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"Weil das ein Wachstumsverhinderungsprogramm ist"

Die SPD will neue Wachstumsprogramme für das Land schaffen - finanziert durch die Einnahmen einer Finanztransaktionssteuer. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler ist überzeugt: Dieses Konzept kann nicht funktionieren. Der Staat könne schließlich nicht die Wirtschaft ersetzen, sondern müsse dafür sorgen, das Wirtschaft entstehen kann.

Frank Schäffler im Gespräch mit Gerd Breker | 15.05.2012
    Gerd Breker: Aus Berlin der Kollege Theo Geers, und am Telefon sind wir nun verbunden mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, Mitglied im Finanzausschuss und einer der Euro-Rebellen, die gegen den europäischen Rettungsfonds gestimmt haben. Guten Tag, Herr Schäffler!

    Frank Schäffler: Guten Tag!

    Breker: Die Menschen in Frankreich haben den Machtwechsel gewählt, die Wähler in Griechenland geben den Spargegnern die Mehrheit – es zeigt sich, dass die Medizin des Sparens des Fiskalpaktes, wenn es denn demokratisch wird, nicht akzeptiert wird. Was lernen wir daraus?

    Schäffler: Ja, wir lernen daraus, dass wir das Haftungsprinzip durchsetzen müssen in Europa. Das haben wir außer Kraft gesetzt, und deshalb sagen die Wähler: 'Na ja, jetzt übertragen wir die Schulden, die wir selbst aufgenommen haben, mal auf andere, die eigentlich gar nichts damit zu tun haben', und das findet in Europa statt. Aber das kann nicht funktionieren auf Dauer, denn Europa kann nur als Rechtsgemeinschaft überleben. Wenn sich jeder sein eigenes Recht schafft und meint, er könnte das zulasten der anderen machen, dann funktioniert Europa nicht.

    Breker: Nun will die SPD, wir haben es eben gehört, den Fiskalpakt erweitern durch Wachstumsimpulse. Das heißt, es wird noch teurer.

    Schäffler: Ja, Wachstumsimpulse sind vom Grundsatz nie schlecht, aber die SPD meint damit natürlich Konjunkturprogramme, die schuldenfinanziert sind, und die haben ja letztendlich zu dieser Krise geführt, in der wir heute stecken. Man hat immer versucht, Konjunktur zu erzeugen über Verschuldung, hat Straßen gebaut, Brücken gebaut und so weiter, über die heute keiner fährt, und ich glaube, das ist kein Weg für die Zukunft, sondern Wachstumsimpulse entstehen dadurch, dass man versucht, die Vertragsfreiheit im Arbeitsmarkt durchzusetzen, indem man versucht, Bürokratie abzubauen, indem man das Korruptionswesen bekämpft und vieles andere mehr, dadurch schafft man Wachstum. Und das weiß die SPD eigentlich aus eigener Anschauung, denn sie hat letztendlich die Agenda 2010 in Deutschland durchgesetzt, und die hat mittelbar dazu geführt, dass Deutschland heute auf so gutem Pfade ist.

    Breker: Nun will die SPD Geld für Wachstumsimpulse, für Wachstumsprogramme generieren durch eine Finanztransaktionssteuer. Die hat Frankreich schon eingeführt, Frankreich will auch Wachstumsimpulse. Was ist so verkehrt daran?

    Schäffler: Na ja, weil das ein Wachstumsverhinderungsprogramm ist, denn man darf dem Staat nicht mehr Geld zur Verfügung stellen, ja, das funktioniert nicht, dieses Konzept, sondern man muss die Kräfte in der Wirtschaft stärken, man muss Luft in die Wirtschaft lassen, damit sich Wirtschaft entfalten kann. Nicht der Staat kann die Wirtschaft ersetzen, sondern er muss den Rahmen dafür schaffen, dass Wirtschaft entstehen kann, damit investiert wird in der Wirtschaft, und damit Arbeitsplätze entstehen, und damit hinterher dann Steuereinnahmen generiert werden – das ist die richtige Reihenfolge. Wer das umdrehen will, der geht den Weg in die Knechtschaft.

    Breker: Herr Schäffler, schauen wir nach Athen, dort wird der letzte Versuch unternommen, noch eine Regierung zu bilden, ansonsten wird neu gewählt werden. Und alle Prognosen sagen, dass die Sparauflagengegner dann eine noch größere Mehrheit bekommen. Was ist mit Griechenland, ist Griechenland noch im Euro zu halten?

    Schäffler: Das entscheidet Griechenland am Ende selbst. Ich glaube auch, dass am Ende in Griechenland die Frage beantwortet wird, wie geht es weiter mit dem Euro. Denn man muss sich klar werden, dass der Euro auf Dauer nur über Transferzahlungen zusammenzuhalten ist – über ganz erhebliche Transferzahlungen, über eine Umverteilung der Schulden in Europa. Und na ja, da muss das – das wird sich jetzt in diesem Sommer erweisen, ob dieses Konzept weiter funktioniert. Ich befürchte, es funktioniert nicht. Griechenland wird seine Auflagen, die die Troika gegeben hat, nicht erfüllen. Sie müssten das ja längst schon gemacht haben, sie müssten jetzt schon eine Steuerreform einleiten, aber zurzeit ist dieses Parlament ja nicht funktionsfähig, deshalb können diese ganzen parlamentarischen Maßnahmen nicht umgesetzt werden aktuell. Deshalb steht heute schon fest, dass diese ganzen Maßnahmen in wenigen Monaten alle Makulatur sein werden.

    Breker: Und nach Griechenland kommt dann Spanien, Portugal, möglicherweise Italien?

    Schäffler: Na ja , das hängt im wesentlichen, glaube ich, davon ab, wie Deutschland und Frankreich damit umgehen, ob sie glauben, dass der Euro nur mit den 17 Staaten weiter existiert oder ob man auch Austrittsmöglichkeiten schafft oder auch Ausschlussmöglichkeiten schafft. Ich bin von Anbeginn an dafür gewesen, dass man das macht, weil der Währungsraum ist einfach zu heterogen. Wir wachsen quasi nicht zusammen, sondern wir entwickeln uns auseinander, und das in einem immer stärkeren Verhältnis. Und deshalb muss man der Wahrheit heute ins Gesicht schauen, ansonsten fahren wir den Euro und damit Europa insgesamt vor die Wand.

    Breker: Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro würde uns 80 Milliarden Euro kosten. Wird es dabei bleiben?

    Schäffler: Nein, ich glaube, das kann man so richtig nicht beziffern. Es wird mindestens diese Summe kosten, aber die frage ist, ob wir jetzt eine teure Lösung wollen oder, indem wir noch ein oder zwei Jahre warten, eine katastrophale Lösung bekommen werden. Ich glaube, jede Lösung ist jetzt preiswerter, als wenn man die Marktwirtschaft weiter außer Kraft setzt, indem man das Haftungsprinzip außer Kraft setzt. Das ist immer teurer in einer Marktwirtschaft, wenn man die Schulden sozialisiert, dann führt das am Ende zum Ende der Marktwirtschaft.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Er ist auch Mitglied im Finanzausschuss. Herr Schäffler, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!

    Schäffler: Ich danke auch!


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