Dienstag, 19. März 2024

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Trumps Klima-Dekret
"Ein rücksichtsloser Akt der Ignoranz"

Oxfam-Referent Jan Kowalzig wertet das neue Klima-Dekret von US-Präsident Donald Trump als deutliches Signal, dass die US-Regierung "den Klimaschutz rückabwickeln möchte". Damit schneide sie sich allerdings ins eigene Fleisch, denn die USA verlören damit auch aus wirtschaftlicher Sicht, sagte Kowalzig im DLF.

Jan Kowalzig im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 29.03.2017
    US-Präsident Donald Trump spricht vor der Unterzeichnung eines Dekrets, mit dem die Umweltauflagen seines Vorgängers Barack Obama aufgehoben werden.
    US-Präsident Donald Trump spricht vor der Unterzeichnung eines Dekrets, mit dem die Umweltauflagen seines Vorgängers Barack Obama aufgehoben werden. (AFP / Jim Watson)
    Auf jeden Fall wird Trump natürlich die USA so ans Schlusslicht im internationalen Klimaschutz setzen. Das heißt, auch aus wirtschaftlicher Sicht wird die USA darunter verlieren. Die Idee von Donald Trump, mit seinem Dekret die Kohleindustrie wiederzubeleben, das wird scheitern, schon aus wirtschaftlichen Gründen, denn der Betrieb von Kohlekraftwerken wird auch immer unwirtschaftlicher, auch in den USA. Das heißt, wir glauben eigentlich, dass die USA sich da gerade selbst ins eigene Fleisch schneidet.
    Susanne Kuhlmann: Vom Rückwärtsgang ist die Rede und vom Einstampfen. Das Klimadekret des US-Präsidenten Trump fällt ziemlich genauso aus, wie der Kandidat Trump es im Wahlkampf angekündigt hatte.
    O-Ton Donald Trump: "Wir haben den Bau der Keystone-Pipeline genehmigt und den Weg freigemacht, um die Dakota-Access-Pipeline fertigzustellen. Tausende von Jobs wird es geben."
    Kuhlmann: Das sagte Trump gestern, nachdem er das Dekret unterzeichnet hatte, mit dem er zentrale Klimaschutzvorschriften seines Vorgängers Obama aufhebt. Den Weiterbau der Pipelines hatte er schon kurz nach seinem Amtsantritt genehmigt. Präsident Obama war zuletzt der Ansicht, dass Klimaschutz und Pipeline-Bau nicht zusammen passen, und hatte den "Clean Power Plan" auf den Weg gebracht. Der soll dafür sorgen, dass Kraftwerke, die Öl, Gas und Kohle verfeuern, weniger CO2 ausstoßen. Trump will ihn nun in weiten Teilen rückgängig machen.
    Jan Kowalzig ist Referent für Klimafragen bei der Nichtregierungsorganisation Oxfam und jetzt am Telefon in Berlin. Guten Tag, Herr Kowalzig.
    Jan Kowalzig: Guten Tag, Frau Kuhlmann.
    Kuhlmann: Welche Bedeutung hat die Aufkündigung des "Clean Power Plans" von gestern?
    Kowalzig: Zunächst einmal ist die Aufkündigung, das Dekret von gestern, natürlich ein deutliches Signal, dass die USA oder die Trump-Administration den Klimaschutz rückabwickeln möchte. Letzten Endes ist das natürlich erst mal nur der Anfang davon. Damit ist jetzt der Klimaschutz noch nicht tot in den USA, sondern es ist erst ein Anfang eines Prozesses. Grundlage des "Clean Power Plans" ist ja der "Clean Air Act" und diese Gesetzgebung müsste ganz normal im Gesetzgebungsverfahren auch abgewickelt werden, und das wird sich natürlich über einige Jahre hinziehen. Da werden natürlich auch die Umweltorganisationen gegen vorgehen. Es wird Anhörungen geben. Das ist alles noch nicht erledigt. Allerdings ist natürlich das Signal sehr stark, wirklich ein rücksichtsloser Akt der Ignoranz, wie man es eigentlich bisher noch nicht erlebt hat.
    Kuhlmann: Wie kommt das denn an, vielleicht zunächst einmal in den USA? Eher als ein Symbol, oder doch als eine konkrete Bedrohung, selbst wenn es noch lange dauert, bis wirklich Nägel mit Köpfen gemacht werden?
    "Mehr Menschen bei den Erneuerbaren beschäftigt als in der Kohleindustrie"
    Kowalzig: Das ist natürlich eine Bedrohung. Das ist völlig richtig. In den USA ist es allerdings so, dass die Gesellschaft oder die Bevölkerung mehrheitlich für den Klimaschutz ist. Alle Umfragen ergeben, dass die Amerikaner, dass die Bevölkerung das durchaus verstanden hat, dass der Klimawandel eine Bedrohung ist, auch für die USA selber, und gleichzeitig zum Beispiel die Erneuerbaren auch ein wirtschaftliches Gewinngeschäft sind. Schon jetzt sind ja dort deutlich mehr Menschen bei den Erneuerbaren beschäftigt als zum Beispiel in der Kohleindustrie. Das geht um einen Faktor eins zu fünf. Es ist nicht so, dass in den USA jetzt überall gejubelt wird, sondern im Gegenteil. Eigentlich hat sich jetzt gerade sehr stark auch eine Bewegung gebildet, die dagegen vorgehen wird.
    Kuhlmann: Wie sind die Reaktionen anderswo in der Welt, auch beim Stichwort Pariser Abkommen für Klimaschutz?
    Kowalzig: Die USA ist ja weiterhin auch Unterzeichner des Abkommens. Das heißt, sie bleiben am Verhandlungstisch. Wie sich das auswirken wird, ist noch nicht ganz klar. Es könnte eine neutrale Zurückhaltung bis hin zu aktiver Obstruktionspolitik bei der Umsetzung des Pariser Abkommens auf den kommenden Klimakonferenzen sein. Da ist jetzt erst mal alles möglich im Moment. Allerdings ist es so, dass die übrigen Länder, Europa und China zum Beispiel, gestern gemeinsam ja auch ihr Bedauern über die neue Klimapolitik der USA geäußert haben und gleichzeitig deutlich signalisiert haben, dass sie zu ihren Klimaschutzverpflichtungen stehen. Das heißt, der Klimazug, der mit Paris sozusagen aufs Gleis gesetzt wurde, geht erst mal weiter.
    Hoffnung, dass Bundesstaaten dagegen halten
    Kuhlmann: Noch mal kurz zurück in die USA, dort sind ja die Bundesstaaten zuständig für Energiepolitik.
    Kowalzig: Ja, das ist natürlich die große Hoffnung, dass die Bundesstaaten weiter an der aktiven Klimaschutzpolitik bleiben. Auf Bundesstaatenebene gibt es sehr viele Initiativen, die auch vorher schon über das hinausgingen, was auf der landesweiten Ebene beschlossen wurde. Immer wieder genannt sind da zum Beispiel Kalifornien und der Bundesstaat New York, die sehr ambitionierte Klimaschutzpolitik auch längst verabschiedet haben. Die haben auch schon signalisiert, bei uns wird es einfach weitergehen wie bisher, denn wir sehen den Klimawandel als Bedrohung und den Klimaschutz als große Chance.
    Kuhlmann: Kurz Ihre Einschätzung. Sehen Sie die rote Laterne bei den USA in Zukunft?
    Kowalzig: Auf jeden Fall wird Trump natürlich die USA so ans Schlusslicht im internationalen Klimaschutz setzen. Das heißt, auch aus wirtschaftlicher Sicht wird die USA darunter verlieren. Die Idee von Donald Trump, mit seinem Dekret die Kohleindustrie wiederzubeleben, das wird scheitern, schon aus wirtschaftlichen Gründen, denn der Betrieb von Kohlekraftwerken wird auch immer unwirtschaftlicher, auch in den USA. Das heißt, wir glauben eigentlich, dass die USA sich da gerade selbst ins eigene Fleisch schneidet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.