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Ursprung von Reis
Bauern pflanzten schon vor 3000 Jahren im Wasser an

Von Michael Stang |
    Oryza sativa hat es Shinya Shoda angetan. Denn die Reispflanze habe etwas sehr Beständiges, so der Wissenschaftler vom nationalen Forschungsinstitut für kulturelle Angelegenheiten im japanischen Nara. Viele Kulturtechniken, wie etwa die Töpferkunst oder die Metallverarbeitung, seien Laufe der Jahrtausende immer wieder von anderen Erfindungen abgelöst worden. Der Anbau von Reis hingegen habe die Jahrtausende überdauert und sei aus Ostasien schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr wegzudenken.
    "Es gibt aber einen Streit darüber, wie der Reis in seinen Anfängen angebaut wurde. Wie sie wissen, ist Reis sehr wichtig in den ostasiatischen Regionen, etwa im südlichen China, auf der koreanischen Halbinsel und in Japan. Und seither streiten sich Archäologen, wie sich die Methode des Reisanbaus gewandelt hat – von einfachen Methoden hin zu professionell konstruierten Reisfeldern."
    Die ersten eindeutigen Nachweise für den großflächigen Anbau von Reis in Korea sind 3.000 Jahre alt und stammen aus der frühen Bronzezeit. 500 Jahre darauf, in der späten Bronzezeit, gibt es schon Nachweise von speziell angelegten Reisfeldern mit Terrassenbauweise und stetiger Wasserzufuhr. Die Frage lautet: Wurden die Reispflanzen in Korea von Beginn an mit dieser Nass-Anbaumethode angepflanzt oder erst auf normalen Feldern?
    "Schaut man sich die Entwicklung der sozialen Strukturen an, müssen diese frühen Bauern erst später begonnen haben, effiziente Reisfelder anzubauen – so lautet die gängige Meinung. Dem widerspreche ich jedoch vehement. Deshalb habe ich mit meinen Untersuchungen angefangen, um wirklich harte Beweise vorlegen zu können. Also habe ich mir die Verhältnisse von stabilen Isotopen in den Pflanzen angesehen, die bei verschiedenen Ausgrabungen geborgen wurde."
    Shinya Shoda hielt es für ausgeschlossen, dass die frühen Bauern in Korea Reis trocken anbauten, denn die Erträge seien bei dieser Methode minimal – und die Kosten-Nutzen-Rechnung sei dabei so schlecht, dass sich wohl kaum jemand die Mühe gemacht hätte, Reis über Jahrhunderte hinweg so anzubauen. Um das zu klären, besorgte sich der Forscher 52 Reisproben von sieben Ausgrabungsstätten in Korea aus der Frühzeit des Reisanbaus, die ältesten waren 3.000 Jahren alt, die jüngsten 1.600. Kernpunkt der Untersuchungen war der Stickstoffgehalt der Körner. Dieser verändert sich, je nachdem, ob eine Pflanze unter oder über Wasser gewachsen ist. Als Referenzproben nahm er Samen von Bohnen und Weizen aus derselben Region und derselben Zeit. Diese Pflanzen wurden immer auf trockenen, also nicht überfluteten Feldern angebaut. Das Ergebnis war eindeutig.
    "Jedes Mal sahen wir bei den Reisproben einen hohen Stickstoffwert. Das bedeutet, dass der Reis unter anderen Bedingungen beziehungsweise in einer anderen Umgebung als die restlichen Pflanzen angebaut wurde. Wir gehen nun davon aus, dass die ersten Reisbauern in Korea ihren Pflanzen direkt im Wasser auf professionellen Reisfeldern angebaut haben und nicht, wie frühere Studien vermutet hatten, zunächst auf normalen, also trockenen Feldern."
    Demnach haben die ersten Reisbauern gleich zu Beginn hohe Erträge erzielt. Dies passe auch in sein Bild der kulturellen Entwicklung, so Shinya Shoda. Denn nachdem sich der Reisanbau in Korea etabliert hatte, haben sich kurze Zeit später viele neue Kulturtechniken entwickelt - und dies gehe nur mit hohen Nahrungseinträgen einher. Die Rechnung ist einfach: Wer schnell viel Nahrung produziert, hat einfach mehr Zeit für andere Dinge, etwa für die Verarbeitung hochwertiger Metalle zu Werkzeugen und Schmuck.