob bereits wiederholt bei Tosca zu Gast. Cath Coffey kam über Szenekontakte ins Spiel. Gewissermaßen kam zusammen, was musikhistorisch zusammen gehört. Doch von einer Band kann deswegen nicht die Rede sein, weil die Nummern großteils über Soundfiles zustande kamen, die zwischen Wien und London hin- und hergeschickt wurden. Die Combo traf sich nicht im Proberaum, sondern bei Liveterminen. Rupert Huber reflektiert diesen Prozess, der sich ein gutes Jahr hinzog.
    "Es ist irrsinnig vom Sound zusammengewachsen, sodass wir, ohne es zu wollen, schon fast am Punkt auf die Stimmen hin die Tracks hingeschickt haben, mit immer so Stimmungsvorgaben, sing wie Betty Davis, mach einen absurden Text wie James Joyce, das hat super funktioniert, bis auf zwei, drei Ausnahmen, wo die zwei nach einem Konzert hier waren, also bei 'Swim Swim Swim' und 'Happy Hour', das ist wieder eine andere Energie, wenn die zusammen im Kammerl stehen."
    Mit ihrem verhaltenen Discofunk stellen Tosca 2014 ihr Stammklientel mehr als zufrieden. Das wäre noch zu toppen, wenn sich "Outta Here" live umsetzen ließe. Dafür suchen Dorfmeister und Huber gerade die ideale Percussion-Lösung. Einerseits soll es mehr Dynamik geben, andererseits soll das Elektronik Feeling nicht verloren gehen. Wie zu erwarten, sieht Richard Dorfmeister die Sache ganz entspannt.
    "Wir halten uns das gern auch offen, das Ganze wieder umzustellen und neu zu strukturieren, eventuell auch mit anderen Sängern, oder gar keine. Das war immer Teil des Konzepts, dass wir uns das eigene Klischee wehren. Wir behalten uns vor, uns innerhalb unserer kleinen Musikwelt-Nische zu verändern, und uns trotzdem musikalisch treu zu bleiben."