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Völkermord an den Herero und Nama
Das Unrecht beim Namen nennen

Nicht erst die Unterschriftenliste, die Bundespräsident Joachim Gauck von Vertretern Namibias erhalten hat, lässt keine Zweifel: Im damaligen Deutsch-Südwestafrika hat Anfang des 20. Jahrhunderts ein Völkermord stattgefunden – begangen von der Kolonialmacht, dem deutschen Kaiserreich. Rechtsnachfolger Deutschland erkennt das Unrecht bis heute nicht an.

    Eine Gedenktafel auf dem deutschen Friedhof am Waterberg (Namibia) mit der Aufschrift "Dem Andenken der in der Schlacht am Waterberg gefallenen Hererokrieger".
    Eine Gedenktafel auf dem deutschen Friedhof am Waterberg (Namibia) für die Herero-Krieger (picture alliance/dpa/Jörg Schmitt)
    Zwischen 1904 und 1908 hatten kaiserliche Truppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika mindestens 85.000 Angehörige der aufständischen Volksgruppen Herero und Nama ermordet. Ein Völkermord, entschieden bereits 1948 die Vereinten Nationen und sind sich heute auch Historiker einig. 1915, während des Ersten Weltkriegs, ging die deutsche Kolonialherrschaft dann zu Ende. An einem 9. Juli, also bald vor 100 Jahren. Auch deshalb ist das Thema in diesen Tagen wieder so aktuell.
    Eine namibische Delegation mit Vertretern der Volksstämme Herero und Nama haben die ersten Unterschriftenlisten zum Appell "Völkermord ist Völkermord!" an Bundespräsident Joachim Gauck übergeben. Die Delegierten fordern die Anerkennung der von der deutschen "Schutztruppe" begangenen Verbrechen im heutigen Namibia als Völkermord. Und sind damit nicht alleine.
    Vor wenigen Tagen riefen der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, und Grünen-Parteichef Cem Ödzemir die Bundesregierung zu einer offiziellen deutsche Entschuldigung auf. Gysi sagte: "Es geht nicht, dass die Bundesregierung sich bei diesem Thema immer noch wegduckt." Dieses Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte dürfe nicht unbearbeitet bleiben, als Rechtsnachfolger trage die Bundesrepublik hier Verantwortung, erklärte Özdemir.
    Wieczorek-Zeul erinnert an Armenier-Genozid
    Und auch Heidemarie Wieczorek-Zeul meldete sich wieder zu Wort. Die SPD-Politikerin entschuldigte sie sich als erste deutsche Politikerin bei einer Gedenkveranstaltung in Namibia für die Gräueltaten des deutschen Kolonialismus. Das war 2004.
    Elf Jahre später gehört sie zu den Unterzeichnern der Unterschriftenaktion. Und betont: "Der Völkermord an den Armeniern wurde im Bundestag vor wenigen Wochen klar benannt und die Türkei aufgefordert, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen. Wir dürfen nicht nur andere auffordern, Position zu beziehen, sondern müssen das auch selber tun."
    Nicht das Massaker an den Armeniern sei der erste Völkermord im 20. Jahrhundert gewesen, sagte auch Israel Kaunatijke vom Bündnis "Völkermord verjährt nicht!" Anfang April im DLF.
    Heute "vertrauensvolle Zusammenarbeit"
    Seit seiner Unabhängigkeit vom südafrikanischen Apartheidregime 1990 hat sich das dünn besiedelte, aber an Bodenschätzen reiche Namibia zu einer stabilen Demokratie entwickelt.
    Die Beziehung zwischen Deutschland und Namibia sei heute durch "vertrauensvolle Zusammenarbeit" geprägt, heißt es aus dem Entwicklungsministerium, das auf die Höhe der Entwicklungshilfe und eine "Versöhnungsinitiative "verweist. Die trage mit 31 Millionen Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Gebieten der Herero und Nama bei. Den Opferverbänden ist das nicht genug.
    (bor/tzi)