Archiv


Weltraumkamera setzt auf Glasfaser

Astronomie.- Auf der Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft in Austin diskutieren zurzeit 2500 Wissenschaftler die aktuellen Trends der Weltraumforschung. Zum Auftakt ging es um eine neue Kamera, die eines der größten Rätsel der Astronomie lösen soll: Warum expandiert das Universum immer schneller?

Von Dirk Lorenzen |
    Man wisse nicht, was Dunkle Energie ist, erklärt Gary Hill vom McDonald Observatory der Universität von Texas. Dies sei einfach eine Bezeichnung für das Phänomen, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt.

    Vielleicht aber sei Dunkle Energie gar nicht dunkel – und vielleicht auch gar keine Energie. Jetzt sollen neue Beobachtungsdaten den Astronomen endlich auf die Sprünge helfen.

    HETDEX ist das "Hobby Eberly Teleskop Dunkle Energie Experiment". Das Instrument soll messen, welchen Einfluss die Dunkle Energie im Laufe der kosmischen Geschichte gehabt hat. Noch arbeitet John Booth, Chefingenieur der Sternwarte in Texas, vor allem in der großen Montagehalle des Zentrums für Elektromechanik in Austin an HETDEX. Die Schwarze Gitterkonstruktion mit sechs hydraulisch verstellbaren Beinen hat die Ausmaße einer gedrungenen Litfaßsäule. Zwei oberschenkeldicke Kabelbündel führen aus der Kamera heraus.

    "Das sind die Glasfasern, die das Licht aus unserem Instrument an der Spitze des Teleskops nach unten in die Spektrografen leiten. Im Moment nehmen wir mit dem Teleskop immer nur ein Spektrum auf. Mit HETDEX erhalten wir künftig 33400 Spektren gleichzeitig.”"

    In der HETDEX-Kamera fällt das Licht also nicht auf einen Fotochip, sondern in 33400 Glasfasern. Nie zuvor war eine so leistungsstarke Spektralkamera an einem so großen Teleskop im Einsatz. Die Forscher und Ingenieure fiebern dem Sommer entgegen, wenn das Instrument, an dem auch Astronomen aus Göttingen, Potsdam und München beteiligt sind, ins Teleskop mit gut neun Metern Spiegeldurchmesser eingebaut wird. Dann wollen Gary Hill und sein Team einen Himmelsbereich im Großen Wagen drei Jahre lang gleichsam scannen.

    ""Wir erstellen eine Karte von einer Million Galaxien, die etwa zehn bis elf Milliarden Lichtjahre entfernt sind. Das Instrument zeigt uns, wie sich die Galaxien vor zehn bis elf Milliarden Jahren räumlich verteilt haben. Im Kosmos gibt es in der Anordnung der Galaxien ein charakteristisches Muster, das aus der Zeit kurz nach dem Urknall stammt. Dieses Muster hängt von der Art der Dunklen Energie ab und verrät uns, ob sich die Dunkle Energie im Laufe der kosmischen Geschichte verändert hat."

    Bisher haben die Astronomen mühsam nach Galaxien am Himmel gesucht und dann einzeln die Spektren aufgenommen. Daher gibt es solche Galaxienkarten zurzeit nur von recht nahen Objekten. HETDEX wird wie ein Rasenmäher den Himmel abfahren. Pro Aufnahme fällt in etwa zwei Prozent der Glasfasern tatsächlich Licht von Sternen oder Galaxien. Mit spezieller Software filtern die Forscher die fernen Galaxien aus dem Datenwust heraus – und hoffen dann auf klare Hinweise, was das Universum immer schneller auseinander treibt. Denn bisher wird über Dunkle Energie nur wild spekuliert: Manche meinen, es sei etwas, was mit dem Vakuum des Weltraums zusammenhängt, andere setzen auf eine unbekannte Teilchensorte.

    "Am interessantesten wäre, wenn sich herausstellt, dass die Schwerkraft auf großen Entfernungen etwas schwächer wirkt. Dann sähe es nur so aus, als ob irgendetwas Unbekanntes den Kosmos beschleunigt. Mit so einem Befund würden wir endlich mehr über die Schwerkraft lernen, die zwar lange bekannt ist, aber noch immer völlig unverstanden. Egal, wie die Lösung des Rätsels der Dunklen Energie auch aussieht: Wir werden etwas ganz Neues über das Universum lernen!"