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Wohin steuert Syrien?

Mit dem jetzigen syrischen Präsidenten Bashar Al Assad hat die moderne Technik in Syrien Einzug gehalten: Durch Handys, Internet und Satellitenschüsseln kann sich jeder jede Information besorgen und auch seine Meinung äußern. Doch manchen geht es zu langsam voran. Die Opposition vermutet eine Hinhaltetaktik der regierenden Baath-Partei, die niemals wirklich die Macht aus den Händen geben wolle.

Von Manuela Römer | 15.07.2005
    Der Sänger Amor Diab ist beliebt bei den syrischen Jugendlichen. Seine Lieder schallen aus den Internet-Cafés, die die jungen Leute nicht nur in der Hauptstadt Damaskus besuchen. Amor Diab singt von der Liebe – das Thema schlechthin in der arabischen Welt. Doch auch die Politik ist für viele junge Syrer ein Thema. Die meisten von ihnen sind erstaunlich gut informiert – und einige engagieren sich auch. Der 23 Jahre alte Jurastudent Mohammed zum Beispiel. Er wurde an dem Tag zum politischen Aktivisten, als sein Vater, der Journalist und Regimekritiker, Ali Al Abdullah, verhaftet wurde. Auf einem Protestmarsch der Opposition Anfang des Monats heizt Mohammed die Sprechchöre an.

    Die Menschen fordern Freiheit. "Wir haben genug von den Festnahmen", rufen sie. Anlass der Demonstration: die Schließung des letzten politischen Salons, des so genannten Atassi-Forums. Jeden Monat hatten sich dort Oppositionelle verschiedener politischer Strömungen getroffen, um zu diskutieren. Darunter Kommunisten, Sozialisten, gemäßigte Muslime, Menschenrechtler, Kurden und andere. Bei einem Treffen im Mai hatte der Vater von Jurastudent Mohammed, Ali Al Abdullah, im Forum eine E-Mail der Muslimbrüder verlesen. Die Muslimbrüder, eine islamistische Gruppierung, sind in Syrien verboten. Und so nahm die Regierung die E-Mail zum Anlass, den politischen Salon dicht zu machen.

    " Die Macht der Regierung ist enorm, sie verfügt über einen mächtigen Geheimdienst. Und da hat sie Angst vor einem Stück Papier? Das ist doch ein Witz, das ist Theater. Ali Al Abdullah ist kein Mitglied der Muslimbrüder, noch steht er ihnen nahe. Es ist das erste Mal, dass die Opposition etwas diskutiert, das mit den Muslimbrüdern zu tun hat. Aber das ist für die Regierung in Syrien eine "rote Linie". "

    Muzn Al Atassi gehört zu der Familie, die das Atassi-Forum gegründet hat. Sie ist stolz auf ihre Vorfahren, unter denen auch drei Vorgänger des jetzigen Präsidenten Bashar Al Assad waren. Seit fünf Jahren ist Bashar, der Sohn des langjährigen Staatsoberhauptes Hafiz al Assad, im Amt. In dieser Zeit bekam das Atassi-Forum immer wieder Probleme, denn offiziell erlaubt wurde es nie. Aber Bashar duldete es zumindest, da es einen wichtigen Teil der Gesellschaft repräsentiert. Jetzt hat der politische Geheimdienst es verboten. Dabei soll in Syrien demnächst ein Gesetz erlassen werden, dass es auch der Opposition erlaubt, politische Parteien zu gründen. Allerdings garantiert die Verfassung der regierenden Baath-Partei den Führungsanspruch. Die Baath, die nicht zu verwechseln ist mit dem verfeindeten irakischen Flügel unter Saddam Hussein, will Reformen daher auch nur in Maßen.

    Wie weit die gehen werden – und ob sie den Namen "Reform" verdienen, darüber gehen die Ansichten auseinander:

    " Leute, die glauben, dass diese Partei zu Reformen fähig ist, leben auf dem Mars. Sie verstehen die Realitäten hier auf der Erde nicht. Die Baath-Partei ist eine total schrottreife Partei mit einer Führung, die aus dem Mittelalter kommt. Sie haben nicht die richtige Vision, das richtige Weltbild. Das ist so, als wenn man von jemandem, der noch nicht mal die 6. Klasse in der Schule abgeschlossen hat, fordern würde, eine Prüfung zum Thema Relativitätstheorie zu absolvieren. Um ehrlich zu sein, das ganze Regime ist ein hoffnungsloser Fall. "
    Ammar Abdulhamid hat in den USA studiert und betreibt in Damaskus ein illegales Institut für Minderheiten in der arabischen Welt. Der Enddreißiger lässt keinen Zweifel daran, dass er sich auf eine Post-Baath-Ära vorbereitet. Im Ernstfall selbst eine führende Rolle zu übernehmen, das kann er sich allerdings momentan nicht vorstellen. Er sei, sagt er, zu "amerikanisiert", um für seine Landsleute glaubwürdig zu sein. Anders ist es mit Vertretern der Generation vor ihm, die den Widerstand schon über Jahrzehnte getragen haben. Zuerst kämpften sie für einen Systemwechsel und zuletzt für den Systemwandel. Einer der auch im Ausland bekannteren Akteure ist der ehemalige Leninist Michel Kilo. Gerade erst hat er in Damaskus ein – ebenfalls illegales – Institut zur Überwachung der Pressefreiheit gegründet. Wie viele seiner Altersgenossen musste auch er seine politischen Aktivitäten mit mehreren Jahren Gefängnis bezahlen.
    Heute hat er seinen Enkel auf dem Schoß, in seiner Wohnung außerhalb der Altstadt, zwischen dem Geheimdienst der Luftwaffe, einem französischen Krankenhaus und der Ferdus-Moschee.

    " Ich glaube, dass das Regime jetzt am Ende ist, und dass es ausgeschlossen ist, ein solches Regime zu retten. Mal ganz davon abgesehen, ob die Opposition stark ist oder nicht. Das Regime selbst funktioniert einfach nicht mehr. Es kann die Krisen nicht mehr lösen. Es gibt eine soziale Krise, eine wirtschaftliche Krise, zum ersten Mal diese politische Krise, es gibt eine Krise der Generationen, es gibt eine Krise im Justizwesen, eine im Informationswesen, eine im Erziehungswesen und die größte Krise des Landes ist, dass es Millionen Arbeitslose gibt. "
    Die Arbeitslosenquote in Syrien wird auf 15 – 30 Prozent geschätzt, und jährlich drängen hunderttausende neue Schul- und Studienabgänger auf den Arbeitsmarkt. Das monatliche Durchschnittseinkommen derjenigen, die Arbeit haben, beträgt weniger als 100 Euro. Dennoch: mit Bashar hat die moderne Technik in Syrien Einzug gehalten. Durch Handys, Internet und Satellitenschüsseln kann sich jeder jede Information besorgen und auch seine Meinung äußern – bis an die Grenzen der roten Linien.

    Doch manchen geht es zu langsam voran, oder sie vermuten gar eine Hinhaltetaktik, die niemals wirklich Demokratie bringen wird. Doch während Kritiker wie Michel Kilo und Ammar Abdulhamid dem Baath-System wenig Überlebenschancen einräumen, versucht sich das Regime gerade neu zu erfinden. Anfang Juni: Die Baath-Partei organisiert einen Parteitag, der schon im Vorfeld als historisch bezeichnet wird. Er soll das Regime, das unter immensem internationalen Druck steht, festigen und einigen. Das staatliche Radio sendet schon tagelang Expertengespräche, bevor es überhaupt losgeht.
    Was am Ende des Parteitags beschlossen wird, ist eine grobe Strategie, das sind nicht mehr als Empfehlungen: die Baath-Partei will die Macht der Geheimdienste einschränken, die Notstandsgesetze lockern, Partei und Staat trennen und neue Parteien zulassen – wenn sie sich nicht auf religiöser oder ethnischer Basis bilden. Doch aus diesen Vorschlägen müssen erst noch Gesetze werden. Und da sieht Ayman Abdel Nour noch einige Hindernisse:

    " Es ist eine große Herausforderung, allein diese Empfehlungen umzusetzen. Wir brauchen gar nicht darüber zu reden, was noch hätte erreicht werden können. Ich denke, es hätte mehr sein können: zum Beispiel die klare Vision, wo die Baathisten das Land hinführen wollen, was der Plan ist. Und wie die Rolle der Menschen aussieht, die nicht in der Baath-Partei sind. Es ist nicht klar, wie sie teilhaben können. "
    Ayman Abdel Nour ist ein gefragter Mann: Baath-Mitglied, Ingenieur, Wirtschaftsexperte, Präsidentenberater und – so sagt er von sich selbst – Reformer innerhalb der Partei. In Fernsehsendungen sind seine Einschätzungen gefragt, in ausländischen Botschaften und bei Ministern aus den arabischen Nachbarländern. Abdel Nour lebt in Damaskus in einem Hochhaus gegenüber dem Ölministerium. In rasantem Tempo nimmt er immer gleich mehrere Treppenstufen auf einmal auf dem Weg nach oben in seine Wohnung, wo er auch ein Büro hat. Die Zeit ist knapp. Im Wohnzimmer empfängt er seine Gesprächspartner, einen nach dem anderen, während seine Frau Dina den erst wenige Wochen alten Kinan im Kinderwagen herein schiebt.

    Es ist Freitag, Feiertag, und Dina beklagt, dass nicht einmal dieser eine Tag in der Woche der jungen Familie gehört. Immerhin ist Ayman zu Hause und nicht schon wieder auf Auslandsreise. Vor dem Parteitag war er in Deutschland - von dort hat er den Begriff "Soziale Marktwirtschaft" mitgebracht, sagt er. Der stehe jetzt im Strategiepapier der Baath-Partei anstelle von "Planwirtschaft".

    Der Geschäftsmann Ihsan Sanquer, der westliche Firmen wie Chrysler und Siemens vertritt, setzt sich schon seit Jahren für eine Art Sozialer Marktwirtschaft in Syrien ein und ist enttäuscht:

    " Eine gesunde Wirtschaft in Syrien ist ohne politische Reformen unmöglich. Die Unternehmer haben momentan keine richtige Möglichkeit, politisch Einfluss zu nehmen. Alles steht unter der Führung der Baath-Partei. Wenn es ein neues Parteiengesetz gibt, dann sollten die neuen Parteien mit der Baath gleichberechtigt sein. Was ist das sonst für eine Veränderung? Keine. Ich würde gerne eine Partei gründen, aber wenn Artikel acht bleibt, dann nicht. Wofür?! "
    Artikel acht der Verfassung sichert die Vormachtstellung der Baath-Partei. So sind beispielsweise im Parlament zwei Drittel der Sitze für Baath-Mitglieder reserviert. Ein Drittel steht unabhängigen Kandidaten zur Verfügung. Auch Ihsan Sanquer saß als unabhängiger Abgeordneter zwei Legislaturperioden im Parlament. Jetzt ist er vorläufig wieder ganz Unternehmer.
    Sein Assistent und Chauffeur Chalid kämpft sich im schwarzen Mercedes durch den Stau im geschäftigen Viertel Baramke, um zu Sanquers Büro zu gelangen. Gerade morgens und abends quellen die Hauptverkehrsadern in Damaskus über. Im Büro ist es kühl. Ein großes Gemälde der Ummayyaden-Moschee hängt an der Wand gegenüber von Ihsan Sanquers mächtigem Schreibtisch. Der Geschäftsmann gehört zur sunnitischen Business-Elite, die sich mehr politisches Gehör verschaffen will, die aber auch für mehr Islam im Staat plädiert.

    " Ich hätte gerne eine moderate Partei wie die von Erdogan in der Türkei oder wie die CDU in Deutschland. Eine Partei, die religiöse Menschen akzeptiert. Als Muslim will ich aber keine Partei der islamistischen Muslimbrüder. In Ägypten waren die Muslimbrüder in den 50er Jahren vielleicht nötig als Gegengewicht zu den Kommunisten, die alles Religiöse bekämpft haben. In unserem Land brauchen wir das nicht, denn selbst während der Baath-Zeit wurden niemals die Moscheen geschlossen – auch nicht, wenn es Probleme gab. "
    Ihsan Sanquer spielt auf das versuchte Attentat auf Präsident Hafez Al Assad Anfang der 80er Jahre an. Die Muslimbrüder wollten das Regime mit Gewalt stürzen. Die Regierung antwortete mit einem Blutbad in der Stadt Hama, der damaligen Hochburg der Muslimbrüder. Auf dem Abassyin-Platz in Damaskus, der heute für sein großes Stadion bekannt ist, hingen zur Abschreckung die Leichen der Drahtzieher. Viele andere kamen ins Gefängnis. Es war die schlimmste Bedrohung für das System. Und sie wirkt bis heute nach. So wird dem Vater des Jurastudenten Mohammed, Ali Al Abdullah, im Herbst am Staatssicherheitsgericht der Prozess gemacht. Weil er im politischen Forum eine E-Mail der Muslimbrüder vorgelesen hat.
    In der Nähe des Staatssicherheitsgerichts am Platz der "Sieben Seen" haben sich Oppositionelle versammelt, um für die Freilassung von Ali Al Abdullah eine Mahnwache abzuhalten. Mohammed ist dabei, und auch sein Bruder.

    " Wir haben keine Angst. Die wenigsten haben Angst in Syrien, und sie sprechen ganz offen. Wenn man uns die Freiheit nicht geben will, dann nehmen wir sie uns eben. An den Prozesstagen steht immer viel Polizei vor dem Staatssicherheitsgericht, die die Leute schlägt. Aber auch Baath-Mitglieder tauchen auf, um auf die Leute einzuschlagen und die Polizei schreitet nicht ein. Das hatten wir erst vor ein paar Monaten zum Jahrestag des Ausnahmezustands. Da haben Baath-Studenten auf normale Bürger eingeprügelt. "
    Doch heute bleibt es ruhig. Es ist der Tag, den Menschenrechtsgruppen letztes Jahr als den "Tag der politischen Gefangenen" ins Leben gerufen haben. Bashar al Assad hat in seiner Amtszeit immer wieder politische Häftlinge amnestiert. Doch noch immer sollen mehrere hundert Menschen wegen ihrer Weltanschauung hinter Gittern sitzen.

    " Merkwürdigerweise hat der Staat einen super Job gemacht bei der Niederschlagung der säkularen Opposition; er hat aber die Aufgabe total verpfuscht, was die islamische Opposition angeht. Der Staat hatte nur Erfolg Anfang der 80er Jahre, als er ganz hart vorging. Aber das wandelte den islamistischen Kampf von direkter Konfrontation in eine mehr indirekte Art der Islamisierung. So haben wir 25 Jahre später viele islamische Bewegungen: die Muslimbrüder, Hisb Al Tahrir, Salafi-Wahabi-Gruppen und das offizielle Sufi-Establishment. "
    Der Regimekritiker Ammar Abdulhamid meint, die Muslimbrüder seien inzwischen pragmatisch ausgerichtet. Die einst militanten Islamisten hätten sich zumindest öffentlich zur Demokratie bekannt. Deshalb müsse die säkulare Opposition auch mit ihnen den Dialog suchen. Abdulhamid ist gerade damit beschäftigt, für US-amerikanische Gaststudenten Zimmer in der Altstadt zu finden. Hier, wo sich die Gasverkäufer noch mit Pferde- und Handkarren oder in schmalen asiatischen Transportern durch die Gassen zwängen und ihre blauen Flaschen anpreisen.
    Den Dialog mit den Muslimbrüdern, den Ammar Abdelhamid fordert, toleriert der Staat jedoch nicht. Das Atassi-Forum wagte als erstes diesen Schritt - und wurde geschlossen. Ein Rückschlag für die säkulare Opposition, die ohnehin schwach ist: Ein paar hundert Intellektuelle und ihre Anhänger, die aber wenig Rückhalt in der Bevölkerung haben. – Unter den islamischen Bewegungen, so Ammar Abdulhammid, sei die Strömung um den verstorbenen Mufti Ahmed Kuftaro am aktivsten. Der syrische Kurde war schon unter Hafez al Assad der staatlich anerkannte Vertreter der Sunniten. Er galt als relativ liberal und der islamischen Mystik, dem Sufismus, verbunden. Einer seiner Schüler ist Sheikh Mohammed Habash, der ein Institut für Islamische Studien leitet. Habash sieht sich selbst als Erneuerer des Islam. Außerdem gebe es Konservative und Radikale.

    " Die Erneuerer im Islam akzeptieren Dich und akzeptieren Deinen anderen Glauben. Die Konservativen respektieren Dich auch, aber Deinen Glauben nicht, denn sie meinen, der ist falsch oder überholt. Aber die Radikalen Strömungen respektieren weder Dich noch Deinen Glauben, auch mich respektieren sie nicht. Die Radikalen sehen wir als große Gefahr! Nicht für den Westen, nicht für den Osten, sondern für den Islam, für uns! "
    Und diese Bedrohung ist ganz konkret: Mohammed Habash fürchtet um sein Leben. Seine Ansichten sind manchen zu liberal. Er spricht dem Islam das "Monopol der Erlösung" ab. Jeder Mensch, der an Gott glaube und Gutes tue, könne erlöst werden. Habash lehnt jede Art von Zwang in der Religion ab. Und in seinen Freitagspredigten, die die Zahra-Moschee im modernen Damaszener Stadtteil Mezze füllen, verurteilt er Attentate auf Zivilisten.
    Mohammed Habash bekommt Morddrohungen wie sie auch sein Stellvertreter, Sheikh Mashouk Khaznawi, bekommen hatte. Er wurde vor kurzem umgebracht. Seine Familie hält es sogar für möglich, dass der syrische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte. Khaznawi war dem Regime unbequem: Er war Kurde und trat vehement für die Rechte der Kurden in Syrien ein. Für Habash ist der Fall eindeutig: Per SMS hätten Fanatiker sie gewarnt, sie beide hätten den Weg des Islam verlassen. Kurze Zeit später wurde Khaznawi entführt, gefoltert und ermordet.

    Die Zahl der Radikalen, besonders der Wahabiten, ist sehr gering in Syrien. Habash und andere schätzen sie auf ein bis zwei Prozent der Muslime. Das Problem ist nur, dass sie mit Millionenbeträgen aus Saudi-Arabien unterstützt werden. Die große Mehrheit, etwa 80 Prozent der Muslime, seien konservativ und dabei apolitisch, sagt Habash.

    " Die Muslime der konservativen Strömung haben überhaupt keine politische Agenda. Die meisten ihrer Führer rufen nach Moral, Werten und eher sozialen Aktivitäten. Politische Führer gibt es nur bei den Erneuerern und dem radikalen Flügel. Das ist also unsere Verantwortung: die Leute vom radikalen Weg abzuhalten. "

    Dass islamische Kräfte in Zukunft mehr Einfluss auf die Politik bekommen werden, ist in Syrien wenig umstritten. Die säkulare Opposition ist hier deutlich im Nachteil. Während islamische Strömungen Moscheen und Koranschulen zur Vernetzung und zum Austausch nutzen konnten, hatte die säkulare Opposition über Jahrzehnte keine eigene Infrastruktur.

    Doch der Islam in Syrien hat eine liberale Tradition und könnte durchaus Partner der säkularen Liberalen sein. Inwieweit eine solche Entwicklung das Baath-Regime tatsächlich gefährden könnte, wird zum großen Teil davon abhängen, wie Syrien die wirtschaftlichen Probleme lösen kann. Jedenfalls gibt es nun keine alte Garde mehr, die politische oder wirtschaftliche Reformen von innen blockiert. Mit dem Parteitag der Baath wurden auch die letzten Schwergewichte der alten Garde ausgetauscht. Das heißt: Bashar kann jetzt viel leichter seine Vorstellungen umsetzen – kann aber in Zukunft auch nicht mehr die Blockierer als Grund für Misserfolge vorschieben.