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Winterspiele Oslo 1952

Am 14. Februar 1952, vor genau 60 Jahren, wurden die 6. Olympischen Winterspiele in Oslo eröffnet. Die Spiele waren noch erheblich kleiner dimensioniert als heute: In sechs Sportarten standen insgesamt 22 Entscheidungen an. Dennoch waren die Spiele etwas besonderes: Denn erstmals nach dem Krieg durften auch deutsche Athleten wieder mitmachen.

Von Gerd Michalek | 18.02.2012
    Heutzutage sind deutsche Sportler gern gesehene Wettkämpfer bei internationalen Meisterschaften. 1952 jedoch gab es noch erhebliche Vorbehalte. Der zweite Weltkrieg war noch keine sieben Jahre vergangen. Erst im Mai 1951 hatte das IOC das Nationale Olympische Komitee der Bundesrepublik Deutschland wieder als Mitglied aufgenommen. Dazu der Kölner Sporthistoriker Karl Lennartz:

    "Es gab eine lange Diskussion, ob Deutschland überhaupt an den Olympischen Winterspielen teilnehmen sollte. Man hat Zunächst gesagt: ‘Ihr könntet in Helsinki bei den Olympischen Sommerspielen 1952 starten.’ Das lag daran, dass die deutsche Armee, und entsprechende nationalsozialistische Verbände, am Ende des Krieges in Norwegen sehr viele Geiseln erschossen hatten und das eine lange Nachwirkung in Norwegen hatte. Dann hat das norwegisches NOK gesagt: Die Sportler können kommen.Nach dem Willen des IOC sollte eine gesamtdeutsche Mannschaft antreten, was die DDR jedoch ablehnte. So traten nur west-deutsche Sportler an."

    In den nordischen Disziplinen konnten weder Deutsche noch andere Mitteleuropäer mithalten. Es dominierten wie erwartet die Skandinavier Langlauf und Skisprung. Mehr als 100.000 Menschen fieberten am Holmenkollen mit, als die Norweger im Sprunglauf den sechsten Olympiasieg in Folge verbuchten. Aus deutscher Sicht lief es im alpinen Skilauf erfreulich: Die Allgäuerin Ossi Reichert holte Silber im Slalom. Dort wie überall im Wintersport ging es noch nicht um Prämien und Sponsoren:

    "Das waren reine Amateure, die für ihren Sport noch selbst bezahlt haben, ihre Geräte selbst gekauft haben. Profisportler - so etwas war unmöglich. Vielleicht mit einer kleinen Ausnahme. Die Eiskunstläufer, die sind zum Teil nach ihrer Karriere in die Eislauf-Shows gegangen, Hollywood on Ice und ähnliches und sind dann ein paar Jahr gelaufen."

    Im Eiskunstlauf stellte die Bundesrepublik durchaus ein Paar mit Sieg-Chancen, Ria und Paul Falk. Die siebenfachen deutschen Meister aus Dortmund waren 1951 bereits Weltmeister geworden. Später gingen beide zur Eisrevue "Holiday on Ice". In Oslo schließlich gewann das deutsche Paar, das niemals einen Wettkampf verloren hatte, die Goldmedaille!

    Noch einmal wird das Schwarz-Rot-Gold der Bundesrepublik am Siegermast emporsteigen. Das Ehepaar Falk ist hinüber gegangen zum Olympischen Podest... Ria Falk steht jetzt auf der höchsten Stufe. (Applaus) ...So klatscht Oslo unseren Sportlern zu!"
    An diesen Tag kann sich Paul Falk noch heute genau erinnern!

    "Das war natürlich so ungeheuer für uns, die wir ja die letzte Chance eigentlich hatten. Wir sind ja Leute gewesen, die schon Anfang des Krieges Topleistungen gebracht haben. Wir haben dann ganz geschickt die anderthalb Drehungen so gemacht, dass die aussahen wie zweifache. Wir haben immer für uns allein trainiert, dass wir als absolute Überraschung an dem Abend dastanden."

    Auch in der Bobbahn gab es deutsche Sieger: die legendären Schwergewichte Anderl Ostler und Lorenz Nieberl holten Gold im Zweierbob. Danach stiegen sie mit Friedrich Kuhn und Franz Kemser in den Viererbob. (Live-Kommentar)

    "Atemlos stehe ich am Start, der Bob für Deutschland Eins ist klar, Kemser schiebt den Schlitten noch etwas hin und her, die beiden Schwergewichte Nieberl und Kuhn stehen zu beiden Seiten, laufen an, Kuhn sitzt auf, jetzt Nieberl, jetzt Kemser und noch ein Bobstoß, das ist die entscheidende Fahrt. Jetzt geht es um knapp eine Sekunde!"

    Am Ende kam der deutsche Bob vor den USA ins Ziel. Damals wurde noch nicht um Hundertstel gerungen. Eine Sekunde Vorsprung galt als knappe Entscheidung! So der Sieger Anderl Ostler.

    "Und ein harter Kampf, wenn man den gewinnt, ist immer schöner, wie wenn man einen großen Vorsprung hat!"

    Verständlicherweise gefiel es der Bob-Konkurrenz gar nicht, dass Schwergewichte den Eiskanal dominierten. Die siegreichen Vier sollen zusammen 472 Kilogramm gewogen haben! Daher wurde nach den Olympischen Spielen ein Gewichtslimit von 420 Kilogramm - ohne Bob-Schlitten - beschlossen.