Montag, 29. April 2024

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Werbeboykott bei Facebook
Ein Warnschuss, der wehtut

Seit Jahren steht Facebook wegen der Verbreitung von Rassismus, Hatespeech und verschwörerischen Ideologien auf seinen Plattformen in der Kritik. Geändert hat sich nicht viel. In den USA schalten deshalb mehr als neunzig große Unternehmen aktuell keine Werbung auf Facebook - das möglicherweise einzige Druckmittel, kommentiert Marcus Schuler.

Ein Kommentar von Marcus Schuler | 29.06.2020
Mitarbeiter sitzen in einem Büro von Facebook
Auch in Deutschland betreibt Facebook ein sogenanntes Löschzentrum, hier ein Bild von 2017, nach der Eröffnung des Büros (picture alliance / Soeren Stache/dpa)
Das einzige Druckmittel auf Facebook scheint das Geld zu sein. Wenn die Umsätze plötzlich zurückgehen, dann merkt das auch Mark Zuckerberg. 53 Milliarden Euro - soviel hat sein Konzern allein am vergangenen Freitag an Börsenwert eingebüst. Am Hungertuch müssen die Facebook-Angestellten in Menlo Park deswegen noch lange nicht nagen. Der Konzern ist mehr als 550 Milliarden Euro wert.
Aber immerhin: Zum ersten Mal gibt es einen Warnschuss, der wehtut. Denn Firmen und Marketing-Industrie in den USA sagen: Wir wollen unsere Werbung nicht neben Inhalten schlimmster Rassisten oder völlig verblendeter Verschwörungstheoretiker sehen. Jetzt wird spannend, ob sich auch europäische Unternehmen der Kampagne anschließen.
Auch die US-Politik hat versagt
Mark Zuckerberg gibt sich, wie immer, uneinsichtig. Er kündigt zwar, wie immer, Verbesserung an, aber man traut ihm einfach nicht mehr. Das einstige Wunderkind hat das Vertrauen schon lange verspielt. Es ist aber auch unfair, nur Facebook-Bashing zu betreiben. Die US-Politik hat auf diesem Feld schon vor vielen Jahren versagt. Sie hätten endlich Regeln schaffen müssen, die für alle Online-Plattformen aus dem Silicon Valley gleichermaßen gelten. Egal, ob sie jetzt Facebook, Twitter oder YouTube heißen.
Während man bei Twitter und der Google Tochter YouTube einsieht, Posting mit Hassbotschaften und Fake News zu markieren oder sogar auszublenden, selbst wenn sie von einem US-Präsidenten stammen, ist von dieser Einsicht ein Mark Zuckerberg aber noch weit entfernt.