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Wissenschaftspapier
"Es muss eine institutionelle Strategie geben"

Der Wissenschaftsrat berät in Halle über das Positionspapier "Strategie für die Lehre", das Anfang nächster Woche veröffentlicht werden soll. Eines der Ziele sei, die Grundfinanzierung an den Hochschulen zu verbessern, sagte Martina Brockmeier, Vorsitzende des Wissenschaftsrates, im DLF.

Martina Brockmeier im Gespräch mit Regina Brinkmann |
    Studenten an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen verfolgen am Mittwoch (12.04.2006) eine Vorlesung im Fach Maschinenbau. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat haben im Rahmen der Exzellenzinitiative die RWTH Aachen auf ihre Liste der Elite-Unive.
    Ein Hörssal an der RWTH in Aachen (Oliver Berg / dpa)
    Regina Brinkmann: Eigentlich kann man der Bildungspolitik ja nicht vorwerfen, so gar nichts für die Lehrer an den Hochschulen zu tun. Seit 2011 gibt es etwa den Qualitätspakt Lehre von Bund und Ländern. Bis 2020 fließen immerhin zwei Milliarden Euro in Projekte, die das Ziel haben, Lehre zu verbessern. Doch eine wirkliche Veränderung ist damit wohl nicht zu erreichen. Zu dieser etwas ernüchternden Erkenntnis kam jüngst Manfred Prenzel, der in einem "Zeit"-Interview anmerkte, da sind schöne Pflänzchen gewachsen, aber einen großen Effekt in der Fläche gebe es nicht. Prenzel war bis Ende Januar Vorsitzender des Wissenschaftsrates und hat an einem Strategiepapier zur Verbesserung der Lehre mitgearbeitet, das aktuell bei der Sitzung dieses Beratungsgremiums in Halle diskutiert wird. Dort erreiche ich die aktuelle Vorsitzende Martina Brockmeier. Frau Brockmeier, Ihr Vorgänger Manfred Prenzel hat auch eine Art deutsche Lehrgemeinschaft ins Gespräch gebracht. Wie konkret sind da Ihre Empfehlungen an die Politik inzwischen gediehen?
    Martina Brockmeier: Also in dem Papier "Strategien für die Lehre" haben wir verschiedene Empfehlungen gegeben, die sich natürlich auch auf die zuletzt von Ihnen genannte Organisation beziehen. Ich würde aber gerne generell doch vielleicht erst mal die anderen Sachen kurz ins Gespräch bringen und darüber sprechen, dass wir an zwei Dingen ganz wichtige Entwicklungen sehen: Einmal in der Grundfinanzierung, die wichtigerweise auch verbessert werden sollte, um ein besseres Fundament für die Weiterentwicklung zu bilden, also Lehre in der Langfristigkeit auch weiterentwickeln zu können an den Hochschulen, und darüber hinaus aber auch sehen, dass wir für innovative Lehrkonzepte und für weitere Entwicklungen im Bereich der Lehre etwas brauchen, was eine Fristigkeit hat, also Projekte, die befristet sind, aber dauerhaft Geld dafür zur Verfügung steht, um diese Weiterentwicklung in die Zukunft hinein zu machen. Letzteres würde sich auf diese Organisation beziehen. Nichtsdestotrotz haben wir hier einen Prüfauftrag, der in dem Papier auch so festgehalten wurde.
    Brinkmann: Das heißt, was können Sie jetzt schon konkret da zu dieser Einrichtung sagen, die Ihnen da vorschwebt?
    Brockmeier: Diese Einrichtung – so hatten wir ja ursprünglich auch in dem Papier angelegt – sollte genau diese befristeten Projekte auf Dauer tatsächlich auch gefördert werden. Wir haben jetzt hier beschlossen, dass es einen Prüfauftrag dafür gibt, dass also man schaut, inwieweit man die Möglichkeit hat, in eine Organisation Derartiges anzulegen, und welche Maßnahmen dort reinkommen. Wichtig ist vielleicht noch zu erwähnen, dass in dem Papier selbst auch angesiedelt war, dass eine Organisation nicht nur fördern soll. Sie müssen sich vorstellen, dass es ja schon ganz viele interessante und wichtige Konzepte in der Lehre gibt, die aber vielleicht gar nicht so bekannt sind, und irgendwo müssen die auch bekannt gemacht werden, ausgetauscht werden und vielleicht auch auf einem höheren Niveau dann, um dort zu starten, um Lehre quasi kompatibel miteinander, mit diesen Konzepten zu verschränken und unter verschiedenen Hochschulen diese Konzepte auszutauschen. Auch das könnte so eine Organisation machen.
    "Grundfinanzierung an den Hochschulen tatsächlich verbessern"
    Brinkmann: Ich höre jetzt schon aber trotzdem viele Hochschullehrer klagen, wenn sie von so einer Institution hören, die vielleicht der Deutschen Forschungsgemeinschaft etwas vielleicht gleichkommt, die dann sagen, jetzt müssen wir noch mehr Anträge ausfüllen, um die dringend benötigten Drittmittel dann vielleicht auch noch für bessere Lehre zu bekommen, und da bleibt dann doch auch nicht mehr viel Zeit für gute Lehre. Also wie müsste man das angehen?
    Brockmeier: Ich habe es ja eben schon … Ich würde gerne erst mal diese Klagen … Dazu kann ich nichts sagen, weil sie mir in dieser Form nicht bekannt sind. Sie sind in den Medien ja geäußert worden an verschiedenen Stellen. Nichtsdestotrotz würde ich noch mal auf das zurückkommen, was ich eben gesagt habe. Wir haben grundsätzlich dafür ein Votum gehabt, dass wir die Grundfinanzierung an den Hochschulen tatsächlich auch verbessern und diese dann auch in die Lehre fließt, um langfristig eine bessere Entwicklung der Lehre zu haben. Das ist der eine Punkt. Die würden nicht wettbewerblich vergeben und auch nicht in einem Antragsverfahren vergeben. Der zweite Punkt ist, dass wenn Sie dann darüber hinaus erwarten, dass Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen vielleicht auch mal ganz innovative Konzepte, Curricula-Entwicklungen, tolle neue Sachen in diese Dinge einbringen und jemand auch sich in diesem Bereich engagiert, dann kann man das wettbewerblich machen, und so war der ursprüngliche Gedanke, es in projektförmigen, kleinen Projekten in dieser Form zu organisieren, dann aber auch bekannt zu machen, damit andere eben Kenntnis von diesen Projekten haben und sie auch weiter genutzt werden können, also zum Besten des gesamten Systems eingesetzt werden können.
    Brinkmann: Es ist ja auch nicht immer nur eine Sache des Geldes und der Projekte, auch eine Sache der Hochschulleitungen, wie stark sie sich für die Lehrer engagieren und einsetzen. Was muss an den Hochschulen passieren, damit die Lehre eine höhere Reputation und Verbindlichkeit erfährt?
    Brockmeier: Also hier hat das Papier sich ja auch zu geäußert. Es hat argumentiert oder wir haben argumentiert, dass es eine institutionelle Strategie geben muss, die sich auch zum Beispiel verbindliche Grundsätze gibt, wie zum Beispiel, wir haben es Lehrverfassung genannt, als eines der Beispiele, was man nehmen könnte. Lehrprofile dann auf Fachbereichsebene oder Studiengangsebene, und dann auch Strategien, Ziele und Maßnahmen, die man in so einer Situation einsetzen könnte, und da muss ich natürlich auch die Hochschulleitung hinterstellen und in dem Sinne dann Lehre weiterentwickeln. Das gilt nicht nur für Lehrer alleine, sondern man muss das in die Gesamtstrategie der Universität einbauen – dazu gehört Forschung, dazu gehört Transfer, dazu gehören verschiedene Dimensionen der Forschung und der Leistungsdimension an den Hochschulen, und so könnte ich mir vorstellen, dass das eingebettet wird, und das Papier hat auch in diese Richtung argumentiert.
    Brinkmann: Sagt Martina Brockmeier, sie ist Vorsitzende des Wissenschaftsrates der Bildungspolitiker von Bund und Ländern, berät, wie sie die Lehre an Hochschulen verbessern können. Frau Brockmeier, vielen Dank für das Gespräch!
    Brockmeier: Vielen Dank, Frau Brinkmann!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.