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Wer soll das bezahlen?

Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, fragen sich verzweifelt die Bürgermeister der portugiesischen Städte Aveiro und Leiria. Die beiden überkommt das Grauen, wenn sie nur an ihre wunderschönen Fußballstadien denken. Bestellt hat die der portugiesische Staat - für die Fußballeuropameisterschaft 2004. Bezahlen sollen sie die Gemeinden. Doch die wissen nicht, wie.

Von Jochen Faget | 13.02.2010
    "Der Unterhalt des Stadions und der Baukredit kosten uns und 5000 Euro am Tag", klagt Leirias Bürgermeister Raúl Castro. "Obendrein stehen auch noch Wartungsarbeiten an. Wir wissen nicht, woher wir das Geld dafür nehmen sollen."

    83 Millionen Euro hat das Stadion im mittelportugiesischen Leiria gekostet. Zwei EM-Spiele haben dort stattgefunden und seit dem steht die für 23.000 Zuschauer gebaute Anlage fast immer leer. Wenn der Heimatklub 'União de Leiria' - dieses Jahr immerhin wieder in der ersten Liga - spielt, kommen höchstens 2000 Zuschauer. Ein Kongress- und Geschäftszentrum, das für die Nordkurve des Stadions geplant war, wurde aus Geldmangel nie gebaut.

    Über sieben der zehn eigens für die EM 2004 gebauten portugiesischen Stadien kreist der Pleitegeier. Allein die 'Großen Drei', Benfica und Sporting Lissabon, sowie der FC Porto haben keine Zuschauerprobleme. Im 60 Millionen teuren Algarve-Stadion dagegen wird seit 2004 kein Spitzenfußball mehr gespielt, nur der Drittliga-Klub Louletano läuft dort vor gähnend leeren Tribünen auf - bei Unterhaltskosten von drei Millionen im Jahr.

    Am schlimmsten jedoch steht es im nordportugiesischen Aveiro: Die Stadt hat wegen des Stadions knapp 50 Millionen Schulden; es wurde sogar darüber diskutiert, die ganze Anlage einzureißen. Der für das Stadion zuständige Stadtverordnete Pedro Ferreira erklärt:

    "Unser Stadion hat 30.000 Plätze, es kommen aber höchstens 1000, wenn Fußball gespielt wird. Das ist absolut sinnlos! Der Abbruchvorschlag war ein Hilferuf, der die Landespolitiker zum Nachdenken bringen sollte."

    Aveiro fühlt sich, ebenso wie die anderen Stadion-Städte, von der Zentralregierung in Lissabon mit unbezahlbaren Schuldenbergen im Stich gelassen. "Das Land hatte die Ehre und die Schlagzeilen der Europameisterschaft, wir sollen die Folgelasten tragen", schimpft Pedro Ferreira:

    "Wir haben nur Unkosten! Wir versuchen zwar, die Situation zu ändern und das Beste aus dem Stadion zu machen. Dabei hoffen wir auch auf die Hilfe unseres Heimatvereins. Aber es müssen einfach viel mehr Menschen ins Stadion kommen. Nur so wird es besser."

    Leichter gesagt, als getan: Beira Mar Aveiro spielt eher unattraktiven Fußball in der zweiten Liga und Großveranstaltungen anderer Art, die Geld bringen könnten, finden in den Stadien der Großstädte Lissabon und Porto statt. Der Stadtverordnete Ferreira ist verzweifelt:

    "Die Grundsatzfrage ist doch: Lohnt es sich, wenn der Unterhalt der Stadien so fürchterlich teuer ist, weiter Geld für etwas auszugeben, das so gut wie nicht genutzt wird?"

    Diese Frage stellt sich auch Leirias Bürgermeister Raúl Castro. Das Stadion müsse wirtschaftlich besser genutzt werden - von Fachleuten und nicht von der Gemeinde, ist seine Antwort. Darum sucht Bürgermeister Castro jetzt nach einem zahlungskräftigen Geldgeber:

    "Wir müssen sehen, ob es einen Investor gibt, der Geld und Know-how in das Stadion und den Verein einbringen kann. Nur so kommen wir aus diesem Teufelskreis heraus."

    Bis jetzt allerdings hat sich weder für das Stadion von Aveiro noch für das von Leiria ein Retter gefunden. Sechs Jahre nach der portugiesischen Fußball-Europameisterschaft lautet dort die traurige Bilanz: Außer Spesen nichts gewesen.