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15 Jahre Youtube
Ging es auch mal ohne?

Am 15. Februar 2005 startete Youtube. Die Plattform revolutionierte den Musikkonsum, ermöglichte den Beruf des Influencers und ist längst Teil der Alltagskultur. Verändert hat sie aber auch die politische Meinungsbildung.

Von Annika Schneider |
    Handy mit Youtube-Logo vor einer Leinwand, die ebenfalls das Youtube-Logo zeigt
    Youtube ist nicht nur eine Videoplattform, sondern auch Trendbarometer und Diskursraum (imago )
    Ein rotes Rechteck mit einem weißen Play-Button: Das Logo von YouTube gehört längst zur globalen Bildsprache. Schon Kleinkinder wissen: Wer darauf klickt oder tippt, bekommt ein Video zu sehen – sei es ein Schlaflied, einen Talkshow-Mitschnitt oder ein "Top 10" der teuersten Yachten der Welt. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt auf Youtube.
    Robin Blase war als "Rob Bubble" fast von Anfang an als Videomacher auf Youtube dabei. Wie er zu der Plattform kam und was sich seit der Gründung verändert hat, hat er am 13.2.2020 im Gespräch mit Isabelle Klein erzählt.
    Und am Anfang steht ein Besuch im Zoo: Das allererste Youtube-Video dauert nur 18 Sekunden und trägt den Titel "Me at the zoo". Es zeigt einen der Plattform-Gründer vor einem Elefantengehege. "Das Coole an denen ist, dass sie wirklich, wirklich, wirklich lange Rüssel haben", sagt er in die Kamera.
    Die Demokratisierung der Sendezeit
    Es ist der Beginn einer ganzen Reihe von gesellschaftsprägenden Veränderungen. Während Sendezeit im Fernsehen jahrzehntelang ein rares und umkämpftes Gut war, konnte auf einmal jeder und jede die eigenen Videos öffentlich machen und damit, zumindest theoretisch, ein riesiges Publikum erreichen.
    Das YouTuber-Paar Julian «Julienco» Claßen und Bianca «Bibi» Claßen schauen sich beim YouTube-Jahresrückblick 2018 im YouTube Space Berlin vor einem YouTube-Logo an.
    Das Youtuber-Paar Bianca "Bibi" Claßen und Julian "Julienco" Claßen gehört zu den erfolgreichsten Stars auf dem Kanal und macht seit vergangenem Jahr auch das Leben mit Sohn Lio öffentlich (picture alliance/Christoph Soeder/dpa)
    Einige schafften es tatsächlich, millionenfach Fans für sich zu begeistern: Stars wie Bibi und Gronkh schufen damit gleich einen neuen Beruf, den der Influencerin oder des Youtubers. Mit Anteilen an den Werbeeinnahmen erzielen international erfolgreiche Videomacherinnen und -macher heute Jahreseinkommen von weit über zehn Millionen US-Dollar.
    Online-Videos statt Musikbibliothek
    Auch der Musikkonsum erlebte dank Youtube – lange vor den Streaming-Diensten – eine Revolution. Hatte man vorher die eigene Musikbibliothek aus gerippten CDs und illegalen Downloads noch mühsam auf dem Computer gepflegt und auf den mp3-Player überspielt, stand auf einmal eine riesige Anzahl von Songs jederzeit zur Verfügung. Einzige Voraussetzung war ein Internetzugang.
    Später erblickten deutsche Nutzer regelmäßig die Sperrtafel der GEMA, wenn sie sich Musikvideos anschauen wollten. Bis 2016 dauerte es, bis die Rechteverwertungsgesellschaft ihren Streit mit der Online-Plattform, die ab 2006 zu Google gehörte, beilegte.
    Eine Frau hält hinter einer Milchglasscheibe eine Spritze an den Oberarm eine anderen Frau.
    Weniger Klicks für Impfgegner
    In vielen sozialen Netzwerken sind Falschinformationen zu Impfungen prominent platziert. Google, Facebook, Pinterest und Youtube wollen die Reichweite einschränken, sagte Hinnerk Feldwisch-Drentrup von der Organisation MedWatch im Dlf.
    Heute nutzen dem Unternehmen zufolge jeden Monat zwei Milliarden Menschen das Videoportal – ein Fünftel der Weltbevölkerung. Damit stand Youtube 2019 auf Platz zwei der meistgenutzten Netzwerke weltweit, hinter Facebook, aber noch vor Whatsapp.
    Drei Viertel der Deutschen sind auf der Plattform unterwegs. Bei Jugendlichen gilt sie als meistgenutzte Such- und Informationsquelle: Youtube hilft bei schwierigen Mathe-Hausaufgaben genauso wie bei der neuesten Flechtfrisur. Mit ihren Lieblingsstars interagieren viele wie mit einer guten Freundin oder einem guten Freund. "hab dich mega lieb bist voll hübsch", heißt es dann in den Kommentarspalten oder "feier dich mega, bist mein lieblings Youtuber".
    Diese Statistik bildet das Ergebnis einer Umfrage unter 14- bis 24-Jährigen (Generation Z) zu Gründen der Nutzung von YouTube in Deutschland im Jahr 2018 ab.
    Aber auch viele Erwachsene nutzen die Plattform in allen möglichen Lebenslagen. Hobby-Heimwerker zeigen im Video, wie man die Waschmaschine anschließt, Tech-Nerds bewerten das neueste Tablet-Modell und Zeichentrickvideos helfen bei langen Zugfahrten mit Kindern.
    Diskussionen in den Kommentarspalten
    Spätestens seit der Rezo-Debatte ist aber auch klar: Youtube ist mehr als Musik-, Unterhaltungs- und Lebenshilfeportal. Der Youtuber hatte im Mai vergangenen Jahres in einem fast einstündigen Video gegen die Regierungsparteien gewettert und damit eine bundesweite Diskussion entfacht.
    Auch viele andere Kanäle haben mit Lifestyle wenig zu tun: Auf der Plattform finden sich Interviews mit Politikerinnen genauso wie Finanzberatung und Erklärvideos zu komplexen wissenschaftlichen Themen. In den Kommentaren darunter sammeln sich Spam und Nonsens, aber es entwickeln sich eben auch ernsthafte inhaltliche Diskussionen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit Florian Mundt alias LeFloid
    2015 hat der als LeFloid bekannte Youtuber Florian Mundt Bundeskanzlerin Angela Merkel interviewt (picture alliance/dpa/Steffen Kugler)
    Das Portal bietet so Raum für einen breiten gesellschaftlichen Diskurs und Wissensaustausch - mit allen damit verbundenen Gefahren. Die Debatte um Falschmeldungen und Radikalisierung im Internet dreht sich immer auch Youtube, wo sich zu jeder Verschwörungstheorie unzählige vermeintliche Belege finden lassen, ob es nun um die Mondlandung oder Impfschäden geht. Auch radikale Parteien und Gruppen verbreiten in dem Netzwerk gezielt Propaganda, um junge Menschen zu erreichen.
    Influencer der "Neuen Rechten"
    Beinahe unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit ist in den sozialen Netzwerken eine erfolgreiche Szene rechtsextremer Influencerinnen und Influencer gewachsen. In Kochsendungen und Werbevideos verbreiten sie ihre Weltsicht.
    Kritiker monieren, dass jedes tendenziöse Video weitere Empfehlungen für Inhalte der gleichen politischen Richtung nach sich zieht. Nutzerinnen und Nutzer landen so in einer Dauerschleife aus immer extremeren Videos. Darauf hat der Konzern teilweise reagiert, unter anderem indem er unter Clips nun Hinweise auf die Quelle einblendet oder Funktionen von "unangemessenen" Videos stark einschränkt. Sie können dann nicht mehr über die Suchfunktion gefunden oder kommentiert werden.
    Auch die Medienpolitik zieht inzwischen nach und weist den Konzern in die Schranken. So soll der neue Medienstaatsvertrag die Plattform dazu zwingen, transparent zu machen, warum sie wem welche Videos zeigt. Und Gewerkschaften machen ebenfalls Druck: Die 2018 gegründete Youtubers Union setzt sich zusammen mit der IG Metall für eine faire Vergütung der Videomacherinnen und -macher ein.