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Wächterlymphom-Entfernung
Mehr Gewissheit in der Krebsdiagnostik

Schnell und sicher mit einem kleinen Eingriff erkennen, ob ein Patient an Krebs erkrankt ist oder nicht: Das ist die Idee bei der Entfernung des sogenannten Wächterlymphomknotens. Diese Methode kommt vor allem bei der Haut-, Brust- und Prostatakrebsdiagnostik zum Einsatz.

Von Martin Winkelheide | 30.05.2017
    Lymphoma cancer cell SEM Lymphoma cancer cell Coloured scanning electron micrograph SEM of a lym Lymphdrüsenkrebs, Farbiger Scan einer elektronischen Mikrograpfie
    Lymphdrüsenkrebs, Farbiger Scan einer Krebszelle. (imago stock&people)
    "Mein Name ist Ingo Stoffels. Ich bin einer der Oberärzte in der Hautklinik am Universitätsklinikum Essen. Da befinden wir uns auch gerade im OP, und zwar bei einer Patientin, die ein Melanom im Bereich des rechten Oberschenkels hat. Was wir aktuell machen, ist die Entfernung des Sicherheitsabstandes.
    Bei der Patientin ist es so, dass der Tumor dicker als zwei Millimeter war. Entsprechend der Leitlinie in Deutschland werden dabei zwei Zentimeter Sicherheitsabstand zu allen Seiten entfernt. Und das machen wir gerade. "
    Das heißt, Sie müssen auch zwei Zentimeter in die Tiefe gehen. Das ist hier möglich, weil der Tumor am Oberschenkel ist?
    "Hier ist es so, dass das Fettgewebe ausgeprägt vorhanden ist, wir aber trotzdem bis zur anatomischen Grenze, bis zur Muskelfaszie, gehen und dadurch die zwei Zentimeter sehr gut erreichen können.
    Jetzt machen wir aktuell die Blutstillung mittels einer Elektro-Pinzette. Das verschweißt die kleinen Gefäße. Jetzt beginnen wir schon, das Ganze zu verschließen. Wir nähen eine solche Wunde in zwei Schichten. Zunächst ein Faden, der unter der Haut im Fettgewebe und in der zweiten Hautschicht zum Liegen kommt, und dadurch die Hauptlast trägt. Jetzt kommt der eigentliche Hautfaden."
    Kleiner Schnitt, große Wirkung
    Jetzt wird noch einmal abgewaschen, und dann kommt ein Pflaster drauf.
    "Genau. Die Wunde ist verschlossen. Jetzt wird die Patientin neu gelagert. Und jetzt kommt der Teil des Eingriffs, wo wir den sogenannten Wächterlymphknoten entnehmen. Dazu haben wir in der Vorbereitung, bereits gestern, über die Klinik für Nuklearmedizin Technetium applizieren lassen, um radioaktiv den Lymphabfluss nachvollziehen zu können."
    Sie haben erst einmal geguckt: Welcher Lymphknoten für den Ort genau zuständig?
    "Genau. Jeder Quadratzentimeter der Hautoberfläche drainiert in einen anderen Lymphknoten. Und da wir ja wissen wollen, ob der Tumor schon Tochterzellen abgesiedelt hat, wollen wir nachvollziehen, welcher Lymphknoten für das Areal des ursprünglichen Tumors zuständig war."
    Mit Radioaktivität den ricchtigen Lymphknoten erkennen
    Sie haben ein Gerät jetzt verkleidet. Steril. Das ist ein Arm mit einem großen Kopf vorne dran. Ist das eine Kamera?
    "D1as ist eine Infrarot-Kamera."
    Das heißt, die nimmt Wärme wahr?
    "Nein, das ist eine Nah-Infrarot-Kamera. Die nimmt keine Wärme wahr, die kann uns Fluoreszenz-Farbstoffe darstellen. Wir können dann den Lymphknoten viel besser identifizieren. Viel schneller und viel einfacher. Und dann können wir uns den Lymphknoten darstellen und entfernen."
    Sie haben jetzt noch einmal die Kontraste eingestellt.
    "Ich habe versucht, etwas mehr Sensitivität in die Kamera zu bringen.
    Jetzt machen wir den Hautschnitt über dem Signal. Der Lymphknoten sitzt unter der Haut im Fettgewebe der Leiste zwischen den Gefäßen. In der Leiste gibt es ungefähr fünf bis zehn Lymphknoten bei einem Erwachsenen pro Leiste. Wichtig ist ja jetzt für uns, den richtigen zu finden. Einmal die Gamma-Sonde, bitte.
    Was Sie jetzt hören können, ist das Signal des radioaktiven Materials, was gestern bei der Patientin appliziert wurde. Man kann sich das vorstellen wie einen klassischen Geigerzähler. Aber es ist eine radioaktive Substanz, die weder für die Patientin noch für uns ein Gefahrenpotential birgt. "
    Aber die Sonde gibt ein eindeutiges Signal.
    "Die gibt ein eindeutiges Signal. Was wir jetzt machen ist die Durchtrennung der Lymphgefäße, die zum Lymphknoten führen. Auch hier wieder mittels Hitze, die durch eine spezielle Pinzette erzeugt wird.
    Und zur Bestätigung, dass wir den richtigen Lymphknoten haben, können wir das außerhalb des Körpers einmal messen. Und da kann man am Signal hören: Das ist der Lymphknoten, der radioaktiv markiert ist. "
    Sie haben den Lymphknoten schon rausgeschnitten.
    "Und jetzt machen wir uns schon wieder auf den Rückzug. Das heißt, wir legen eine kleine Drainage in die Wunde ein. Und dann wird die Wunde verschlossen. Jetzt wird das Hautareal noch mal gereinigt und desinfiziert und dann kommt ein steriler Verband auf die Naht, und dann ist der Eingriff beendet."
    Vielen Dank.
    "Sehr gerne."