Ein rotes Rechteck mit einem weißen Play-Button: Das Logo von YouTube gehört längst zur globalen Bildsprache. Schon Kleinkinder wissen: Wer darauf klickt oder tippt, bekommt ein Video zu sehen – sei es ein Schlaflied, einen Talkshow-Mitschnitt oder ein "Top 10" der teuersten Yachten der Welt. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt auf Youtube.
Robin Blase war als "Rob Bubble" fast von Anfang an als Videomacher auf Youtube dabei. Wie er zu der Plattform kam und was sich seit der Gründung verändert hat, hat er am 13.2.2020 im Gespräch mit Isabelle Klein erzählt.
Und am Anfang steht ein Besuch im Zoo: Das allererste Youtube-Video dauert nur 18 Sekunden und trägt den Titel "Me at the zoo". Es zeigt einen der Plattform-Gründer vor einem Elefantengehege. "Das Coole an denen ist, dass sie wirklich, wirklich, wirklich lange Rüssel haben", sagt er in die Kamera.
Die Demokratisierung der Sendezeit
Es ist der Beginn einer ganzen Reihe von gesellschaftsprägenden Veränderungen. Während Sendezeit im Fernsehen jahrzehntelang ein rares und umkämpftes Gut war, konnte auf einmal jeder und jede die eigenen Videos öffentlich machen und damit, zumindest theoretisch, ein riesiges Publikum erreichen.
Einige schafften es tatsächlich, millionenfach Fans für sich zu begeistern: Stars wie Bibi und Gronkh schufen damit gleich einen neuen Beruf, den der Influencerin oder des Youtubers. Mit Anteilen an den Werbeeinnahmen erzielen international erfolgreiche Videomacherinnen und -macher heute Jahreseinkommen von weit über zehn Millionen US-Dollar.
Online-Videos statt Musikbibliothek
Auch der Musikkonsum erlebte dank Youtube – lange vor den Streaming-Diensten – eine Revolution. Hatte man vorher die eigene Musikbibliothek aus gerippten CDs und illegalen Downloads noch mühsam auf dem Computer gepflegt und auf den mp3-Player überspielt, stand auf einmal eine riesige Anzahl von Songs jederzeit zur Verfügung. Einzige Voraussetzung war ein Internetzugang.
Später erblickten deutsche Nutzer regelmäßig die Sperrtafel der GEMA, wenn sie sich Musikvideos anschauen wollten. Bis 2016 dauerte es, bis die Rechteverwertungsgesellschaft ihren Streit mit der Online-Plattform, die ab 2006 zu Google gehörte, beilegte.
Heute nutzen dem Unternehmen zufolge jeden Monat zwei Milliarden Menschen das Videoportal – ein Fünftel der Weltbevölkerung. Damit stand Youtube 2019 auf Platz zwei der meistgenutzten Netzwerke weltweit, hinter Facebook, aber noch vor Whatsapp.
Drei Viertel der Deutschen sind auf der Plattform unterwegs. Bei Jugendlichen gilt sie als meistgenutzte Such- und Informationsquelle: Youtube hilft bei schwierigen Mathe-Hausaufgaben genauso wie bei der neuesten Flechtfrisur. Mit ihren Lieblingsstars interagieren viele wie mit einer guten Freundin oder einem guten Freund. "hab dich mega lieb bist voll hübsch", heißt es dann in den Kommentarspalten oder "feier dich mega, bist mein lieblings Youtuber".
Aber auch viele Erwachsene nutzen die Plattform in allen möglichen Lebenslagen. Hobby-Heimwerker zeigen im Video, wie man die Waschmaschine anschließt, Tech-Nerds bewerten das neueste Tablet-Modell und Zeichentrickvideos helfen bei langen Zugfahrten mit Kindern.
Diskussionen in den Kommentarspalten
Spätestens seit der Rezo-Debatte ist aber auch klar: Youtube ist mehr als Musik-, Unterhaltungs- und Lebenshilfeportal. Der Youtuber hatte im Mai vergangenen Jahres in einem fast einstündigen Video gegen die Regierungsparteien gewettert und damit eine bundesweite Diskussion entfacht.
Auch viele andere Kanäle haben mit Lifestyle wenig zu tun: Auf der Plattform finden sich Interviews mit Politikerinnen genauso wie Finanzberatung und Erklärvideos zu komplexen wissenschaftlichen Themen. In den Kommentaren darunter sammeln sich Spam und Nonsens, aber es entwickeln sich eben auch ernsthafte inhaltliche Diskussionen.
Das Portal bietet so Raum für einen breiten gesellschaftlichen Diskurs und Wissensaustausch - mit allen damit verbundenen Gefahren. Die Debatte um Falschmeldungen und Radikalisierung im Internet dreht sich immer auch Youtube, wo sich zu jeder Verschwörungstheorie unzählige vermeintliche Belege finden lassen, ob es nun um die Mondlandung oder Impfschäden geht. Auch radikale Parteien und Gruppen verbreiten in dem Netzwerk gezielt Propaganda, um junge Menschen zu erreichen.
Kritiker monieren, dass jedes tendenziöse Video weitere Empfehlungen für Inhalte der gleichen politischen Richtung nach sich zieht. Nutzerinnen und Nutzer landen so in einer Dauerschleife aus immer extremeren Videos. Darauf hat der Konzern teilweise reagiert, unter anderem indem er unter Clips nun Hinweise auf die Quelle einblendet oder Funktionen von "unangemessenen" Videos stark einschränkt. Sie können dann nicht mehr über die Suchfunktion gefunden oder kommentiert werden.
Auch die Medienpolitik zieht inzwischen nach und weist den Konzern in die Schranken. So soll der neue Medienstaatsvertrag die Plattform dazu zwingen, transparent zu machen, warum sie wem welche Videos zeigt. Und Gewerkschaften machen ebenfalls Druck: Die 2018 gegründete Youtubers Union setzt sich zusammen mit der IG Metall für eine faire Vergütung der Videomacherinnen und -macher ein.