Donnerstag, 25. April 2024

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150. Geburtstag des Geologen Hans Merensky
Preußische Rohstoff-Spürnase in Südafrika

Er entdeckte so viel Gold, Diamanten und Platin wie wohl kein anderer – der deutsche Geologe Hans Merensky spürte ab 1924 in Südafrika einige der weltweit größten Rohstofflagerstätten auf. Das nach ihm benannte Merensky Reef wird noch heute ausgebeutet. Vor 150 Jahren wurde der Bergbauunternehmer geboren.

Von Anne Preger | 16.03.2021
    Ein Farbfoto zeigt die Schaufeln eines Baggers, der einem niedrigen Stollen silbrige Felsbrocken aufnimmt
    Platin-Abbau in einer südafrikanischen Mine (picture alliance / Zoonar | Sunshine Seeds)
    "Ungläubig klebt Südafrika an den Fernsehbildschirmen und Radiogeräten", berichten Korrespondenten am 16. August 2012: "Ein solches Blutbad hat das Land seit Apartheid-Zeiten nicht mehr erlebt."
    Arbeiter der Marikana-Mine in der Nähe von Südafrikas Hauptstadt Pretoria demonstrieren für bessere Bedingungen und höhere Löhne. 34 Menschen sterben beim Einsatz der Polizei. In der Mine wird Platin abgebaut. Das Vorkommen gehört zum Merensky Reef, der weltgrößten Lagerstätte des Edelmetalls.
    Angehörige der Opfer fordern, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden
    Marikana 2012: Nach der blutigen Niederschlagung des Streiks im Platinbergwerk fordern Angehörige der 34 Todesopfer, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden (dpa/picture alliance/epa)

    Start ohne jegliches Geld

    Sie wird im Jahr 1924 von Hans Merensky entdeckt. Der deutsche Geologe ist damals auf der Suche nach Aufträgen. Er beurteilt Gesteinsproben und prospektiert - das heißt, er will Vorkommen von Gold, Platin und Diamanten entdecken. Doch die Arbeit im Feld ist teuer. Dazu Merensky-Biograf Eberhard Machens, mittlerweile gestorbener Geologe und Professor für Rohstoff-Wirtschaft:
    "Er war ohne jegliches Geld und lebte bei einer alten deutschen pensionierten Lehrerin in einer Vorstadt von Johannesburg. Und das war eine liebenswürdige Dame und die war von ihm ganz begeistert. Er konnte dann eines Tages seine Miete nicht mehr bezahlen. Dann sagte sie: ‚Aber Herr Merensky, das macht doch gar nichts. Irgendwann werden Sie mal die große Goldader entdecken. Und dann können Sie mir alles zurückzahlen.‘ Und so ist es dann auch gelaufen. War Platin, nicht Gold, aber naja."

    Preußischer Bergassessor

    Die Verbindung zum südlichen Afrika verdankte Hans Merensky seinem Vater Alexander. Dieser kam Mitte des 19. Jahrhunderts als Missionar hierher. Am 16. März 1871 wurde Hans auf einer Missions-Station geboren, in der Nähe des heutigen Kruger-Nationalparks. Der Vater weckte früh das naturwissenschaftliche Interesse seines Sohnes, so Eberhard Machens:
    "Das machte er, indem er mit ihm in den Busch ging und ihm zeigte, was da alles sich so abspielte und wie man sich überhaupt in der Natur bewegt und wie man beobachtet. Das war für ihn ganz wichtig. Das hat er später auch immer wieder gesagt."
    Diese Eindrücke nahm Hans mit, als die Familie 1882 nach Deutschland zurückkehrte. In Berlin ging er zur Schule, studierte anschließend Geologie und Bergwissenschaften und wurde schließlich Preußischer Bergassessor. Doch es zog ihn zurück, 1904 eröffnete er sein eigenes Büro in Johannesburg, so Eberhard Machens:
    "Er ist nach Südafrika gekommen mit dem festen Vorsatz, ich will als Geologe, wo er die Ausbildung eben gerade absolviert hatte, arbeiten, aber als selbstständiger Geologe und hat sich nie in seinem Leben irgendwo beworben."

    Im Ersten Weltkrieg von den Briten interniert

    Es war die Zeit der großen Hoffnungen. In Kimberley waren Diamanten gefunden worden. In der Nähe von Johannesburg gab es Gold. Merensky war ein gefragter Experte. Doch er verkalkulierte sich an der Börse und verlor kurz vor dem Ersten Weltkrieg sein erarbeitetes Vermögen. 1914 steckten die Briten den deutschen Staatsbürger und preußischen Reserve-Offizier in ein Internierungslager, berichtet Eberhard Machens:
    "Als er dann richtig eingesperrt war und da hinter dem Stacheldraht, das hat ihm enorm zugesetzt und er war eben in dem letzten Kriegsjahr 1918, aber auch schon 1917, war er richtig krank, da ging es ihm ganz, ganz schlecht."

    Platinfunde machen Merensky schlagartig berühmt

    Merensky fiel es danach schwer, wieder auf die Beine zu kommen. Bis er im Mai 1924 ein Paket bekommt aus dem damaligen Lydenburg, einer kleinen Stadt im Nordosten Südafrikas. Darin ein kleines Fläschchen mit einer Gesteinsprobe. Merensky reist zum Ursprung der Probe und verfolgt dort die Spur. Schließlich wird er fündig: Platin. "Dadurch ist er weltberühmt geworden. Und zwar schlagartig", so Eberhard Machens.
    "Die Lagerstätte erstreckt sich über Hunderte von Kilometern. Sie erhält seinen Namen und wird noch heute ausgebeutet. Merenskys Erfolgssträhne hält danach an: Im heutigen Grenzgebiet zwischen Südafrika und Namibia findet er ein riesiges Diamantengebiet. Die Schürfrechte verkauft er an große Konzerne und wird Millionär. Doch er setzt sich nicht zur Ruhe, sondern entdeckt unter anderem noch Chromit-Vorkommen für die Stahlveredelung und Apatit für die Herstellung von Düngemitteln. Für Eberhard Machens ist er damit "der bedeutendste Entdecker von Lagerstätten, den es jemals gegeben hat."
    Zwei Männer aus Simbabwe klettern an einem alten Seil in eine stillgelegte Goldmine bei Soweto in der Nähe des südafrikanischen Johannesburg hinunter
    Bergbau in Südafrika - Auf eigene Rechnung und eigenes Risiko
    Die Zahl der Grubenunglücke in Südafrika steigt. Ein Grund: Illegale Bergleute arbeiten in den vielen stillgelegten Gruben, die nicht mehr profitabel sind. Die verarmten Bergleute verdienen so ein bisschen Geld, um in einem Land zu überleben, dessen Wirtschaft in einer tiefen Krise steckt.
    Als Hans Merensky 1952 stirbt, hat er den Weg mitgeebnet für die Industrialisierung des Diamanten- und Goldabbaus im südlichen Afrika. Auch wenn ein Teil von Merenskys Vermögen über eine Stiftung bis heute für gemeinnützige Zwecke verwendet wird - in der Bevölkerung kommt der Wohlstand aus der Bergbauindustrie weiterhin kaum an.