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Weltraumorganisation ESA
Europas Marssonde Beagle-2 auf Fotos entdeckt

Am 1. Weihnachtstag 2003 ist Europas Raumsonde Mars Express in eine Umlaufbahn um den Roten Planeten eingeschwenkt – zeitgleich sollte die Landekapsel Beagle-2 auf der staubigen Oberfläche landen. Doch alle Versuche, Kontakt zu Beagle-2 zu bekommen, schlugen fehl. Es war völlig unklar, was mit Beagle-2 passiert ist – bis jetzt.

Dirk Lorenzen im Gespräch mit Uli Blumenthal | 16.01.2015
    Uli Blumenthal: Was ist auf den Bildern zu sehen?
    Dirk Lorenzen: Im roten Marssand ist ein helles Objekt zu erkennen, das ein wenig wie eine gerupfte Blüte aussieht: Mit einem inneren Kreis und rund herum einigen Blütenblättern. Das passt perfekt zu Beagle-2: Die Marssonde ist so groß wie ein Autoreifen und sollte nach der Landung zu allen Seiten Solarzellenflächen ausklappen. Die ganze Struktur ist kaum zwei Meter groß. Ein früher Mitarbeiter des Marsteams hat mit viel Mühe ein gut hundert Quadratkilometer großes Gebiet mithilfe von Fotos der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter abgesucht. Nun zeigen sich also Beagle-2 und einige hundert Meter entfernt der eingeschlagene Hitzeschutzschild und der abgetrennte Fallschirm.
    Blumenthal: Lässt sich damit klären, was genau mit der Landekapsel passiert ist?
    Lorenzen: Die Bilder zeigen, dass Beagle-2 den Eintritt in die Marsatmosphäre überstanden und dass der Fallschirm sich geöffnet hat und die Landung gelungen ist. Bisher war völlig unklar gewesen, was mit Beagle-2 passiert ist und es hätte auch sein können, dass die Sonde verglüht ist oder beim Aufprall zerschellt ist. Jetzt wissen die Forscher, dass Beagle-2 gut gelandet ist und sich zumindest einige Solarzellenflächen ausgeklappt haben. Womöglich war dann einfach nur die Funkanlage defekt.
    Blumenthal: Was hätte Beagle-2 auf dem Mars tun sollen?
    Lorenzen: Die Sonde sollte nach Leben suchen, heutigem wie früherem Leben. An Bord der Kapsel ist ein Greifarm, der zwei Meter tief in den Boden bohren und Proben entnehmen sollte. Das Marsmaterial wäre dann in zwölf winzigen Öfen erhitzt worden. Und das frei werdende Gas – vor allem Methan und Kohlendioxid – hätte dann im Idealfall Hinweise auf noch aktuell vorhandenes oder früheres Leben auf dem Mars erbracht. Der Name Beagle-2 ist eine Hommage an das Forschungsschiff Beagle von Charles Darwin – nur dass es bei diesem Projekt nicht um die Evolution auf der Erde, sondern um die auf Mars gehen sollte.
    Blumenthal: Gibt es eine Möglichkeit, die Landekapsel doch noch in Betrieb zu nehmen?
    Lorenzen: Nein. Es gibt keinen Funkkontakt zu Beagle-2. Zum Jahreswechsel 2003/2004 hatte man wochenlang mit Raumsonden am Mars und Radioteleskopen auf der Erde nach dem Signal des Landers gelauscht. Diese Mission ist Geschichte, auch die aktuellen Bilder geben ihr kein Happy-End.
    Blumenthal: Hat die ESA die Mission zu waghalsig geplant?
    Lorenzen: Beagle-2 hatte man sehr günstig gebaut, für nicht einmal 80 Millionen Euro. Landemissionen sind sonst gut zehnmal teurer. Die Mission war unter hohem Kosten- und Zeitdruck entstanden und lag sicher von Anfang an irgendwo zwischen tollkühn und genial. Hinterher hat die ESA so getan, als sei der Verlust vor allem dem Projektleiter Colin Pillinger von der Open University in England anzulasten, den man als etwas spleenigen Professor dargestellt hat. In der Tat war Colin Pillinger ganz positiv "Mars-verrückt" und er hat diese Mission fast im Alleingang durchgesetzt und die Mittel eingeworben. Allerdings hat die ESA vorher alle Pläne gekannt und abgenommen. Da war die einseitige Schuldzuweisung nicht gerade fair play. Colin Pillinger hat die Entdeckung von Beagle-2 leider nicht mehr erlebt – er ist im vergangenen Jahr verstorben.
    Blumenthal: Sie haben sich viel mit dieser Mission beschäftigt. Wie wichtig ist dieser Fund heute?
    Lorenzen: Es ist fast schon tragisch: Beagle-2 hat offenbar den gefährlichsten Teil der Mission gut überstanden. Nur hat dann auf dem Marsboden irgendetwas nicht funktioniert. Es ist gut, dass das Schicksal der Sonde zumindest halbwegs geklärt ist – aber es werden nun viele Seufzen, ach, es hätte so schön sein können.