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Wieviel muss ein Professor verdienen?

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die W2-Besoldung für Professoren, die seit 2005 gültig ist, verfassungswidrig ist. Geklagt hatte ein Chemiker, denn im Vergleich zur vorher geltenden C-Besoldung, wurde das Grundgehalt in der neuen W-Besoldung abgesenkt.

Von Michael Brandt | 14.02.2012
    Der heutige Tag ist ein guter Tag für den Hochschulstandort Deutschland, sagt Prof. Bernhard Kempen vom Deutschen Hochschulverband:

    "Das ist ein sehr guter Tag für die deutsche Wissenschaft, denn jetzt ist klar geworden, dass sich wissenschaftliches Forschen wieder lohnen wird. Es ist zwar noch weit entfernt, mit den Marktgesetzlichkeiten in der Wirtschaft Schritt zu halten. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Für junge Menschen heißt das: Meine Arbeit lohnt sich wenigstens ein bisschen mehr."

    Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die W2-Besoldung für Professoren, die seit 2005 gültig ist, verfassungswidrig ist. Geklagt hatte der Marburger Chemiker Berhard Roling, denn im Vergleich zur vorher geltenden C-Besoldung, nach der noch immer viele Professoren bezahlt werden, wurde das Grundgehalt in der neuen W-Besoldung um etwa 25 Prozent abgesenkt. Die so frei werdenden Mittel sollten den Universitäten die Möglichkeit geben, Leistungsanreize zu schaffen.

    Zumindest in der heutigen Form widerspricht das aber dem Grundgesetz, so das Verfassungsgericht heute. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle:

    "Eine Gesamtbetrachtung der für die Bestimmung der Besoldungshöhe maßgeblichen Kriterien ergibt, dass die gewährte Besoldung evident unzureichend ist. In der Besoldungsgruppe W2 sind die Grundgehaltsbezüge unangemessen. Und das wird durch die Leistungsbezüge nicht kompensiert."

    Zwar sagt das Gericht, dass Leistungsanreize bei der Besoldung auch in Hochschulen in Ordnung seien, aber sie dürften nicht dazu führen, dass das Grundgehalt so weit abgesenkt wird, dass gegen das so genannte Alimentationsprinzip für Beamte verstoßen wird. Dieses Alimentationsprinzip besagt, dass Beamte angemessen bezahlt werden müssen. Und das Bundesverfassungsgericht präzisierte heute, dass dabei drei Faktoren berücksichtigt werden müssen: Die Ausbildung, die Verantwortung und die Beanspruchung eines Beamten. Andreas Voßkuhle:

    "Zur Beanspruchung des Inhabers eines Professorenamtes gehört es insbesondere, dass er für die Ausbildung der Nachwuchskräfte in akademischen Berufen Sorge trägt, die eines Tages ihrerseits anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgaben wahrnehmen sollen. Dies spricht dafür, dass das den Professoren zugeordnete Grundgehalt nicht im unteren Bereich der Bezüge des höheren Dienstes liegen darf."

    Denn genau so ist es in Hessen im Augenblick noch. Das Grundgehalt eines W2-Professors ist etwa so hoch wie das eines Studienrates. Das Verfassungsgericht hat nun entscheiden, dass die W2-Besoldung bis zum Beginn des nächsten Jahres abgeschafft werden muss.

    Daraus folgert Prof. Nicolai Müller-Bromley vom Hochschullehrerbund, der die Klage des Marburgers Chemikers unterstützt hatte:

    "Es muss auf jeden Fall mehr Geld ins System. Wir brauchen eine komplette Neukonzeption in einer erstaunlich kurzen Frist bis Ende des Jahres. Das ist es, was mich am Meisten überrascht bei dieser Entscheidung. Darüber werden wir jetzt reden müssen."

    Nach Auffassung von Bernhard Kempen vom Deutschen Hochschulverband hat der Gesetzgeber, also die Parlamente des Bundes und der Länder, jetzt zwei Möglichkeiten, um die Bezahlung der Professoren zu verbessern:

    "Der Gesetzgeber ist jetzt in der Pflicht, im Grundgehalt etwas draufzulegen, und zwar ordentlich und gleichzeitig ist er aufgefordert, transparente, berechenbare und verlässliche Verfahren zu erstellen, damit Leistungsanteile dann auch wirklich adäquat zur Verfügung gestellt werden können."

    Verliererin des heutigen Tages ist die hessische Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann. Während des mündlichen Verfahrens war der Vertreter des Landes Hessen noch fest davon überzeugt, dass die W2-Besoldung verfassungskonform ist, jetzt erklärte Kühne-Hörmann, dass es für eine Änderung der Besoldung zwei Möglichkeiten gebe:

    "Das eine wäre, mehr auf das Grundgehalt zu gehen. Das andere wäre, den Leistungsanteil zu behalten, aber so auszugestalten, dass es nicht unter eine Grenze fällt, die dazu führt, dass dem Alimentationsprinzip nicht mehr genüge getan wird."

    Zwar ging es bei dem heutigen Urteil um einen Fall aus Hessen, das bei der Professorenbesoldung im Mittelfeld liegt, jedoch gehen Beobachter davon aus, dass nach dem Urteil auch die Besoldungsordnungen in den andern Ländern und im Bund angepasst werden müssen.