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Umbruch bei Associated Press

Associated Press, Amerikas größte Nachrichtenagentur, wurde vor 162 Jahren von Tageszeitungen gegründet. Mittlerweile aber macht die Agentur vor allem mit den ärgsten Konkurrenten der Printpresse gute Geschäfte und liefert beispielsweise für Google oder Yahoo die Inhalte. Die Zeitungen reagieren verärgert und fangen an, der AP die Treue aufzukündigen.

Von Gerti Schön | 13.09.2008
    Bereits acht amerikanische Nachrichtenorganisationen, darunter der Finanzdienst Dow Jones, die große überregionale Tageszeitung Star Tribune in Minneapolis und die New York Daily News, haben den Vertrag mit AP gekündigt, der in zwei Jahren auslaufen wird. Eine Reihe anderer hat den gleichen Schritt angedroht. Die Zeitungen werfen AP vor, vorwiegend in nationale und internationale Berichterstattung zu investieren, die für globalen Giganten wie Google nützlich sind, nicht aber für Lokalzeitungen, die nur beschränkt an überregionalen Nachrichten interessiert sind. Obwohl sich AP weiterhin lokalen und regionalen Geschichten widmet, reicht dies vielen nicht aus. Aus diesem Grund gründeten eine Reihe von Zeitungen in Ohio ihren eigenen Nachrichtendienst, die Ohio News Organisation, wo die Mitglieder kostenlos Storys untereinander austauschen. Das gleiche passiert bereits in Montana und möglicherweise schon bald in Pennsylvania, Indiana und Texas. Die Zeitungen haben keine andere Wahl sagt Daryl Kennberg, Stellvertretender Chefredakteur des Ohio Plain Dealer.

    "Viele Leute haben den gleichen Gedanken in unserem Geschäft, wir wollen mehr Berichterstattung, aber AP hat bisher nicht darauf reagiert, es hieß immer nur, ihr bekommt das, was ihr bekommt, und das hat viele enttäuscht. AP sagt, wir sind eine Kooperative, wir sitzen alle im gleichen Boot, aber sie reagierten nicht auf die Probleme unserer Redakteure. Jene, die nun ganz auszusteigen drohen sind enttäuscht, sie haben Hilfe erwartet und wurden nicht gefragt, wie man das System verbessern könnte. Also fangen sie an zu prüfen, ob sie ganz ohne AP auskommen können und viele Zeitungen merken, dass sie das ganz gut hinbekommen könnten. Sie können das Geld das AP kostet, in eigene Leute investieren und die nationalen und internationalen Nachrichten von günstigeren Diensten wie dem Washington Post oder dem New York Times Service bekommen."

    AP ist sich der Entwicklung wohl bewusst und hat bereits auf die Probleme der Branche reagiert, indem es die Kosten eines Abonnements um durchschnittlich zehn Prozent gesenkt hat. Dennoch zahlt eine Lokalzeitung noch immer rund eine Million Dollar jährlich für alle AP-Services. Die Agentur glaubt den Zeitungen außerdem entgegenzukommen, indem sie mehr Gewicht auf die Berichterstattung aus Wirtschaft, Entertainment und Sport legen. Darüber hinaus wird AP weiterhin Nachrichtendienste für alle US-Bundesstaaten für Lokalzeitungen betreiben, sagt Jim Kennedy, Vizepräsident für Strategische Planung bei AP.

    "Wir können uns wirklich in ihre Lage hineinversetzen, ich verstehe, dass man sich über den Preis unserer Dienste Sorgen macht. Die Zeitungen haben jetzt Zugang zu allen Angeboten und der kompletten Datenbank, das war früher anders. Früher haben wir die Preise Jahr zu Jahr angehoben, und derzeit senken wir sie. Diese Phase wird noch ein paar Jahre dauern, aber wir werden in der Zwischenzeit neue Dienste anbieten, die unseren Mitgliedern die Arbeit erleichtern werden, und ich hoffe die Zeitungen werden sich dann auf diese neuen Möglichkeiten konzentrieren. Zeitungen sind immer noch der Kern unseres Unternehmens. Es geht lediglich darum, dass wir die derzeitige Übergangsphase auf eine Art und Weise überstehen können, dass die Berichterstattung nicht allzu sehr beeinträchtigt wird."

    AP hat in den vergangenen fünf Jahren eine deutliche Umstrukturierung durchlaufen und sich das digitale Zeitalter eingestellt - und das bedeutet nicht nur verstärktes Zusammenarbeiten mit den großen Portalen, sondern auch mit den Onlineausgaben der Zeitungen. Kennedy glaubt, dass sich das Zeitungsgeschäft in den USA deutlich konsolidieren wird, meint aber, dass die Krise in drei bis vier Jahren vorbei sein wird. Die journalistische Seite von AP ist auf die Umstellung vorbereitet, sagt Kennedy.

    "Wir haben uns immer darauf konzentriert, die Nachrichten so schnell wie möglich rauszugeben und zwar im Zeitungsformat, das heißt sie waren mit Blick auf einen späteren Erscheinungstermin geschrieben. Das neue System genannt 1,2,3 ändert den Arbeitsablauf in all unseren Büros. Es geht nicht mehr darum, schnell eine Zeitungsgeschichte zu formulieren, die dann immer wieder aktualisiert wird. Wir fangen stattdessen mit der Schlagzeile an, die wird sofort rausgegeben, dann kommt die Story, die in Echtzeit geschrieben ist, also das Präsenz benutzt, um zu sagen, dies passiert gerade jetzt. Die dritte Stufe ist dann die fertige Geschichte oder ein Hintergrund wie er in Print oder online erscheint."