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Uni Göttingen
Studienplanung mit Mama

Immer mehr Erziehungsberechtigte mischen in der Studienplanung ihres Nachwuchses mit, begleiten ihre Kinder bis zur Einschreibung an der Universität. Die Uni Göttingen reagiert darauf mit Infokursen für Mama und Papa.

Von Agnes Bührig | 19.02.2015
    Auf blauem Hintergrund sind die Silhouetten einer Familie mit Mutter, Vater, Tochter und Sohn in weiß zu sehen.
    Eltern als Weg zum Erfolg? Heute entscheiden Eltern oft mit, welchen Berufsweg das Kind am besten wählen soll. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Den Weg zum Seminarraum könnten auch Grundschulkinder finden. Rote Zettel mit Text und Pfeil weisen die Richtung, treppauf treppab. Vor der Tür warten bereits drei Dutzend Interessierte. Agnieszka Suszycka begleitet ihre Tochter, die dieses Jahr Abitur macht. Die gebürtige Polin möchte das deutsche Studiensystem verstehen. Daneben stehen Peter und Sebastian Müller aus Heidelberg, Vater mit Sohn, Student in spe.
    "Obwohl ich schon relativ weit war mit meiner Entscheidung, habe ich jetzt vor allem noch einmal nach Informationen über die Stadt gesucht." - "Es war klar, dass man einfach mal so guckt, in verschiedenen Städten, wie die Unis so sind, wie die Städte so sind, was es für Angebote gibt."
    Der schwierige Schritt zur Entscheidung
    Isabel von Colbe van de Vyver hat Antworten. An die Wand hat die Studienberaterin der Uni Göttingen das Bild eines Waldes geworfen, in dem sich zwei Wege kreuzen - Sinnbild für das Thema Studienwahl. Dann ruft sie eine Liste mit Internetadressen auf.
    Nach dem Sammeln von Information gehe es um den schwierigen Schritt der Entscheidung. Bauchgefühl sei gefragt.
    "Da geht es nämlich darum, dass Sie das, was Sie auf der Vernunftsebene realisiert haben, in Kontakt bringen zu dem, wie Sie das eigentlich finden, was Sie gehört, gelesen oder erfahren haben."
    20 Prozent Kopf und 80 Prozent Bauch empfiehlt eine Grafik auf der Leinwand. Verantwortung für die eigene Entscheidung ist ein anderer Tipp. Auf gut Deutsch: Die Hand von Mama oder Papa einmal loslassen. Peter Müller ist für das sanfte Eintauchen in den See der Erkenntnis.
    "Ich versuche natürlich mit meiner Erfahrung beizusteuern, aber versuche auch gleichzeitig zu vermeiden, irgendeine Richtung vorzugeben."
    Dem Studienabbruch vorbeugen
    Also: kein Sprung ins kalte Wasser, sondern vielmehr der Versuch, dem Sohn die Annäherung an eine Uni mit 13 Fakultäten, 180 Instituten und 185 Studiengängen zu erleichtern. Das will auch Isabel von Colbe van de Vyver. Und genau wie Propellereltern, die das Schlimmste für ihre Kinder verhindern wollen, soll das Seminar verhindern, dass Studenten das Studium abbrechen.
    "Es gibt einen großen Zusammenhang zwischen mangelnden Informationen und späterem Studienabbruch, der möglichst nicht die Regel sein sollte."
    Ist er aber bei jedem dritten Bachelor-Studenten. Das ist nicht nur eine persönliche Niederlage, sondern auch raus geworfenes Geld für die Uni. Auch Peter Müller will seinen Sohn vor dieser Erfahrung bewahren. Und es gibt einen weiteren Grund, warum er mitgekommen ist.
    "Die Kinder sind im Allgemeinen jünger, wenn sie auf die Uni kommen. Ich war 20, als ich zum ersten Mal eine Uni von innen gesehen habe, er ist jetzt 18 und wäre 17 gewesen letztes Jahr. Von daher ist es ganz natürlich, dass Eltern noch ein Stück weit mehr mitgehen."
    Sohn Sebastian hatte mit 17 sein Abi, dank G8 und abgeschaffter Wehrpflicht. Jetzt steht er in einem Ring aus Abiturienten, die Studienbotschafterin Jenny Laas lauschen.
    Die 23-jährige Lehramtsstudentin berichtet, was der Vorteil eines Monobachelors gegenüber zwei Fächern ist und wie man an ein WG-Zimmer kommt. Um rauszufinden, was sie studieren will, hat sie nicht nur Mama und Papa befragt.
    "Ich hab mit Lehrern gesprochen, hab Freunde gefragt, hab mit meinen Eltern geredet und hab wirklich gesagt spontan aus dem Bauch heraus: Wo kannst du dir mich vorstellen?"
    Sebastian Müller kann sich ein Physikstudium vorstellen. Aber wie geht das genau?
    "Mein Problem ist vor allem im Moment, dass ich irgendwie sehr viele Interessen hab und ich kann mir nicht vorstellen, wie es im Endeffekt dann sein soll oder was das Studium alles mit sich bringt."
    Planung statt Aufbruch ins Ungewisse
    Früher war ein Studium der Aufbruch in die Freiheit: Eigene Bude, eigenes Leben, Zeit für Umwege, die einen auch weiter bringen. Heute soll nichts wehtun. Die Studierenden in spe wollen schon vorher wissen, was sie erwartet, Google und YouTube sei Dank. Eltern als Weg zum Erfolg?
    "Als Vater will man natürlich schon immer das Beste für sein Kind. Das ist ja klar."