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Masterclass mit Grammy-Gewinnern
"Du erschaffst ein klangliches Bild"

Audioprofis, Bedroom-Produzenten und erfahrene Größen der Branche: Die Kölner Masterclass "Studioszene" rund um das Thema Musikproduktion ist ein Hotspot für die vielfältige Welt des Recording. Zentrale Erkenntnis: Es geht nicht ums Equipment, sondern darum, was man damit anstellt. Und um Psychologie.

Von Thomas Elbern | 14.09.2019
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Bastel' dein Studio-Equipment: die DIY-Area der "Studioszene" (Thomas Elbern)
Mick Guzauski: "Höre dir andere musikalische Werke genau an. Analysiere und kopiere nicht einfach. Finde heraus, wie die Produzenten gearbeitet haben und wie du das für deine eigene Musik verwenden kannst. Wenn du dir Mühe gibst, kannst du die verwendeten Techniken gut heraushören: Wie es aufgenommen wurde, welche Schwerpunkte es beim Mix gab und wie die räumliche Verteilung ist. Du erschaffst ein klangliches Bild."
Sagt der mehrfache Grammy Gewinner Mick Guzauski, der von Janelle Monáe bis hin zu Eric Clapton und Britney Spears etlichen Superstars zu ihrem Signature Sound, also ihrem unverwechselbarem musikalischen Erkennungsmerkmal, verholfen hat. Der Star-Engineer aus New York hat schon in den 80er-Jahren in diversen Studios angefangen und sich zu einer der Topadressen für den Sound der Stars hochgearbeitet. Im Rahmen der Kölner "Studioszene" gab er Einblicke in die Sessions mit Jamiroquai und Janelle Monáe.
Produktion und Psychologie
Große Produzentenstars ohne Starallüren - in Köln ergaben die Workshops die Gelegenheit, einen Einblick in die Arbeit der Profis zu bekommen. Beispielsweise philosophierte die amerikanische Produzentin Sylvia Massy von ungewöhnlichen Aufnahmeorten, welche die Musiker zu tollen Sessions inspirieren: in alten Schlossgemäuern, in stillgelegten U-Bahnhöfen oder in den Kühltürmen von Atomkraftwerken, die nie ans Netz gingen.
Die Highlights der Veranstaltung waren ganz klar die praktischen Workshops: Wie plane ich einen Studioraum? Wie entsteht aus einem Demo ein fertiger Song? Wie gehe ich mit Musikern in einer schwierigen Aufnahmesituation um? Und wie entsteht beispielsweise die Musik von Erfolgsrappern wie Azad oder Massiv? Workshops wie die von Hip-Hop-Produzent Dennis Kör lockten sogar Teilnehmer aus Berlin an. So etwa Nico und seine Kollegen von einer freien Tontechniker-Schule:
"Es ist sehr schön, sich mal mit Leuten auszutauschen, die auch im Engineering-Bereich tätig sind. Du tauschst dich sonst nur mit Managern oder Rappern aus, aber selten mit Technikern, wenn du Glück hast und die greifbar sind."
Die größten Hits der schottischen Simple Minds und Heaven 17 wurden von dem Briten Peter Walsh produziert. Walsh, der seit den frühen 80er-Jahren hinter dem Mischpult sitzt, hat eine lange Erfahrung im Umgang mit erfolgreichen Bands. Doch in den letzten Jahren hat er sich immer mehr auf sogenannte sperrige Musiker spezialisiert: Scott Walker, dessen letzte, sehr spröde Alben er produziert und gemixt hat. Walker kam oft ins Studio und hatte kein festes Konzept, sondern ließ sich von dem Moment inspirieren. Peter Walsh durfte sich also auf alles gefasst machen. Auch eher experimentell unterwegs ist der englische Musiker Daniel Blumberg - keine festen Songstrukturen, eher minutenlange Improvisationen. Und die Herangehensweise an den Aufnahmeprozess mit ihm erläuterte Walsh den Teilnehmern der "Studioszene":
"In meinen Workshops versuche ich zu erklären, wie ich mit den Künstlern arbeite und wie wichtig Psychologie dabei ist. Wie schaffe ich es, auch sperrige Kompositionen besser klingen zu lassen, so dass diese dann auch mehr Menschen gefällt? Wie schaffe ich es, dass der Hörer am Ende sich immer wieder das Stück anhört? Als Produzent musst du einen Weg finden: Wie gestalte ich die Aufnahme und wie kommt am Ende alles zusammen?"
Starproduzenten in nächster Nähe
Starproduzenten in nächster Nähe, praktische Tipps für die eigene Arbeit, ein Ort, wo sich Produzenten und Musiker kennenlernen und austauschen konnten. Die "Studioszene" in Köln hat auf einer übersichtlichen Fläche das geschafft, was Giganten wie der Frankfurter Musikmesse immer mehr abhandengekommen ist: eine Kommunikationsplattform zu schaffen, die nicht in einer Masse an Angeboten und Messehallen zu versinken droht. Die Spezialisierung der Studioszene in Köln ausschließlich auf die Bedürfnisse der Profis, aber auch von denen, die es werden wollen, hat bestens funktioniert. Musiker und Aussteller Chris Hein bringt es auf den Punkt:
"Das Großartige hier ist, dass du zu bestimmten Spezialgebieten die Fachleute findest. Es ist einfach so unübersichtlich geworden. Die Übersichtlichkeit hier ist eine gute Chance. Wenn ich etwas toll finde, dann fällt mir immer ein, wie man es noch besser machen könnte: Ich wünsche mir, dass diese Veranstaltung hier, dass die 'Studioszene' nicht versucht, eine Messe zu sein, sondern dass sie in Zukunft versucht, ein 'Get together' von Gleichgesinnten zu werden. Wenn man hier aktiv auf Leute zugeht und die Menschen zusammenbringt, dann hätte das den Riesenvorteil, den die Frankfurter Musikmesse immer verpeilt hat, denn in diesem kleinen Rahmen, geht das viel besser."