WM-Stimmung
Ein Traum in grün und gelb

In Brasilien sind die Zustimmungswerte für die WM immer noch im Keller. Ladenbesitzer Jefferson bleibt deshalb auf seinen Fan-Artikeln sitzen. Für ihn ist alles ein psychologischer Teufelskreis.

Reese, Jonas |
    Ladenbesitzer Jefferson in Sao Paulo in WM-Stimmung
    Ladenbesitzer Jefferson in Sao Paulo in WM-Stimmung (Ladenbesitzer Jefferson in Sao Paulo in WM-Stimmung)
    Nur jeder Zweite freut sich auf die WM, so heißt es in verschiedenen Umfragen in Brasilien derzeit. Die ganzen Querelen in der Vorbereitung, die Geldverschwendung bei den Stadien (insgesamt sieben), die Bevormundung der Fifa, all das lässt keine echte Vorfreude aufkommen. Das merkt auch Jefferson in seinem Laden. Eigentlich verkauft er Porzellan aus Asien. Aber für die WM hat er die Hälfte seines Geschäfts in der Rua Turiassú in Sao Paulo freigeräumt für WM-Artikel: Fahnen in allen Größen, Perücken, Haarreifen, Konfettibomben, Tröten zum Reinpusten, Tröten zum Pumpen, Schellenkränze mit Tröte, Sitzkissen, Armbänder, Halsketten, Sonnenbrillen, Luftballons, Tassen. Alles in den Nationalfarben gelb-grün. Alles "Made in China".
    Die Fahnen verkaufen sich am besten, doch insgesamt läuft das Geschäft mit den Fan-Artikeln schleppend. "Eigentlich verkaufe ich genauso viel wie vor vier Jahren vor der WM in Südafrika.", sagt Jefferson. Dabei hatte er sich durch die Heim-WM viel mehr ausgerechnet. Ein Drittel mehr Umsatz, sagt er. Eine Studie der Agentur Efe hatte noch Mitte Mai 15 Prozent mehr Verkäufe von Fan-Artikeln prognostiziert als 2010. Es ist ein Teufelskreis sagt Jefferson: "Momentan traut sich auch niemand eine Fahne ans Auto zu hängen oder an den Balkon, weil man Angst vor den Nachbarn hat. Die gucken einen dann schief an, denken viele." Insofern erwartet Jefferson, dass es eigentlich nur ein gutes Eröffnungsspiel benötigt, bis sich niemand mehr zurückhalten kann und die Stimmung so ist wie immer während einer WM.
    In Brasilien sind die Menschen offenbar derzeit generell unzufrieden. Eine Studie des Pew-Research-Centers in den USA hat herausgefunden, dass 72 Prozent der Brasilianer mit der gegenwärtigen Situation nicht einverstanden sind. Vor vier Jahren waren es nur 49 Prozent. In jenem Jahr war Dilma Rousseff zur Präsidentin des Landes gewählt worden. Sie tritt im kommenden Herbst zur Wiederwahl an. Ladenbesitzer Jefferson sagt deshalb: "Eigentlich hoffe ich, dass Brasilien Weltmeister wird. Und wenn nicht, wird Dilma sicher nicht die Wahl gewinnen. Das wäre auch gut."