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Volleyball
Eine Sportart motzt sich auf 

Trotz diverser Skandale regiert König Fußball die Sportwelt - auch in Deutschland. Hinter dem Fußball kommt lange nichts. Mit deutlichem Abstand folgt dann erst der Volleyball. Diesen Abstand wollte die Volleyball-Bundesliga mithilfe eines Masterplans verringern. Aber dessen Umsetzung hakt an einer entscheidenden Stelle.

Von Daniela Müllenborn | 07.01.2017
    Pokalfinale im Volleyball: Ladies in Black Aachen gegen Allianz MTV Stuttgart
    Die Volleyball-Bundesliga versucht sich als Event zu inszenieren. (picture alliance / dpa / Lukas Barth)
    Zu Gast beim Training der Solingen Volleys. Zu Gast beim Bundesliga-Aufsteiger. Dem hatten gleich zu Saisonbeginn wichtige Spieler verletzungsbedingt gefehlt, weshalb es sportlich nicht so gut lief. Aktuell steht der Klub am Tabellen-Ende, konnte aber kurz vor Weihnachten immerhin seinen ersten Saison-Sieg feiern. Im letzten Hinrunden-Spiel.
    In der Rückrunde wollen die Solinger, mit ihrem Manager Helmut Weissenbach, jetzt durchstarten und unbedingt den Klassenerhalt schaffen: "Die Bundesliga ist so sexy, dass, wenn man einmal drin ist, dann will man auch drin bleiben."
    Schul-Turnhalle statt Volleyball-Tempel
    Sexy Bundesliga. Die Frage ist bloß, ob die Volleyball-Bundesliga auch den Aufsteiger aus Solingen attraktiv genug findet. Für die Antwort muss Klaus-Peter Jung, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga, nicht lange überlegen: "Ja, Solingen ist sehr sexy."
    Ein dickes Kompliment. Dabei haben die Solingen Volleys einen Schönheitsfehler. Und zwar ihre Spielstätte: Zuspieler Maximilian Horn und Kollegen baggern und pritschen und schmettern nämlich in einer Schul-Turnhalle, mit niedriger Decke und ausziehbaren Tribünen und sind schon ein bisschen neidisch auf die Volleyball-Tempel in Berlin oder Friedrichshafen. "Da sind feste Zuschauerplätze, da sind auch ein paar mehr Zuschauerplätze, die Höhe ist anders, die sind doppelt bis dreifach so hoch teilweise, ja ist immer schön in ner großen hohen Halle zu spielen, da ist mehr möglich und da wird das Spiel nicht immer unterbrochen, wenn der Ball gegen die Decke fliegt."
    Jeder Spieltag ein Event
    Langfristiges Ziel der Volleyball-Bundesliga ist, dass alle 72 Erst- und Zweitligisten im Männer und Frauen-Bereich in modernen Arenen spielen. Jeder Spieltag soll ein Event sein. So steht es im Masterplan, der seit zweieinhalb Jahren Schritt für Schritt umgesetzt wird, für eine bessere Vermarktung, für mehr Zuschauer, mehr mediale Präsenz, mehr Sponsoren, mehr Einnahmen.
    Der Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga, Klaus-Peter Jung, sieht die neue Marke, das neue Produkt, bislang auf einem guten Weg: "anderes Gesicht in den Hallen, das heißt, es gibt keine Fremdlinien mehr in den Hallen, wir haben einen vernünftigen Boden, in der Männer-Bundesliga haben von elf Vereinen sieben LED-Banden angeschafft, wir haben das komplette Court-Layout überarbeitet, die Vereine haben da teilweise gute Rechte für eine Zentralvermarktung abgetreten, alles sehr vorbildlich, wir arbeiten mittlerweile mit einem Einkamera-Stream, das heißt, Volleyball-Bundesliga, jedes Spiel kann livedigital gesehen auf sportdeutschland.tv. Auch hier eine deutliche Entwicklung. Das sind die Schritte, die wir alle getan haben."
    "Masterplan ist ein wenig in Schieflage geraten"
    Außerdem hatten sich die Vereine verpflichtet hauptamtliche Strukturen zu schaffen. Dafür haben sie in den vergangenen Jahren viel Geld ausgegeben. Gleichzeitig haben sie zusammen etwa eine Million Euro in ihren Dachverband, mit der Liga-Zentrale in Berlin, überwiesen. Damit auch der sich professioneller aufstellen konnte. Der Verband erhöhte auch prompt die Zahl seiner festen Mitarbeiter von vier auf sechseinhalb, um schlagkräftiger zu werden.
    Aktuell sorgt er allerdings für ziemlich viel Frust bei einem Teil der Branche, etwa bei Kaweh Niroomand, dem einflussreichen Manager des deutschen Meisters Berlin Volleys: "Es sind nun zwei Jahre vergangen. Die Vereine haben ihre Pflicht getan. Aber auf der anderen Seite, was auch zu dem Masterplan gehörte, das Finden eines Zentralsponsor ist ausgeblieben, von daher ist der Masterplan ein wenig in Schieflage geraten."
    "Jetzt muss halt abgeliefert werden"
    Erst mit einem Ligasponsor im Rücken kann der Verband seinen Vereinen im Masterplan festgeschriebene Gelder zurückzahlen. Die Suche nach diesem Ligasponsor: klare Aufgabe des Dachverbandes!

    Die jetzt aufflammende Kritik kann Geschäftsführer Klaus-Peter Jung verstehen. Er räumt aber gleichzeitig ein, dass zunächst die Hausaufgaben erledigt werden mussten: "Wir wollen nämlich nicht blauäugig in eine Situation kommen, wir finden den Partner, der investiert viel in die Volleyball-Bundesliga, hat aber auch große Erwartungen und wir können es nicht umsetzen, weil wir keine personellen Ressourcen haben, keine Ausstattung dafür haben, keine Möglichkeiten haben. Das alles haben wir gemacht, das haben die Vereine vorfinanziert, und deshalb verstehe ich auch, dass der eine oder andere unruhig wird. Das ist auch völlig normal und jetzt muss halt abgeliefert werden und da sind wir vom Center, vom Vorstand, ganz klar gefordert."
    Masterplan droht bei Halbzeit zu scheitern
    Im vergangenen September hat der Verbandsvorstand eine Vermarktungsagentur ins Boot geholt. Die soll laut Masterplan bis spätestens zum Ende der aktuellen Saison, also bis Ende Juni, einen Liga-Sponsor finden. Ansonsten droht der Plan bei Halbzeit zu scheitern, weil dann vielleicht viele Vereine nicht mehr bereit sein könnten, weiter finanziell in Vorleistung zu treten.
    Auch ein kleiner Verein wie Solingen hätte dann viel Geld und Mühe vergeblich investiert. Ungeachtet dessen arbeiten die Solingen Volleys an ihrer Erstliga-Tauglichkeit. Sportlich wie wirtschaftlich.
    Solingen will in die nächstgrößere Arena umziehen
    Manager Helmut Weissenbach will sogar übernächste Saison den Schritt wagen, von der Schulturnhalle mit niedriger Decke und ausziehbaren Sitzen, in die Solinger Klingen-Arena umzuziehen, in der auch schon die Bundesliga-Handballer spielen. "Wir investieren sehr, sehr viel, aber auch so, dass es uns in drei bis fünf Jahren auch noch gibt. Immer mit dem Anspruch, wir gehen in die nächstgrößere Arena, wir werden nicht nur Studenten, sondern uns auch mal den einen oder anderen Profi gönnen können. So gehen wir mit unterschiedlichen Meilensteinen in die Planung rein, und schauen, was wir zu welchem Zeitpunkt dann genau erreicht haben."
    Das dürften sie in der Liga-Zentrale in Berlin gerne hören. Denn wie sexy die Volleyballball-Bundesliga in Zukunft sein wird, hängt in erster Linie davon ab, wie sexy jeder einzelne Verein ist.