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Werkstatt Europa: Umweltzonen, Feinstaubplaketten, Dieselrußfilter

Am 1. Januar 2005 wurden neue Luftreinhaltewerte für Feinstaub verbindlich. Viele Städte und Gemeinden waren darauf allerdings nicht vorbereitet. Sie hatten keinen Aktionsplan in der Schublade. Das Europaparlament hatte daraufhin im Sommer des vergangenen Jahres die Feinstaub-Richtlinie abgeschwächt und die Fristen zur Einhaltung der Grenzwerte verlängert. In Deutschland sind nun am 1. März erste Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation in Kraft getreten.

Von Günter Hetzke |
    "Die Lösung ist richtig, allerdings die Umsetzung ist nicht konsequent!"

    So die Beurteilung von Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, zur Einführung von Umweltzonen und Feinstaubplaketten. Dieser Verband war der erste, der von Anfang an auf die mangelnde Umsetzung der EU-Feinstaubrichtlinie bei den Städten und Gemeinden hingewiesen hatte und auch bis heute nicht nachgelassen hat, zu mahnen und anzuklagen:

    "Wir brauchen tatsächlich für die Innenstadtbereiche Umweltzonen. Aber die Umsetzung in Deutschland ist sehr stark von der Autoindustrie beeinflusst worden. Wir fangen sehr zaghaft an. Es werden im Moment vielleicht fünf bis sechs Prozent der zugelassenen Pkw ausgesperrt. Und wir zweifeln, ob diese Maßnahmen in den ersten Jahren ausreichen werden, um die Feinstaubbelastung wirklich runter zu fahren."

    So die Prognose von Jürgen Resch. Welche Fahrzeuge bei der Einrichtung von Umweltzonen mit Sicherheit ausgesperrt werden, erläutert Hans-Ulrich Sander, Kraftfahrtexperte des TÜV Rheinland:

    "Wenn wir jetzt von Pkw sprechen, können wir sagen: Bei einem Benzinmotor bekommt alles, was schlechter ist als Euro 1 keine Plakette und beim Diesel alles das, was schlechter ist als Euro 2. "

    Alle anderen können durch einen Blick in ihren Fahrzeugschein erkennen, ob sie nun eine rote, eine gelbe oder eine grüne Plakette bekommen. In den alten Fahrzeugescheinen sind es unter Ziffer 1 die beiden letzten Nummern. In den neuen Fahrzeugdokumenten sind es ebenfalls die letzten beiden Ziffern unter dem Punkt 14.1. Und es gibt auch noch die Klartextbeschreibung, in der die Euro-Abgasnormen ausgeschrieben stehen. Grundsätzlich, so Hans-Ulrich Sander, gibt es bei jeder Regelung Ausnahmen, so auch hier:

    "So haben wir die Schwerbehinderten, die außergewöhnlich gehbehindert sind, die blind oder die hilflos sind. Die sind ausgenommen. Genauso die zwei- und dreirädrigen Fahrzeuge, wie auch Fahrzeuge, die nach Paragraph 35 Sonderrechte in Anspruch nehmen können, also mit Blaulicht fahren, wie Polizei, Feuerwehr oder Rettungswagen. "

    Noch gibt es keine Umweltzonen, aber, so Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe:

    "Nach der Planung der Städte in Deutschland geht es teilweise schon in der zweiten Jahreshälfte los, richtig aber erst im Jahr 2008. Aber richtig los in Europa geht es schon früher. Wir haben andere angrenzende Staaten, wie die Niederlande oder auch Italien, die zum Teil bereits seit Jahren dieses System praktizieren. Und das sind Maßnahmen, die natürlich auch die deutschen Autofahrer treffen werden, wenn sie nun ins Ausland fahren. Deshalb können wir jedem nur empfehlen, sich sehr schnell eine Plakette zu beschaffen - und hoffentlich ist es eine grüne. Und hoffentlich hat man über die grüne Plakette hinaus, wenn man Dieselbesitzer ist, dann auch noch einen Partikelfilter an Bord."

    Die Botschaft scheint bereits Gehör zu finden, so Hans-Ulrich Sander vom TÜV-Rheinland:

    "Die Nachfrage ist gut im Moment. Das Preisverhältnis der Plakette ist relativ gering, bezogen auf das Auto, und deshalb, bevor die Leute da in Schwierigkeiten kommen und auf einmal vor einem Verbotsschild stehen, kaufen sie lieber eine Plakette."

    Außerdem können Autobesitzer die Einordnung nachträglich verbessern:

    "Bei Dieselfahrzeugen haben wir sicherlich die Möglichkeiten , mit einem Partikelfilter die Feinstaubklasse zu verbessern. Wir haben sicherlich auch beim Benziner, also im Otto-Motoren-Bereich, Möglichkeiten der Nachrüstung bei älteren Fahrzeugen, die durch relativ kleine, preisgünstige Eingriffe dann einen besseren Emissionsschlüssel bekommen und dadurch auch in die Vergabekriterien der Feinstaubplakette fallen. "

    Beim Dieselpartikelfilter liegen die Kosten bei rund 700 Euro, so der TÜV-Rheinland, plus Werkstattkosten. Die Anschaffung wird staatlich gefördert. Und, so Hans-Ulrich Sander:

    "Die Anzahl der Systeme, die angeboten werden, wird sich sicherlich in Zukunft noch ausweiten, weil wir ja erst am Anfang des Themas stehen."

    Auch die Deutsche Umwelthilfe plädiert für einen nachträglichen Einbau, nicht nur aus Umweltschutzgründen, so Jürgen Resch:

    "Wir können jedem nur empfehlen, dieses Signal für sich aufzugreifen und einen alten Dieselwagen nachzurüsten mit einem solchen Partikelfilter. Es ist ja nicht nur, dass man etwas Gutes tut für die Atemluft und sich die Mobilität erhält. Der Wiederverkaufswert eines solchen Autos ist einfach deutlich höher, als wenn es nur ein Dieselstinker ist."

    Außerdem könnten Umweltzonen möglicherweise schneller eingerichtet werden, als bisher gedacht. Ende März entscheidet nämlich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber, ob Bürger einen einklagbaren Anspruch auf saubere Luft haben. Sollte das der Fall sein, dann werden die neuen Regeln sicherlich zügiger umgesetzt, als bisher geplant.