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Was uns zusammenhält und trennt

Zu Zeiten des Kalten Krieges standen die Beziehungen der Bundesrepublik zu ihrer Schutzmacht USA auf breitem Fundament. Doch das bröckelt seit dem Fall der Mauer. Auf beiden Seiten geht die alte Garde der Transatlantiker allmählich in Rente. Vielleicht aber hat sich das deutsch-amerikanische Verhältnis nicht verschlechtert - sondern normalisiert.

Von Moritz Küpper | 10.10.2012
    Der 3. Oktober, der Tag der deutschen Einheit, wird jedes Jahr auch in Washington gefeiert – und in diesem Jahr ist ein wirklich hochkarätiger Gast in die deutsche Botschaft gekommen. Timothy Geithner, der Finanzsminister der USA will ein deutliches Zeichen der deutsch-amerikanischen Freundschaft setzen.

    "Im Namen der amerikanischen Regierung: Es ist eine Ehre für mich heute dabei zu sein, bei der Feier des deutschen Tags der Wiedervereinigung."

    Mehr als eine Grußadresse ist das allerdings nicht. Geithner formuliert ein paar knappe Sätze: Ein allgemeines Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit Deutschland, dazu eine persönliche Note bei der Schilderung seiner deutschen Wurzeln. Anders als beim Treffen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble auf Sylt vor einigen Wochen hebt Geithner hier hervor, Deutschland werde in der Eurofinanzkrise sicher die Führung übernehmen und richtig handeln. Von den Meinungsverschiedenheiten, die in der Finanzkrise deutlich wurden, ist an diesem lauen Herbstabend nichts zu spüren. Es wäre auch zu spät. Ein deutsches Eingreifen hätte nun keine Auswirkungen mehr auf die US-Wirtschaft – und damit auf den US-Wahlkampf. Aber an diesem Abend steht das erste Fernsehduell zwischen Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney an. In wenigen Stunden wird es losgehen – und so beendet Geithner seine Rede nach exakt drei Minuten und 21 Sekunden.

    "And we, the United States, look forward to our continued partnership – Thank you."

    Geithner geht – spätestens jetzt wird deutlich, dass bei dieser Feier in Washington ein paar Musiker die eigentlichen Stars sind. Sie kommen nicht aus den USA, sondern aus Deutschland, genauer gesagt aus Köln...

    "Mer kumme mit alle Mann vorbei, hurra, mer kumme...."

    Die Karnevalsband "Die Höhner" ist durch Lieder wie "Viva Colonia" bekannt geworden und wurde extra von der Botschaft eingeflogen. Seit Wochen haben die Diplomaten ein Geheimnis um ihren Auftritt gemacht. Jetzt ist das vorbei, "die Höhner" sind da:

    "Guten Abend deutsche Botschaft in Washington.... Hallo!"

    Eine kölsche Karnevalsband am Tag der deutschen Einheit in den USA – der amerikanische Wirtschaftsminister will dagegen nicht allzu lange bleiben. Hier politische Symbolik hinzuzudichten, wäre wohl übertrieben, doch die Fakten sprechen für sich und geben Aufschluss über das deutsch-amerikanische Verhältnis:

    "... so viele Menschen aus der Heimat heute Abend hier. Und wenn ich Heimat meine, dann meine ich... ."

    Den deutsch-amerikanischen Beziehungen fehlt es an Profil, vielleicht sogar an einem neuen Fundament. Dass die amerikanische Hilfe für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg lebenswichtig war, kann daran nichts ändern. Die milliardenschweren Hilfen des Marshall-Plans bildeten die Grundlage dieses engen Verhältnisses. Damit halfen die USA der Bundesrepublik auf die Beine. Geprägt wurde diese Beziehung durch den Kalten Krieg und die Frontstellung der beiden deutschen Staaten im Duell zwischen Ost und West. In diesen Jahrzehnten wurde Deutschland zur Heimat für Millionen von US-Bürgern: Soldaten, Geheimagenten, Diplomaten, Politiker. Die USA waren die Schutzmacht der Bundesrepublik. Doch mit dem Fall der Mauer 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands, wurde diese Rolle überflüssig – und das hatte tiefgreifende Folgen:

    "Wir müssen jetzt deutsch-amerikanische Beziehungen verstehen, nicht nur als deutsch-amerikanisch, sondern als Beziehungen eingetütet werden müssen, in sämtlichen anderen globalen Facetten."

    Jackson Janes ist so etwas wie eine transatlantische Instanz. Keiner kann das deutsch-amerikanische Verhältnis so schön beschreiben, wie der 65-jährige Direktor des "American Institute for Contemporary German Studies", kurz AICGS. Er bringt den Wandel auf eine einfache Formel: Deutschland sei nicht mehr Objekt, sondern Subjekt der amerikanischen Außenpolitik.

    "Der Unterschied ist eigentlich eine Nuance, aber es ist wichtig, weil die Frage ist, in welcher Weise Deutschland Entscheidungen treffen muss, die sie nicht vorher, die Deutschland nicht vorher vor sich hatte. Als Objekt. Geteilt. Kalten Krieg. Jetzt kommt Deutschland dann in den letzten 20 Jahren in Phasen, langsam aber sicher, wo man Entscheidungen treffen will, die nicht übereinstimmen, immer so ganz glatt, mit amerikanischen Einstellungen."

    Seit über 20 Jahren ist nicht mehr klar, welchen Charakter die Beziehungen angenommen haben. Doch jetzt wird das sehr deutlich, bedingt durch die Eurofinanzkrise und im Jahr der amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Die Folgen der deutschen Wiedervereinigung und der Globalisierung, werden erst jetzt richtig sichtbar: Die amerikanische Generation, die noch persönliche Erfahrungen in Deutschland gemacht habe, sie trete nun langsam ab, so Janes:

    "Ich würde schon sagen, dass – wenn man bedenkt, dass 16 Millionen Amerikaner in Deutschland seit 1945, zwischen 1945 und 1994. Dass das dazu beigetragen hat, das ein Stück Deutschland mit nach Hause ging. Bei den einfachen Leute, die nicht in Washington, sondern in Arizona oder Idaho oder Minnesota gelandet sind. Seit 1994 haben wir immer weniger Amerikaner, die diese Erfahrung machen. Was ich denke, eine Gefahr ausmacht, ist die Tatsache, dass man eine Art Kosten-Nutzen-Beziehung aufstellen könnte."

    Das zeigt sich im amerikanischen und deutschen Alltag, denn die heute 20-Jährigen kennen den Kalten Krieg nur noch aus den Geschichtsbüchern. Aber darüber hinaus zeige es sich vor allem in der Politik, sagt Janes:

    "Wenn Sie mal bedenken, wie viele Leute im House und im Senat dienen, und wie viele nicht in Deutschland Erfahrung haben, wie damals. Alle Leute, die damals im Congress – fast alle, oder eine ganz große Gruppe von denen – hatte eigentlich Militärdienst geleistet oder die waren irgendwo eingezogen und die waren vielleicht mal in Deutschland. Diese Erfahrung schwindet. Und die Frage ist: Was bedeutet das? Man kann das nicht ersetzen, durch Besetzungen von Citigroup oder Banken oder Deutsche Bank oder Dresdener Bank oder wie auch immer die heißen. Wir können die nicht durch Industrie ersetzen, denn die wirtschaftlichen Beziehungen haben eine andere Logik."

    Das transatlantische Verhältnis: eine kalt berechnete Kosten-Nutzen-Beziehung statt gewachsener Partnerschaft? Eine Antwort auf diese Frage zu finden, fällt sogar Claus Gramckow schwer. Der Leiter des Büros der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in den USA ist ebenfalls überzeugter Transatlantiker: Er ist der Dienstälteste unter den Stiftungsleitern und kümmert sich zudem um den deutsch-amerikanischen Parlamentarieraustausch. Gramckow merkt, dass die alte Garde der Transatlantiker langsam in Rente geht - darunter jene Senatoren und Abgeordneten, die früher ganz selbstverständlich einmal im Jahr zur Münchener Sicherheitskonferenz reisten:

    "Deswegen ist es sehr, sehr wichtig – und auch ein Teil meiner Arbeit hier – neue Eliten an den transatlantischen Dialog heranzuführen. Und diese neuen Eliten sind nicht unbedingt Außen- und Sicherheitspolitik, sondern meine Zielgruppe ist eher Innenpolitiker. Denn, meine Meinung ist: Es gibt keine klassische Außenpolitik mehr, es gibt keine klassische Innenpolitik mehr. Die Themen, die wir abdecken, sind Bildung, ist erneuerbare Energie, ist Gesundheit. Das ist aus meiner Sicht die große Veränderung der letzten 20 Jahre."

    Es ist generell schwer Amerikaner für Deutschland zu interessieren – in diesen Monaten allerdings hat sich das Blatt gewendet: Die Eurofinanzkrise führt dazu, dass Deutschland und deutsche Positionen auf einmal nachgefragt werden – auch von Leuten mit ganz anderen Interessensgebieten.

    Jonathan Rauch ist so jemand und der Weg zu ihm ist nicht weit. Rauch arbeitet im gleichen Gebäude wie Janes, allerdings nicht für den AICGS. Rauch ist Guest Scholar beim renommierten Brookings Institute. Deutschland gehört nicht zu seinen Forschungsschwerpunkten, allerdings wird Rauch von vielen als einer der klügsten politischen Köpfe in Washington bezeichnet. Bereits vor über vier Jahren prophezeite er die Schwierigkeiten, die Präsident Barack Obama bekommen würde. Und auch jetzt hat Rauch wieder eine Meinung – über Deutschland.
    "Deutschland und Europa sind für die Wähler keine Themen. Die bekommen das gar nicht mit, denen ist das gleichgültig. Amerikaner schauen immer auf sich – und jetzt gerade ganz besonders. Für Präsident Obama und das Weiße Haus, sind Europa und Deutschland aber sehr wichtig, weil ein finanzieller Kollaps sehr schnell die USA erreichen würde. Und das wäre das Ende aller Hoffnung auf eine Wiederwahl des Präsidenten. Also arbeiten er und auch seine Leute im Finanzministerium sehr eng mit den Europäern zusammen. Sie sind sehr, sehr besorgt."

    Ein Thema, das sich auch in den Medien niederschlägt: Seit dem Fall der Mauer war Deutschland, waren deutsche Positionen in den USA noch nie so gefragt: Die "Washington Post" schrieb, die wichtigste Person für Obamas Wiederwahl sei Angela Merkel. Die Idee dahinter: Merkel, als die politische Führungsfigur in Europas größter Volkswirtschaft, müsse die Eurofinanzkrise regeln. Doch die Ansätze könnten nicht unterschiedlicher sein: Während man sich in den USA stets dafür ausspricht, rasch Geld in die Hand zu nehmen, um beispielsweise den Griechen zu helfen, dominiert in Deutschland der Sparansatz. Außerdem wird langsamer gehandelt. Die Angst vor einer Inflation sowie der Abstimmungsbedarf innerhalb der EU verzögern Entscheidungen. Für viele in den USA ist das unverständlich, vor allem, weil auch einer der Grundsteine des modernen deutsch-amerikanischen Verhältnisses auf großen finanziellen Hilfen beruhte: Dem Marshall-Plan von 1947.

    Zwei Blocks neben dem Starbucks in dem Rauch sitzt, kann man ein spätes Ergebnis dieses milliardenschweren Hilfspakets besichtigen: das Gebäude des German Marshall Fund of the United States - eine unabhängige Stiftung, die 1972 durch eine Schenkung der Bundesrepublik Deutschland an die USA ins Leben gerufen wurde. Ein Dankeschön für die Hilfen in der Nachkriegszeit. Das Gebäude beherbergt auch die Transatlantic Academy, deren Direktor Professor Stephen F. Szabo ist. Szabo weiß zwar um die deutsche Geschichte und der daraus resultierenden Angst vor Inflation. Dennoch: Die deutsche Position sei den USA nicht ausreichend erläutert worden, so Szabo. Er kreidet das vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel an:

    "Sie hat es nicht geschafft, das zu erklären. Dabei hatte sie vor etwa zwei Jahren die große Chance dazu, als sie hierhin gekommen ist und vor dem Kongress gesprochen hat. Aber das hat sie nicht genutzt. Sie kann die Leute nicht bewegen. Sie spricht zwar Englisch, aber versucht es noch nicht einmal, wenn sie hier ist. Ich denke, Sie liegen richtig, wenn Sie sagen, dass die deutsche politische Klasse immer noch lernen muss, sich auf der weltweiten Bühne zu präsentieren."

    Nachgefragt wie seit Langem nicht - aber dennoch keine Kommunikation. Der Tenor der amerikanischen Fachleute ist eindeutig: Deutschland hat eine Chance vertan.

    "Support for WAMU 88.5 comes from the German embassy, launching the skills initiative to bring together German and American manufacturers and officials to develop vocational training.”"

    Der Radiospot bei WAMU 88,5, einem regionalen Ableger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der USA. Es ist eine Stimme Deutschlands im Stimmengewirr der US-Hauptstadt. Die Deutsche Botschaft in Washington lässt sich diese Werbung monatlich ein paar Tausend Dollar kosten. Man will gehört werden. Das gilt auch für Peter Ammon, seit August vergangenen Jahres ist er Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in den USA. Ammon ist promovierter Ökonom, vorher war er Staatssekretär im Auswärtigen Amt:

    ""Also, die Rolle Deutschlands hat sich zumindest geändert. Wenn Sie auf dieses große Schuldenkrise schauen, dann stellen Sie fest, dass Amerika große Erwartungen an uns hat. Ich höre sehr oft, dass man Deutschland als zentralen Akteur in Europa sieht und große Erwartungen an uns hat."

    Ammon sitzt in einem Sessel in seinem Büro, zu seinem grauen Anzug trägt er eine gestreifte Krawatte. Das Sakko hat er in eine Ecke gehängt. Er ist es, der die deutschen Positionen in den USA erklären soll – doch der Botschafter steht in der Kritik. Unter der Überschrift "Liederabend mit Dr. Seltsam" kritisierte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" selten direkt die Arbeit des Spitzendiplomaten: "Transatlantiker beschreiben den ehemaligen Staatssekretär im Außenministerium als passiv und desinteressiert", hieß es Ende Juli im "Spiegel". Ammon selbst will von der Kritik nichts wissen:

    "Also, ich glaube schon, dass unsere Politik hier sehr gut verstanden wird. Die Klippe, auf die wir achten müssen, ist nur, dass wir hier nicht in Hochmut verfallen. Deutschland hat seine Rolle in der Welt und muss die spielen und spielt sie, wie ich finde, sehr gut. Das findet Anerkennung. Aber wir dürfen jetzt nicht anfangen in dieser Situation zu sagen: Wir sind eine Führungsmacht und alles horcht auf mein Kommando. Das würde eine Reaktion in der Welt auslösen, da kann ich als Diplomat nur vor warnen."

    Ammon ist kurz angebunden. Es könnte an seiner Verunsicherung liegen. Kaum eine Antwort in dem knapp halbstündigen Interview dauert länger als eine Minute. Ammon wirkt eher wie ein Technokrat, nicht wie seine Vorgänger Klaus Scharioth oder auch Wolfgang Ischinger. Beide galten als gewandte Diplomaten, gerade auf dem politischen Parkett der US-Hauptstadt. Natürlich, noch immer steht das transatlantische Verhältnis auf einem festen Fundament. Und man könnte das Ganze auch für eine abgehobene Debatte aus den elitären Zirkeln der US-Hauptstadt halten. Washington ist die Hauptstadt der USA, aber die USA sind nicht Washington. Und für das Verhältnis der beiden Länder heißt das in weiten Teilen Normalität: Sei es beispielsweise beim 82-jähigen Mormonen Rudolf Hegewald, der vor Jahren aus Deutschland in die USA ausgewandert ist und dort nun in Salt Lake City lebt; sei es in Texas – dem Herzstück Amerikas – wo die Albrecht Ranch steht, die vor über 250 Jahren von deutschen Auswanderern gegründet wurden und deren Cowboys noch heute nach Deutschland fragen. Oder sei es in New York, wo Christian Lange seit über 20 Jahren das Geld reicher Menschen verwaltet. Aber selbst hier – auf dem Börsenparkett – wird deutlich: Die deutsche Position ist nicht gut genug erklärt worden. Für Finanzprofi Lange liegt die Ursache in einem Denkfehler:

    "Ich glaube, wenn das Public Relations-mäßig anders angegangen worden wäre, dass das Verständnis hier in Amerika für die Position von Frau Merkel und die Position des Bundestages sicherlich eher Verständnis hervorgerufen hätte, als ohne diese Erklärung. Dieses Vakuum, das entstanden ist, das dazu führt, dass man fast schon kopfschüttelnd sich die Dinge betrachtet und sagt: Ja, warum macht man dann eigentlich nicht mehr?"

    Eine offene Frage, die derzeit das deutsch-amerikanische Verhältnis prägt. Gleichzeitig eröffnet das Chancen für andere Akteure: Am Beispiel eines der großen deutschen Unternehmen wird das besonders deutlich - Volkswagen. In Virginia, vor den Toren der US-Hauptstadt hat der VW-Konzern sein US-Hauptquartier, es liegt direkt an einer Autobahn.

    "Wir haben das Land oder den Kontinent in den letzten zehn, zwanzig Jahren ein bisschen vernachlässigt. Wir haben gemerkt, wenn wir wirklich erfolgreich sein wollen, müssen wir auf dem Markt mehr machen, müssen wir aktiver sein."

    Sagt Carsten Krebs, VW-Kommunikationsdirektor in den USA. Das Aufholpotenzial ist riesig: Ganze drei bis vier Prozent Marktanteil hat der Konzern in den USA, in Deutschland sind es um die 36 Prozent, weltweit liegt der Durchschnitt bei zwölf Prozent. Deshalb produziert VW nicht nur in den USA, sondern geht betont offensiv in die Öffentlichkeit. Sei es über Sportsponsoring oder landesweite Werbespots:

    '"Thanks Mister.... the solid thong of the door on the Jetta. Another example of Volkswagen quality. That's the power of German engineering."

    German-Engineering – deutsche Ingenieurskunst. Ein Begriff, mit dem auch Bosch und andere Firmen operieren, ein Begriff, der das Deutschlandbild in den USA prägt. VW ist damit erfolgreich: Gerade feierte der US-Ableger die beste Septemberbilanz in den USA seit 40 Jahren, das Unternehmen konnte eine Steigerungsrate von 34 Prozent verzeichnen. Doch der Erfolg macht Lust auf mehr. So hatte sich VW für Anfang Oktober einen Platz auf dem Podium bei einer Veranstaltung des Brookings Institut in Washington gekauft. Für viel Geld darf man dort einer interessierten Öffentlichkeit seine Standpunkte erläutern. Und Jonathan Browning, der VW-Chef des Kontinents, machte davon rege Gebrauch:

    "Ich beginne mit der Annahme, dass das Publikum um die Bedeutung von ausländischen Investitionen weiß."

    In den letzten fünf Jahren habe Volkswagen rund vier Milliarden Dollar in den USA investiert, sagt Browning. Man sei am Land interessiert, man sehe sich als Teil der Gesellschaft, aber man habe auch Sorgen:

    "Ich muss ganz offen sein: Dieses Land muss seine Hausaufgaben machen. Es muss den weltweiten Glauben in sein politisches System zurückerobern. Es muss wieder einmal zeigen, dass das große Ganze Priorität hat, dass man Grenzen und Lager durchbrechen und den ideologischen Stillstand überwinden kann."

    Starke Worte, direkte Worte, doch genau darum geht es, wie VW-Mann Krebs bestätigt:

    "Wir zeigen damit: Wir sind angekommen, wir sind ‚at home in America', und wir wollen uns auch politisch einmischen."

    Und damit stößt unter anderem VW, stößt die deutsche Wirtschaft in das politische Vakuum. Aber die Konzerne sind nicht die Einzigen, die das transatlantische Verhältnis mit Leben füllen: Auch aufseiten der Wissenschaft, der Finanzindustrie, beim Schüleraustausch und ähnlichen Aktionen zeigt sich ein festes Fundament. Oder, um es mit den Worten des alten Transatlantikers Jackson Janes zu sagen:

    "Ich glaube nicht, auf der einen Seite, dass die Beziehungen derartig so schlecht sind wie nie zuvor und sind sie auch nicht wiederum so gut wie je zuvor. Die sind stinknormal."