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13 Euro mehr im Geldbeutel

Bundesbildungsministerin Annette Schavan geht davon aus, dass die gestern zwischen Bund und Ländern ausgehandelte BAföG-Anhebung am 1. Oktober auch die letzte Hürde, die Bundesratssitzung am 15. Oktober, nehmen wird. Danach solle die Erhöhung dann "zeitnah und zügig" samt Nachzahlungen auf den Konten der Studierenden zu spüren sein.

Annette Schavan im Gespräch mit Melanie Last | 06.10.2010
    Melanie Last: Die Suche nach einem Kompromiss zwischen den Ländern und dem Bund hat lange gedauert. Die einen haben im BAföG-Streit gemauert, die anderen auf stur geschaltet, Leidtragende waren die Studierenden. Jetzt endlich die gute Nachricht: Die bereits zum 1. Oktober geplante BAföG-Erhöhung ist nahezu perfekt, darauf haben sich Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss am Abend geeinigt. Nahezu perfekt heißt: So ganz frei ist der Weg noch nicht. Am Telefon begrüße ich jetzt Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Frau Schavan, was kann denn jetzt noch schiefgehen?

    Annette Schavan: Schönen guten Tag, Frau Last! Nun, die Länder haben gestern gesagt, wir wollen wie der Bund, dass zum 1. Oktober die BAföG-Reform starten kann – deshalb sind die Studierenden nicht Leidtragende –, und sie haben darum gebeten, dass mein Vorschlag, die Hochschulen bei der Forschungsförderung an den Hochschulen zu entlasten, im jeweiligen Landeshaushalt geprüft werden kann. Das finde ich sehr verständlich, denn über die Landeshaushalte muss das jeweilige Parlament entscheiden. Und die Landesregierungen müssen sich jetzt da prüfen, wieweit es zu welchen Entlastungen und Belastungen im Haushalt führt. Aber weil alle politisch die Aussage gemacht haben, es ist uns wichtig, dass BAföG kommt, deshalb bin ich zuversichtlich.

    Last: Bundesratssitzung, die ist in der kommenden Woche, 15. Oktober. Also aus Ihrer Sicht kann nichts mehr schiefgehen?

    Schavan: Aus meiner Sicht stehen die Zeichen gut. Und deshalb war das gestern auch so, wie es Herr Altmaier gesagt hat, ein politischer Durchbruch.

    Last: So richtig jubeln wollen die Studentenwerke aber beispielsweise noch nicht. Das Zittern geht weiter, sagen sie, weil ihnen der Glaube nach diesem langen Hickhack einfach fehlt.

    Schavan: Dann sollen sie sich am 15. überraschen lassen.

    Last: Nun sind die Studierenden monatelang hingehalten wollen. Jetzt soll die BAföG-Erhöhung – im Schnitt sind es ja monatlich 13 Euro mehr – rückwirkend, das haben Sie gesagt, zum 1. Oktober kommen. Wann können die Studierenden denn tatsächlich mit dem Geld im wahrsten Sinne des Wortes rechnen?

    Schavan: Ich gehe davon aus, dass, sobald das Gesetz im Bundesrat beschlossen beziehungsweise die Zustimmung erfolgt ist, dann der Vollzug zügig gehen wird. Das heißt, es wird natürlich Änderungsbescheide geben, es muss neu berechnet werden, das heißt, das geschieht nicht am Tag schon nach der Bundesratssitzung, aber alles in allem können wir davon ausgehen, dass zum Beispiel Nachzahlungen, die notwendig sind, dann auch zeitnah bei den Schülern und Studierenden ankommen werden.

    Last: Das heißt Ende Oktober, November?

    Schavan: Ich kann Ihnen das nicht auf den Tag genau sagen, aber ich kann Ihnen sagen: zeitnah und zügig. Und wichtig ist für die Studierenden ja, dass sie wissen, hier wird es eine Neuberechnung geben und die Zusage, dass es erhöht wird, ist eingehalten.

    Last: Knappe Kassen bei den Ländern, die hatten gefordert, der Bund solle mehr als die bislang 65 Prozent der BAföG-Fördersumme übernehmen und eben auch die BAföG-Erhöhung um zwei Prozent, Sie haben es vorhin angesprochen. Vielleicht können wir den Kompromiss noch mal ganz kurz darstellen: Auf welchen konnten Sie sich denn gestern Abend tatsächlich einigen?

    Schavan: Die Länder haben zunächst ja gesagt, dass sie Steuerpunkte vom Bund wollen, das war die erste Runde, über die wir diskutiert haben. Im zweiten Schritt ist gesagt worden, können wir nicht etwas verändern daran, dass jetzt der Bund 65 und die Länder 35 Prozent zahlen, also der Bund seinen Anteil von 65 Prozent auf erhöht? Auch darüber ist dann diskutiert worden und wir sind dann doch zu dem Ergebnis gekommen vor allen Dingen seitens des Bundes, dass wir an dieser Prozentualaufteilung nichts ändern wollen. Das ist ein hohes Gut, das Bund und Länder gemeinsam finanzieren, die Hochschulen sind in der Trägerschaft der Länder, deshalb ist es wichtig, dass sie auch ihren Teil leisten. Und so kommt ja auch der große Unterschied zustande, dass auf Bundesseite wir, wenn wir die KfW-Darlehen mit einbeziehen, auf 500 Millionen Ausgaben kommen, bei den Ländern auf 170. Ich habe dann einen Vorschlag gemacht, der auf der Basis von 2009 besagt, dass etwa 130 Millionen Programmkostenpauschale für Forschungsprojekte in den Hochschulen bezahlt wird, die aus dem Forschungsministerium finanziert werden. Das ist mein Angebot gewesen, dieses Angebot wurde positiv von den Ländern beschieden, weil es die Forschung an den Hochschulen im Blick auf die Grundfinanzierung stärkt.

    Last: Mehr Studierende braucht das Land. Bislang sind es rund zwei Millionen an deutschen Hochschulen, zu wenig im europäischen Vergleich. Reichen da 13 Euro mehr im Geldbeutel aus, um mehr junge Menschen in die Hochschulen zu locken?

    Schavan: Schon die letzte BAföG-Erhöhung hat eine positive Wirkung gehabt, denn bedenken Sie, dass noch vor einigen Jahren nur 36 Prozent eines Jahrgangs ein Studium begonnen haben. Heute sind es bereits über 43 Prozent. Und ich gehe davon aus, dass dieser Prozentsatz weiter steigen wird. Künftig gilt dann auch, es gibt nicht nur die Förderung nach BAföG, sondern es gibt auch die Förderung mit dem Deutschlandstipendium. Also die Studienfinanzierungssituation hat sich insgesamt deutlich verbessert.

    Last: Und zum Deutschlandstipendium hören wir gleich noch einen Beitrag. Am 15. Oktober, kommende Woche, nächste Bundesratssitzung, da steht die geplante BAföG-Erhöhung vielleicht zum letzten Mal auf der Agenda. Bundesbildungsministerin Annette Schavan, vielen Dank für die Informationen!

    Schavan: Bitte schön, auf Wiederhören!