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Wegfall der Medizin bedeutet "automatisch den Tod der Universität"

Für den Universitätsstandort Lübeck sind die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden: Nach dem Sparpaket der Landesregierung wird die Medizinerausbildung zum Wintersemester 2011/2012 eingestellt. Mediziner werden nur noch in Kiel ausgebildet. Die Lübecker Uni verliert 1500 von insgesamt 2600 Studienplätzen.

Von Matthias Günther |
    Übrig bleiben die Studiengänge Molekularbiologie, Computational Life-Science – auch Bio-Mathematik genannt, Medizinische Ingenieurwissenschaften und Informatik. Allerdings seien diese um den Medizin-Studiengang herum entwickelt worden und mit diesem eng verwoben, erklärt Universitätspräsident Peter Dominiak. Für ihn heißt das:

    "Wenn der Studiengang Medizin hier eingestellt wird, dann bedeutet das auch automatisch den Tod der Universität."

    Mit dem Medizinstudiengang werde außerdem ein Studiengang geschlossen, der im Ranking des Zentrums für Hochschulentwicklung seit Jahren die Position 1 in Deutschland einnehme. Die geplante Ansiedlung von zwei Fraunhofer-Instituten in Lübeck sei damit auch hinfällig, sagt Dominiak:

    "Ohne Medizin ist praktisch für beide Fraunhofer-Institute keine Existenzgrundlage mehr vorhanden. Das haben beide auch sehr deutlich gemacht."

    300 Arbeitsplätze würden so nicht entstehen, die bestehenden 5000 Arbeitsplätze an der Lübecker Universität und dem Universitätsklinikum seien gefährdet. Der Bürgermeister der Hansestadt, Bernd Saxe, weist außerdem daraufhin, dass Lübeck ein Zentrum der Medizintechnik ist und viele Firmen sich wegen der Universität hier angesiedelt haben und mit ihr kooperieren:

    "Wir müssen ernsthaft befürchten, dass der eine oder andere von diesen Unternehmern sich auch über Alternativen Gedanken macht, wenn hier eine Forschungseinrichtung nicht mehr vorhanden ist – und das ist ja das, was uns konkret droht."

    Nicht nur die Lübecker Universität ist von den Sparplänen der schwarz-gelben Koalition in Schleswig-Holstein betroffen. An der Uni Flensburg sollen die Wirtschaftswissenschaften wegfallen. Anders als in Lübeck bleibt hier aber der Kern der Uni – Erziehungswissenschaften und Lehramtsausbildung – erhalten. Dennoch befürchtet man auch in Flensburg einen Verlust an Attraktivität als Wirtschaftsstandort, denn viele Firmen arbeiten bisher mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Zweig der Universität zusammen und sehen in den Absolventen willkommene Fachkräfte. Dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein mit seinen 11.400 Beschäftigten an den Standorten Kiel und Lübeck droht nach dem Sparpaket sogar die Privatisierung. Doch für Lübeck stellt sich dieses Problem gar nicht mehr, meint Uni-Präsident Peter Dominiak:

    "In dem Augenblick, wo die Medizin hier in Lübeck gestrichen wird, gibt es auch kein Universitätsklinikum in Lübeck mehr. Das heißt, das muss uns ganz klar sein, das bedeutet, dass das Klinikum hier wieder zurückgeschraubt wird auf Städtisches-Krankenhaus-Niveau."

    Universitätsangehörige in Schleswig-Holstein wollen gegen die Pläne angehen, aber damit sind sie nicht allein: Protest gegen das Sparpaket von CDU und FDP kommt auch von Eltern und Erzieherinnen, Lehrern und Polizisten, Landwirten und Blinden, Kommunalpolitikern und Vertretern der dänischen Minderheit, um nur einige zu nennen.