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Ukrainischer Oligarch
Rinat Achmetows enge Bande

Der Oligarch Rinat Achmetow ist immer noch der reichste Mann der Ukraine, hat aber im Bürgerkrieg durch die Zerstörungen gelitten. Dort, wo viele seiner Produktionsstätten liegen, herrschen jetzt die Separatisten. Eine schwierige Situation für den Unternehmer, der in der Vergangenheit seine Geschäfte gerne politisch absicherte.

Von Florian Kellermann | 04.09.2015
    Der ukrainische Unternehmer und Oligarch Rinat Achmetow verlässt am 13.05.2014 nach einem Gespräch mit Bundesaußenminister Steinmeier (SPD) die Residenz des deutschen Botschafters in Kiew.
    Der ukrainische Unternehmer und Oligarch Rinat Achmetow vor der Residenz des deutschen Botschafters in Kiew (picture-alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Ein Rückblick in den Mai des vergangenen Jahres: Im Gebäude der Bezirksverwaltung in Donezk herrscht Aufregung, Anhänger der Separatisten sind erbost. Gerade wurde ein sogenanntes Parlament der selbst ernannten Donezker Volksrepublik gegründet. Und da hätten sich Vertraute des Donezker Oligarchen Rinat Achmetow eingeschlichen, behaupten manche. Eine Frau sagt:
    "Die Oligarchen, die wir gestürzt haben, drängen jetzt wieder an die Macht. Das dürfen wir nicht zulassen."
    Tatsächlich kommt Alexej Hranowskij aus einem der Verhandlungsräume. Er ist dem Zeitpunkt Verwaltungsleiter der Partei der Regionen in Donezk - der Partei von Achmetow und des im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowytsch. Was er hier, bei den Separatisten, mache?
    "Fast alle Experten in der Region sind mit unserer Partei verbunden. Wir leben doch alle gemeinsam hier und müssen zusammenarbeiten, zum eigenen Wohl und zum Wohl unserer Kinder."
    Zweifelhaftes Hilfsangebot
    Doch boten Achmetow und die Partei der Regionen wirklich nur ihre Hilfe an, um Schlimmeres zu verhindern? Jüngste Enthüllungen lassen die Szene vom Mai 2014 in einem anderen Licht erscheinen. Russische Computer-Hacker haben im Internet Dokumente veröffentlicht, die auf eine enge Verbindung zwischen Achmetow und der Donezker Volksrepublik schließen lassen.
    Demnach war Achmetow im Oktober des vergangenen Jahres in Donezk zu Besuch. Er soll dort mit dem Separatisten-Führer Alexander Sachartschenko verhandelt und eine Vereinbarung getroffen haben. Achmetow habe eine Autonomie für das Gebiet innerhalb der Ukraine versprochen und Sachartschenko eine lebenslange Führungsrolle zugesagt. Im Gegenzug soll Achmetow Zugriff auf wichtige Posten und Schutz für seine Geschäfte im Donezbecken erhalten haben. Danach soll es weitere Treffen zwischen Achmetow und Sachartschenko gegeben haben, so die Dokumente.
    "Ob die Dokumente echt sind, lässt sich im Moment nicht mit letzter Gewissheit sagen. Experten halten sie jedoch für glaubwürdig. Einerseits gilt die Enthüllungsplattform, die sie veröffentlichte, als relativ seriös. Andererseits passten die Dokumente zu anderen Informationen aus den Separatistengebieten, sagt Serhij Harmasch, Chefredakteur der Donezker Internetzeitung 'Ostrow'."
    "Die Unternehmen von Achmetow sind die Stütze der Wirtschaft in der Donezker Volksrepublik. Die Stahlwerke dort gehören Achmetow direkt, die Kohlebergwerke ihm und Vertrauten von ihm. Man kann sagen, Achmetow und andere Donezker Oligarchen ernähren die Separatisten. Womöglich profitieren sie sogar davon, dass das Gebiet eine wirtschaftliche Grauzone ist und der ukrainische Fiskus dort keine Steuern eintreiben kann."
    Diese Informationen bestätigen auch Kenner der Kohle- und Stahlbranche in der Ukraine.
    Natürlich könnten die Separatisten den Oligarchen die Unternehmen einfach wegnehmen. Dann allerdings müssten sie selbst für die Rohstoffe und für den Absatz ihrer Produkte sorgen. Das wäre schwierig, denn kein Staat erkennt die Volksrepubliken offiziell an, nicht einmal Russland. Deshalb brauchen die Separatisten den ukrainischen Oligarchen Achmetow, sagen Experten.
    Die Kooperation sei nicht erst nach und nach entstanden, sondern gehe bis in die Vorgeschichte der sogenannten Volksrepublik zurück, meint Chefredakteur Harmasch.
    "Es gibt Zeugenaussagen, dass schon an den ersten Aktionen Angehörige der Sicherheitsfirma beteiligt waren, die Achmetows Unternehmen damals bewachte. Sie machten mit, als pro-ukrainische Aktivisten in Donezk verprügelt wurden. Und heute bewacht das Separatisten-Bataillion Wostok die Residenz von Achmetow in Donezk - und das Fußballstadion, das ihm gehört."
    Zwielichtiger Geschäftsmannes
    Achmetow hatte schon vor den Unruhen in der Ostukraine den Ruf eines zwielichtigen Geschäftsmannes. Doch wenn die veröffentlichten Dokumente echt sind, dann betreffen sie nicht nur ihn. Dann muss er unbekannte einflussreiche Partner in der Regierung in Kiew haben. Sonst könnte er den Separatisten kaum Versprechungen machen und auch seine Waren nicht aus der Volksrepublik Donezk in die Ukraine einführen. In der Frage, wer diese Partner sein könnten, liegt die eigentliche Sprengkraft der Enthüllungen.