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Umstrittenes Verfahren zur Filterstaubentsorgung

Mit teuren Filteranlagen wird dafür gesorgt, dass Müllverbrennungsanlage möglichst wenig schädliche Stoffe für Mensch und Umwelt ausstoßen. Eine Firma aus Nordsachsen will einen günstigen Weg für die Entsorgung gefunden haben. Doch das System scheint nicht funktioniert zu haben.

Von Jens Falkowski |
    Das Konzept der Firma S.D.R. Biotec in Pohritzsch im Landkreis Nordsachsen ist leicht zu verstehen. Gefährliche Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen und der Aluminiumindustrie sollen so bearbeitet werden, dass am Ende giftige Stoffe, Schwermetalle wie Chrom, Cadmium und Blei gebunden sind und zwar durch Reagenzien, die dem Giftmüll zugesetzt werden. Wie genau das Verfahren funktioniert, ist Betriebsgeheimnis. Damit lässt sich ein Drittel der Kosten für die Entsorgung sparen. Denn das Material braucht nicht mehr als Sondermüll entsorgt werden, sondern wird auf einfache Deponien gekippt. Die Deutsche Umwelthilfe findet die Methoden der Firma dagegen zweifelhaft. Ob das Verfahren überhaupt funktioniert, sei bis heute fraglich, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, der vom größten Giftmüllskandal der vergangenen Jahre spricht.

    "Wir wissen, dass es seit 1999 1,5 Millionen Tonnen sind, die an Filterstäuben und vergleichbaren problematischen Stoffen durch die Anlagen von S.D.R.Biotec gelaufen sind. Nach unseren Informationen ist diese Behandlung nicht sachgerecht erfolgt. Wir wissen auch nicht, auf wie vielen Deponien diese Stoffe in welcher Schicht eingelagert sind."

    Der Verdacht, dass die Behandlung des Giftmülls nicht ausreichend funktioniert hat, gründet sich auf Messprotokolle des Landesverwaltungsamtes Halle. In 102 Fällen fanden die Prüfer Grenzwertüberschreitungen von mehr als 100 Prozent. Aber auch in Sachsen wurden regelmäßig Lieferungen der S.D.R. Biotec zurückgewiesen. Seit 2010 darf die Firma keine besonders giftigen Abfälle mehr annehmen. Für Jürgen Resch dagegen ist bereits klar, dass der Giftmüll nicht unschädlich gemacht wurde.

    "Es hat sich auch herausgestellt, dass eben die vermeintlich behandelten Filterstäube nicht stabilisiert waren, dass auch viel mehr Gifte drin waren als zulässig und dass eine gigantische, hunderttausende Tonnen umfassende Verteilung von Filterstäuben und ähnlichen hochgiftigen Stoffen in Sachsen, wahrscheinlich Sachsen-Anhalt und Thüringen erfolgt ist von dieser Firma."

    Ein besonderes Ärgernis ist für Jürgen Resch in diesem Fall das zuständige Umweltamt im Landkreis Nordsachsen, das seit August 2008 für die Überwachung zuständig ist. Dieses reagiere nicht oder nur zögerlich auf die Vorwürfe. Für Bernhard Voll, Leiter des Umweltamtes, führte die Rechtssicherheit der amtlichen Anordnungen zu diesen Verzögerungen. Dass er in den vergangenen Jahren nicht ausreichend gehandelt habe, weist er deutlich zurück. Für die Genehmigung und Überwachung bis 2008 war das ehemalige Regierungspräsidium Leipzig zuständig. Nach Ansicht der DUH sind die meisten Deponien völlig ungeeignet für die Abfälle aus dem verdächtigten Unternehmen.
    Seit einem Jahr interessiert sich die Staatsanwaltschaft für die Firma S.D.R. Biotech. Sie hat die Geschäftsräume der Firma sowie von deren Abnehmern durchsuchen lassen. Für Ricardo Schulz, Sprecher der Staatsanwaltschaft, ist die Hausdurchsuchung eine Ergebnis der bisherigen Ermittlungen.

    "Es haben sich aber im Laufe der Ermittlungen die Verdachtsmomente insbesondere hinsichtlich der unzureichenden Stabilisierung der gefährlichen Abfälle soweit konkretisiert, dass wir in diesem Zusammenhang auch unsere Ermittlungen und letztlich auch die Untersuchungsmaßnahmen hierauf konzentriert haben."

    Die Staatsanwaltschaft hat außerdem Experten beauftragt, das Verfahren selbst zu prüfen. Sie sollen herausfinden, ob damit eine Bearbeitung der Giftstoffe überhaupt möglich ist. Eine Frage, die sich auch Johannes Lichdi von den Grünen bereits seit einigen Jahren stellt. Er ist Mitglied im Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag. Bisher wurde ihm vom Umweltministerium versichert, dass alles in Ordnung sei und es keinen Handlungsbedarf gebe. Nun sieht er sich durch das Einschreiten der Staatsanwaltschaft bestätigt:

    "Wenn das Amtsgericht Leipzig hier einen Durchsuchungsbefehl ausschreibt, dann zeigt es eben, dass unsere Befürchtungen berechtigt waren."

    Auch Anwohner fühlen sich von den Behörden allein gelassen. Die Firma liegt nahe einem Wohngebiet und grenzt direkt an eine Süßkirschplantage. Am Haus von Sigrid Berger sind die mit Müll aus der S.D.R.-Anlage beladenen LKW täglich vorbei gefahren und haben regelmäßig - so fürchtet die Anwohnerin - giftigen Staub und Dreck hinterlassen.

    "Die Gefahrguttransporte wurden uns am Anfang negiert, wurden abgestritten. Dann hat man gesagt, bei gefährlichen Abfällen sind Gefahrguttransporte die logische Schlussfolgerung. Hier sind bei der Straßenverschmutzung die Kehrmaschinen verschwunden, wo wir nicht wussten, wo haben diese Kehrmaschinen diese Produkte hingefahren, die sie aufgenommen haben von der Straße. Es wurde uns nie mitgeteilt, um welche Stoffe es sich handelte. Da sind wir hellhörig geworden und haben gesagt: Irgendwas kann hier nicht stimmen."

    Nach den Aussagen des sächsischen Umweltministers Frank Kupfer darf die Firma SDR Biotech seit dem 1. April keine gefährlichen Güter mehr annehmen. Die Firma selbst will sich zu den Vorwürfen weder telefonisch noch schriftlich äußern.