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Vom Umgang mit den Unterschieden

Da mach ich mit denen ein Spiel, da teilt man mit nem Kreppstreifen den Raum und dann bitte ich die Gruppe immer nach bestimmten Aussagen sich zu sortieren, also eine solche Aussage könnte sein: "ich bin Größer als 1,80", und dann haben wir eine "stimmt"-Seite und eine "stimmt nicht"-Seite und so stellen die sich dann auf. Dann stellt man fest aha, also offensichtlich haben wir schon mal Unterschiede was die Größe angeht, das fängt mit einfachen Sachen an, ich habe blaue Augen oder auch ich bin in Köln geboren, das ist zum Beispiel schon sehr interessant, weil sie haben unter Umständen Leute völlig unterschiedlicher nationaler Herkunft in der Gruppe, wo aber trotzdem dann die Leute die als Türkisch wahrgenommen werden auf der Seite stehen, ich bin in Köln geboren und die als Deutsche erlebt werden und sich auch selbst erleben auf der anderen Seite sehen und im Grunde in dieser Stadt gar nicht so heimisch sind, wie die Menschen die als Ausländer oder als nicht-deutscher Herkunft erlebt werden.

Von Andrea Lueg | 01.08.2004
    Daniela Hoose arbeitet beim Kölner Autobauer Ford mit Auszubildenden zum Thema Diversity, also der Vielfalt unter den Mitarbeitern. Menschen aus 57 Nationen arbeiten bei Ford, Männer und Frauen, Türken, Italiener, Araber und Deutsche, Menschen mit dunkler und mit heller Hautfarbe, Homosexuelle und Heterosexuelle, Junge und nicht mehr so junge. Dass ein Nebeneinander so unterschiedlicher Menschen nicht immer einfach ist, weiß man bei dem Unternehmen. Doch gerade in der Vielfalt sieht man eine große Stärke.
    Denn: Gerade die Unterschiedlichkeit bereichere doch alle, in gemischten Teams könne innovativer und kreativer gearbeitet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass jeder so wie er ist, akzeptiert wird und sich einbringen kann. Um den Umgang der Mitarbeiter und auch der Chefs mit den Unterschieden zu verbessern, gibt es bei Ford seit einigen Jahren das Konzept des Diversity Management.

    Das Konzept oder die Vision, die dahintersteht ist einerseits eine Unternehmenskultur zu haben, die Offenheit ausstrahlt und Integration, das ist das eine was wir anstreben, der zweite Teil der Vision ist die Wertschätzung und das ist glaube ich das Besondere dabei, dass wir also weniger von Defizitprogrammen ausgehen und Sie haben in der Vergangenheit, wenn Sie Förderprogramme gemacht haben zum Thema Frauenförderung, Chancengleichheit, haben die immer impliziert, dass es ein Defizit gibt.

    Hans Jablonski ist Diversity Manager bei Ford. Seine Aufgabe, die Förderung der Vielfalt, wird bei dem Autobauer als strategisches Unternehmensziel verstanden. Eine ganze Palette von Maßnahmen soll dabei helfen, das Konzept umzusetzen. Alle Mitarbeiter durchlaufen ein spezielles Training, in dem zum Beispiel die wirtschaftlichen Vorteile des Konzeptes erklärt werden. Denn es geht nicht nur um die Vielfalt der Mitarbeiter, sondern auch darum eine vielfältige Kundschaft zu erreichen.

    Die Erfahrung, die wir gemacht haben ist, es hat einen hohen Erklärungsbedarf, also es ist nicht selbstverständlich und kommt auch nicht, ich nenn das mal pauschal, der deutschen Denkweise entgegen. Also wir kommen entweder aus so ‚nem Gleichheitsverständnis heraus oder aus einem Förderverständnis heraus. Und dieser Ansatz von Diversity ist eben neu und der braucht die Erklärung dazu.

    Den Vorteil der Vielfalt erkennen, darum geht es auch in Daniela Hooses Training mit den Jugendlichen. Denn die werden schließlich in Zukunft die Kultur des Unternehmens prägen.

    Und was ich auch gerne mache ist: ich bin sportlich. Da spüren die Jugendlichen sehr genau, das ist ein sozialer Wert dem eigentlich alle nachkommen sollten, und das stimmt natürlich nicht bei allen und es ist ganz schwer gerade für junge Männer auch sich auf die unsportliche Seite zu stellen. und mit solchen Spielen kann man gut an das Thema, was bedeutet das in der Mehrheit zu sein, was bedeutet das in der Minderheit zu sein, manchmal ist es schön in der Minderheit zu sein, also wenn jetzt von 12 Leuten nur drei sportlich sind ist das toll, wenn ich zu denen gehöre, zu der Minderheit die sportlich ist, aber es ist weniger schön zu ner Minderheit zu gehören zum Beispiel wo die Eltern geschieden sind.

    Eine Frage, die die auch immer ganz witzig finden ist, ich fahre einen Ford. Das gibt natürlich auch immer Anlass für Kommentare, wenn dann plötzlich jemand ein Fremdfahrzeug fährt.

    Daniela Hoose will den Jugendlichen bewusst machen, dass die Bewertung von Unterschieden immer eine Frage des Blickwinkels ist. Bisher galt in den meisten Unternehmen, dass sich die Mitarbeiter der vorherrschenden Kultur anzupassen hatten, um reibungslos Karriere zu machen. Anders zu sein bedeutete in den meisten Fällen, nicht den gängigen Vorstellungen zu entsprechen, zum Beispiel weil man schwul ist, oder schon älter oder allein erziehende Mutter. Die dominante Kultur, das ist im Normalfall die deutschstämmiger, mittelalter Männer. Nach dem Konzept von Diversity Management sollen die Vorgaben der dominanten Gruppe durchaus hinterfragt werden.

    Und das geht dann eigentlich weiter, nachdem ich ganz am Anfang so schlagwortartig erläutert habe, was ist Diversity in diesem Unternehmen, worauf bezieht sich das, dass ich mit denen sammel. Was sie glauben, was da eigentlich wichtig ist, also welche Unterschiede zwischen Menschen ihrer Meinung nach Einfluss nehmen in dieser Gesellschaft. Das schreiben wir alles auf und kucken dann, wieviel wir schon in unserer Gruppe haben von diesen Unterschieden. Also das geht dann über Bildungsstand, wir haben die unterschiedlichsten Schulabschlüsse oder nach dem Alter, auch da haben wir schon grosse Differenzen oder auch nach Herkunft, da hatte ich mal irgendwann in einer Gruppe mir 24 Leuten 9 Nationalitäten dadrin.

    Doch zu einem Diversity Konzept gehört mehr als Aufklärung. Familienfreundliche Arbeitszeiten zum Beispiel und der betriebseigene Kindergarten bei Ford sollen für Frauen und Männern mehr Chancengleichheit am Arbeitsplatz schaffen. Spezielle Angebote für ausländische Mitarbeiter gibt es bei Ford schon lange, die Kantine bietet seit den 60er Jahren Gerichte ohne Schweinefleisch an, im Sommer werden günstige Flüge in die Türkei organisiert und Ende der 70er Jahre saß bereits der erste Türke im Aufsichtsrat des Unternehmens. Seit einigen Jahren gibt es außerdem spezielle Förderprogramme für Frauen, von Stipendien für Maschinenbau-Studentinnen bis zum Netzwerk für Ford-Ingenieurinnen.
    Die Bündelung dieser Maßnahmen und die Tatsache, dass nicht einzelne Gruppen unterstützt, sondern die Vielfalt ingesamt gefördert werden soll, das ist neu am Konzept von Diversity Management.

    Die Sichtweise bei Diversity ist, das wir diese positive Sichtweise dabei haben, also zu sagen, wo in der Vielfalt, die wir im Unternehmen abbilden liegt auch eine Stärke und ein Wettbewerbsvorteil. Und wenn wir diese Unterschiede wertschätzen, dann haben wir nen Wettbewerbsvorteil.

    Wie bei Ford beschäftigt man sich inzwischen auch in einigen anderen großen Unternehmen mit dem Thema. Bei der Deutschen Bank etwa, bei der Lufthansa, bei Daimler Chrysler, Siemens oder Kraft Foods. Chancengleichheit und Vielfalt wird bei diesen Firmen von der Vorstandsebene nach unten kommuniziert, in Mitarbeiterseminaren besprochen und in Mitarbeiterzeitungen zum Thema gemacht. Initiativen von Beschäftigten werden unterstützt, bei der Deutschen Bank zum Beispiel ein Frauennetzwerk und ein Netzwerk für Schwule und Lesbische Mitarbeiter. Im eher konservativen Bankmilieu eine ungewöhnliche Massnahme, für die die Deutsche Bank 2002 die Max-Spohr Medaille des Verbandes Schwuler Manager erhielt.

    Bei Volvo gibt es seit einigen Jahren ein reines Frauenteam, das den Prototyp für ein Auto konzipiert hat. Befragungen von Kunden und Kundinnen hatten nämlich ergeben: Erfüllt man die Erwartungen der Frauen an ein Fahrzeug, dann übertrifft man sogar die Erwartungen der Männer. Die weibliche Kundschaft hat zum Beispiel spezielle Anforderungen an die Sicherheit. Deshalb hat das Fahrzeug optimierte, einstellbare Pedale, die sich bei einem Unfall einziehen. Die Sitzposition lässt sich so einstellen, dass unterschiedliche Körperproportionen berücksichtigt werden. Weil Frau sich, wenn sie einen Pferdeschwanz trägt, nicht richtig an die Kopfstütze anlehnen kann, wurde die mit einer Einbuchtung versehen. Und für den Innenraum gibt es sieben verschiedene Sets austauschbarer Sitzpolster und Matten. In unterschiedlichen Farben und Materialien, je nach Stimmung. Es gibt einen externen Einfüllstutzen für die Scheibenwaschanlage. Dafür fehlt der Drehzahlmesser – weil Männer wie Frauen praktisch nie daraufschauen.

    Fazit: Diversity Management hat nichts mit Harmoniesucht oder Sozialromantik zu tun, sondern mit ganz klaren wirtschaftlichen Interessen, die sich auf unterschiedlichen Ebenen bewegen. Zum einen geht es um die Käufer der Produkte.

    Ich bring das Beispiel, dass sie ein homogenes Entwicklungsteam haben, was dann eben aus deutschen Männern besteht, die sind alle weiß, alle vielleicht im gleichen Alter, alle um die 30, nicht verheiratet, wenn man sich das Team auf der einen Seite vorstellt. Und wenn man sich das Auto vorstellt, was diese Team produziert, dann müsste man sich fragen ist, das auch ein attraktives Auto für Frauen, für Familien, für ältere Menschen, also wo ich dann die Perspektiven im Entwicklungsteam nicht habe, Frage spiegelt die sich dann in der Kundschaft, im Produkt wieder. Und das ist der Ansatz von Diversity, zu kucken, wie unterschiedlich ist denn unsere Belegschaft im Hinblick auf eine potentielle Kundschaft.

    Der Ford Transit, ein achtsitziger Transporter, verkaufte sich zum Beispiel in Saudi-Arabien mehr schlecht als recht. Erst als man herausfand, dass Muslime ihre Pilgerfahrt nach Mekka üblicherweise zu neunt antreten und deshalb einen Sitzplatz mehr brauchten, konnte der Autobauer nachbessern. Hätte man im Team gleich einen Mitarbeiter mit dem entsprechenden kulturellen Hintergrund gehabt, wäre der Fehler wohl nicht passiert.

    Ford will aber nicht nur im Ausland mehr Autos verkaufen, sondern zum Beispiel auch unter den Migranten in Deutschland. Dass viele junge Türken sich eher einen Mercedes oder BMW als Statussymbol zulegen, ist dem Konzern ein Dorn im Auge. Homosexuelle gelten ebenfalls als kaufkräftige Kunden, um die gebuhlt wird. Wird bekannt, dass diese Gruppen als Mitarbeiter in einem Unternehmen Respekt erfahren, dann bringt das Image-Pluspunkte in den entsprechenden Kundenkreisen.

    Das bedeutet aber nicht, dass immer der Türke im Team für das Marketing für türkischstämmige Kunden zuständig sein soll, die Frau für die Fraueninteressen und so weiter, meint Michael Stuber, der schon seit einigen Jahren grosse Unternehmen in Sachen Diversity Management berät.

    Das wäre aus meiner Sicht ne absurde Vorstellung. Sondern Diversity setzt da an, dass die Tatsache, dass ganz unterschiedliche Menschen in Unternehmen zum Beispiel am Thema Marketing arbeiten, gewährleistet, dass zu jeder Fragestellung vielfältige Perspektiven eingebracht werden und so die Beteiligten nach und nach lernen, bei allem was sie tun, immer in Möglichkeiten zu denken, anstatt direkt von a nach b. Und darin liegt diese Stärke, also in einer Aufgeschlossenheit und in einem weiten Horizont, den Menschen dadurch erhalten und dann ist es eben nicht mehr wichtig ob sie nun Frau sind um dann intelligentes Frauenmarketing machen zu können. Sondern nachher können alle vielfältigen Mitarbeiter jede Art von Diversity Fragestellung gut lösen, weil sie gelernt haben immer wieder neue Blickwinkel einzunehmen und nicht aufzugeben, bevor sie all die abgegrast haben.

    Das sorgt zum einen dafür, dass Produkte für die Ansprüche der vielfältigen Kundschaft entwickelt werden, zum anderen aber auch dafür, dass Mitarbeiter sich in ihrer Individualität respektiert fühlen und deshalb auch produktiver arbeiten. Diese Produktivität ist eine zweite entscheidende Säule des Konzeptes, auch für Monika Rühl, Diversity Managerin bei der Lufthansa.

    Wenn Sie überlegen, dass nur 19 Prozent aller Mitarbeiter in den Unternehmen engagiert mitarbeiten und die restlichen 81 Prozent entweder Dienst nach Vorschrift machen oder die Zeit absitzen oder sogar annähernd 20 Prozent sind massive Behinderer in Unternehmen, wenn Sie sich das mal volkswirtschaftlich überlegen, was da für Produktivitätsreserven noch drin sind, dann müsste jedes Unternehmen losrennen und Diversity Management machen.

    Diversity Management hilft den Unternehmen darüberhinaus, für die besten Köpfe attraktiv zu sein. Denn die finden sich nicht nur unter den jungen deutschstämmigen Männern und der Kampf um die sogenannten High-Potentials, die vielversprechenden Nachwuchstalente ist hart – auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten.

    Beim Diversity Management geht es also ums Geld, um den Profit als legitimes Ziel eines jeden Unternehmens. Nur, wie lässt sich dieser Gewinn nachweisen und messen?

    Unternehmensberater Michael Stuber versucht seit einigen Jahren, Firmen vom Diversity-Ansatz zu überzeugen. An verkauften Autos oder abgeschlossenen Kreditverträgen lässt sich der Erfolg nicht abzählen, aber:

    Wenn man ausgeht von den Vorteilen, die Diversity verspricht, kann man direkte Messkriterien dort genau anwenden, wo diese Vorteile entstehen sollen, also beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit, die Abwesenheit, sei es jetzt der Krankenstand oder die Fluktuationsrate oder die Frage, wieviele Mobbingfälle, wieviele Belästigugnsfälle auftreten, die Frage wie produktiv Teams sind, das heisst wie lange Zeit benötigen Teams um produktiv miteinander zu arbeiten, wieviel Zeit benötigen sie eine komplexe Aufgabe zu bewältigen, das sind alles Dinge, die man messen kann. Oder man kann auch messen, wie gut eine Organisation darin ist, sich zu verändern, sich weiterzuentwickeln, sei es bei Zusammenschlüssen, sei es bei Übernahmen, sei es bei den beliebten und immer häufigeren Restrukturierungen, in solchen Situationen sind sie darauf angewiesen, dass sie eine Belegschaft haben, die offen ist, die aufgeschlossen ist, die jederzeit bereit ist, in neuen Strukturen, in neuen Prozessen, mit neuen Kollegen zusammenzuarbeiten und genau dabei hilft Diversity natürlich.
    Mit anderen Worten, wir messen einerseits Vielfalt direkt, also wie vielfältig ist meine Belegschaft, wie vielfältig ist die Kundschaft, die ich erreiche, um den Erfolg von Diversity abzubilden und die zweite Geschichte ist, das wir die Kultur messen, wir schauen also, wie zufrieden ist die Belegschaft, wie zufrieden sind die Kunden, wie weitgehend fühlen sie dass ihre Individualität, ihre spezifischen Bedürfnisse berücksichtigt werden und gerade bei Kunden ist das natürlich von besonderer Bedeutung weil nur wenn sie Kunden wirklich in ihrer Individualität erreichen und zufriedenstellen werden Sie sie auch nachhaltig an Ihr Unternehmen binden können.


    Bisher sind es in Deutschland nur wenige Unternehmen, die sich mit Diversity Management beschäftigen, meist solche, die einen großen Teil ihrer Geschäfte mit Kunden aus den USA machen oder europäische Tochtergesellschaften von amerikanischen Firmen. Viele andere sehen darin ein reines US-Thema, das für Deutschland nicht relevant sei. Der Ansatz des Diversity Management stammt tatsächlich aus den USA. Dort sind Unternehmen seit den 60er Jahren gesetzlich verpflichtet, Bewerber nicht aufgrund von Rasse, Herkunft, Religion oder Geschlecht zu diskriminieren und Mitarbeiter außerdem vor Diskriminierung am Arbeitsplatz zu schützen. Die Vorschriften wurden als Erfolg der Bürgerrechtsbewegung ursprünglich vor allem zum Schutz schwarzer Amerikaner erlassen. Die amerikanische Frauenbewegung erkämpfte außerdem Vorschriften am Arbeitsplatz gegen Frauendiskriminierung und sexuelle Belästigung – unter anderem durch millionenschwere Schadensersatzklagen betroffener Frauen. Und im Rahmen von affirmative action - also unterstützenden Maßnahmen werden benachteiligte gesellschaftliche Gruppen gezielt gefördert.
    Vielfalt gilt in den USA als personalpolitisches Muss, die überwiegende Mehrheit der großen Unternehmen hat eine eigene Diversity Politik. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind ganz andere: Hier gibt es keine Frauen-, Migranten- oder Homosexuellenbewegung, die Unternehmen so unter Druck setzen könnten wie in den USA. Doch global agierende Unternehmen müssen sich trotzdem mit dem Thema auseinandersetzen, denn amerikanische Geschäftspartner und auch Anleger schauen zunehmend auf die Chancengleichheit im Unternehmen.
    Auch bei der Deutschen Bank war die Internationalisierung ein Anstoss, sich mit dem Konzept zu beschäftigen, erzählt Diversity Managerin Aletta von Hardenberg.

    Den Ausschlag hat eigentlich gegeben die Fusion mit Bankers Trust im Jahre 1999, Bankers Trust hat als grosses Unternehmen aufgrund von sicherlich auch in den USA vorhandener gesetzlicher Vorlagen, Diversity seit vielen Jahren betrieben und man hat das damals übernommen und hat gesagt, wir werden das jetzt für die ganze Deutsche Bank global einsetzen und seitdem dabei haben ein Team das in New York, eins in London und in Frankfurt schon ein kleines Team was gerade anfängt ,sich zu etablieren, wir arbeiten dabei sehr vernetzt, weil wir auch versuchen, viele Themen gemeinsam zu bearbeiten, natürlich dann unter Berücksichtigung der lokalen Erfodernisse.

    Viele Ideen für Massnahmen im Rahmen des Diversity Management kommen bei der Deutschen Bank aus Übersee. Doch eins zu eins lässt sich das Konzept keinesfalls übertragen.

    In Deutschland ist die Statistik für Frauen in Führungspositionen sehr viel schlechter als in den USA, also haben wir da anderen Nachholbedarf und müssen andere Initiativen haben, die kulturellen Unterschiede oder ethnischen Gruppen haben in Amerika eine sehr viel größere Bedeutung als hier, auch von den Gesetzesgrundlagen und von der Struktur der Bevölkerung, ob man an Hispanics oder Farbige denkt, das Altersthema vielleicht auch, wenn wir die demographische Entwicklung anschauen, obwohl die sicher global ähnlich ist, wenn man das sieht, aber in Deutschland ganz besonders, wenn wir sehen, der Nachwuchs in Deutschland die Statistiken, da geht der Generationenvertrag irgendwann einfach nicht mehr auf und wir werden sicher einen Mangel an guten Nachwuchskräften haben....sich einzubringen und wertgeschätzt zu werden.

    Monika Rühl von der Lufthansa sieht für Diversity Management in Deutschland sogar bessere Chancen.

    Der Begriff kommt sicherlich aus den USA, aber die USA gehen diskriminierungsorientiert ran, die haben das affirmative action program und den Anti-Discrimination-Act, den wir über die EU jetzt auch zwar gerade kriegen, aber bislang ist bei uns die Arbeit noch gestaltungsorientiert, und das ist auch die Chance für die Unternehmen, es gibt nicht "das" Diversity Management, eine Lufthansa wird das anders machen als eine Bank oder als ein mittelständisches Holzunternehmen, aber alleine die Chance darin zu sehen und das zu gestalten und das auch positiv anzugehen, darin unterscheiden wir uns von den USA, die aufgrund dieser Rechtssprechung mit den extrem hohen Regressforderungen ein Diversity Management machen müssen, um Minderheiten stärker zu integrieren und wir sehen es als Chance, um eben die Produktivitätsreserven zu mobilisieren.

    Für Monika Rühl von der Lufthansa ist ein zentraler Punkt bei der Akzeptanz zum Beispiel der, jegliche Form von besonderer Behandlung für bestimmte Gruppen abzubauen.

    Wir haben an internen Maßnahmen zum Beispiel das Thema Schwerbehinderte anders ausgerichtet. Die Schwerbehinderten waren ja bisher immer die Armen, man muss denen helfen, damit die so halbwegs gut leben können und man muss dies für die tun und diese Sonderveranstaltung und sonst was und wir haben gesagt, wenn wir es ernst meinen mit Diversity und das zielt ja auf Inklusion aller, also keine Betonung der Verschiedenartigkeit, sondern unabhängig von der Verschiedenartigkeit alle integrieren, und dann allenfalls eben Rahmenbedingungen schaffen, so dass die gleichberechtigt arbeiten können, also Gleichberechtigung, auf Augenhöhe. Die Rahmenbedingungen, die wir im Augenblick haben sind noch nicht dafür geeignet, dass wir dieses Ziel auch erreichen können, sprich also alle Sonderbehandlungen, Sonderurlaube, Extra-Kündigungsschutz führt eigentlich dazu, dass wir diesen Sonderzustand ewig perpetuieren und wir haben intern schon die ersten ein, zwei Maßnahmen ergriffen, zusammen mit den Schwerbehindertenvertretungen, dass wir sagen, ok wenn wir das mit der Inklusion aller ernst nehmen, dann müssen wir negative Diskriminierung abschaffen, aber eben auch diese Sonderbehandlung, sprich positive Diskriminierung beseitigen, und da sind wir auf nem guten Weg.

    Kritiker sehen darin allerdings eher den Versuch, unter dem Deckmantel von Diversity Management soziale Standards abzubauen.
    Unternehmensberater Michael Stuber sieht eher in anderen Bereichen den Bedarf, auf Privilegien zu verzichten.

    Man sollte auf alle Fälle genau hinschauen, ob es Bevorzugungen gibt für bestimmte Gruppen und welcher Art die sind und ob die dazu beitragen ein echtes Ungleichgewicht im Unternehmen herbeizuführen, das einer produktiven Arbeitsumgebung und einer Entfaltung aller Mitarbeiter entgegensteht. Nun haben wir viele solcher Bevorzugungen, die aber in den meisten Fällen weniger offensichtlich sind als in der Frage der Schwerbehinderten, gleichwohl für das Unternehmen aber eine viel grössere Schieflage bedeuten als die relativ überschaubare Bevorzugung von Schwerbehinderten also zum Beispiel die Tatsache, dass männliche Führungskräfte für ihre Führungsarbeit deutlich mehr verdienen als Frauen, dass sie deutlich häufiger bei Beförderungen berücksichtigt werden etc. das sind Dinge, die im System verankert sind und diese Art von Bevorzugung, die müssen zuerst angegangen werden, weil die der Schieflage in Unternehmen stärker zuträglich sind.

    Ist Diversity Management erst einmal in einem Unternehmen als strategische Ziel eingeführt, so hat Prof. Katrin Hansen von der Fachhochschule Gelsenkirchen festgestellt, dann wird dieser Prozess auch in wirtschaftlich harten Zeiten nicht so schnell wieder gestoppt.

    Wir haben einige Unternehmen beobachten können in den letzten Jahren und Diversity ist nicht wieder eingestellt worden, wenn es sich entwickelt hat, allerdings ist es auch klar, wenn Unternehmen in eine wirtschaftlich schwierigere Situation geraten, dass die Ressourcen knapper werden, und dass man also auch sehr genau schaut wohin geben wir das Geld und das kann man durchaus bei Diversity Teams auch entdecken, das sie das sehr gut begründen müssen welches ihre Arbeit war, wobei ich auch bemerkt habe, dass in vielen großen Unternehmen das auch sehr kleine Teams sind. Die arbeiten wirtschaftlich und im übrigen arbeiten in vielen Unternehmen die Mitarbeiter in Netzwerken, so dass für das Unternehmen überhaupt keine Kosten entstehen, das man also gar nicht Apparate aufgebaut hat, die man jetzt wieder abbauen muss. Aber die Bedeutung Von Diversity muss durchaus auch immer wieder neu betriebswirtschaftlich begründet werden.