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Treffen von Smartphone-Journalisten
Alles aus einer Hand

Aufnahme, Schnitt, Überspielung - für immer mehr Fernsehmacher wird das Smartphone zum zentralen Arbeitsgerät. Und der technische Fortschritt ist längst nicht am Ende, wie sich beim Branchentreff "MoJoCon" in Irland zeigt.

Von Kai Rüsberg |
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist auf einem Smartphone-Display zu sehen.
    Für viele Videojournalisten bedeutet die Arbeit mit dem Smartphone als Kamera und Tonaufnahmegerät eine Befreiung. (picture alliance / Kay Nietfeld/dpa)
    Der Eingang zur Journalismuskonferenz "MoJoCon" in Galway liegt 200 Kilometer von den Konferenzsälen entfernt: am Bahnsteig des Heuston Station in Dublin - an der gegenüberliegenden Küste Irlands. Es ist eine Waggontür. Drinnen, im MoJoCon-Express, sind die Journalisten schnell in Stimmung. "Wir sind im MoJoTrain. Und wir fahren nach Galway, zweieinhalb Stunden. Und werden Workshops haben, richtig toll."
    150 Journalisten sind aus aller Welt gekommen, von Neuseeland, über Afrika bis Südamerika, um im MoJoCon-Express die ersten Tipps zu erfahren - auch im wörtlichen Sinne. Es ist eine Mischung aus Klassenfahrt und Kunsthappening, bei der selbst der Brite seine Zurückhaltung verliert: Marc Settle von der BBC: "Dieser Zug ist vermutlich die größte Ansammlung von mobilen Journalisten, Produzenten, Filmemachern und Experten an einem Ort. Erstaunlich, dies zu sehen."
    Settle ist Ausbildungsleiter für Smartphone-Journalismus und treibt die Benutzung von Mobilgeräten bei der BBC voran. Der Sender forciert das Thema und investiert darin Geld. "Wir haben eine eigene App entwickelt, die Fotos und Videos aufnimmt und dann in unser Produktionssystem im Sender überspielt. Wir ermutigen Kollegen darin, die Nutzung zu erlernen, damit sie bei einer besonderen Nachrichtenlage uns Qualitätsmedien anliefern können, statt sich nur per Telefon zu melden." Trotzdem setzen auch bei der BBC noch längst nicht alle am Smartphone ausgebildeten Journalisten das Gerät auch in der täglichen Arbeit ein. Das liegt unter anderem daran, dass in den großen Sendern Jahrzehnte lang technische Standards eine wichtige Rolle spielten und eine Abwehrhaltung dominiert.

    Weniger Ballast, weniger Kosten
    Smartphone-Journalisten im im MoJoCon-Express in Dublin.
    Smartphone-Journalisten im im MoJoCon-Express in Dublin. (Deutschlandfunk / Kai Rüsberg)
    Ganz anders betrachten kleine Produzenten den mobilen Journalismus, wie Bianca Maria Rathey, Smartphone-Journalistin aus Hamburg. "Man kann ja direkt auf dem Smartphone produzieren. Selbst wenn man unterwegs ist, kann man alles direkt hochladen." Für viele Videojournalisten hingegen bedeutet die Arbeit mit dem Smartphone als Kamera und Tonaufnahmegerät eine Befreiung. Der Austausch mit den Kollegen im Zug wirkt motivierend. "Also ich habe das Gefühl, dass MoJos offener sind, ihr Wissen zu teilen. Das ist wie so eine große Familie. Ich bin jetzt schon zum dritten Mal dabei, und danach war ich immer Feuer und Flamme. Das macht auch Spaß für die eigene Arbeit."
    Smartphone-Journalismus bedeutet drastisch weniger Ballast durch die Technik und auch Kostenersparung für das sonst deutlich teurere Equipment. Und Rathay sieht zudem inhaltliche Vorteile für die Arbeit von Journalisten: "Weil man sehr schnell zu den Menschen den Kontakt herstellen kann. Und ich merke, dass das einfacher ist, die Leute das aus dem Alltag auch kennen. Dadurch ist es einfacher, näher an sie ranzukommen und schneller das Vertrauen zu fassen."
    Eine noch überschaubare Gruppe
    Heike Stiegler von der Social-Media-Abteilung beim Bayrischen Rundfunk sitzt in der Bankreihe gegenüber. Sie meint, Reporter sollten heutzutage jederzeit auf einen Smartphone-Einsatz vorbereitet sein. "Die beste Kamera ist die Kamera, die du dabei hast. Und das ist meist das Handy dabei, wenn mal was passiert und dann wenn man weiß, wie man damit umgehen muss."
    Noch ist die Gruppe der Smartphone-Innovatoren weltweit überschaubar. Es sind zumeist eher die kleineren TV-Stationen, die die Technik regelmäßig einsetzen. 600 MoJo, mobile Journalisten, treffen sich nun für drei Tage in Galway, im Westen Irlands. Und Heike Stiegler hat hohe Erwartungen: "Man lernt wahnsinnig viel. Für mich ist es die beste Konferenz, die ich je besucht habe. Und ich war schon auf vielen Konferenzen, auch im Bereich Journalismus."
    Das Tagungshotel liegt in Galway gleich gegenüber dem Bahnhof, in einer geschützten Bucht am Atlantik. Erstmals sprechen sie in diesem Jahr dort auch über die Produktion von 360-Grad-Rundumvideos und über VR-Videos, die die Zuschauer in virtuelle Welten entführen.