Montag, 29. April 2024

Studie
17 Prozent weniger Verdienst im sozialen Sektor - trotz hohen Bedarfs

Die rund drei Millionen Beschäftigten im sozialen Sektor in Deutschland verdienen laut einer Studie durchschnittlich 17 Prozent weniger als Beschäftigte in anderen Bereichen. Zudem sind wechselnde Arbeitszeiten, eine hohe Fluktuation und Teilzeit für mehr Beschäftigte an der Tagesordnung als in der übrigen Wirtschaft.

20.03.2024
    Eine Altenpflegerin versorgt eine im Rollstuhl sitzende Bewohnerin in einem Pflegeheim.
    Die Nachfrage nach Pflege wächst bundesweit stetig. (imago / epd / imago stock&people)
    Das geht aus der heute vorgestellten Studie "Vor dem Kollaps? Beschäftigung im sozialen Sektor" hervor, den das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und das Deutsche Rote Kreuz in Auftrag gegeben haben. Ob in der Kinderbetreuung, der Alten- und Krankenpflege oder der Sozialarbeit - der Bedarf an sozialer Arbeit hat demnach in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. So sei die Zahl der Beschäftigten seit 2010 zwar von zwei Millionen um eine Million gestiegen, dennoch gebe es einen gravierenden Personalmangel.

    Teilzeit, Schichtdienst und viele Fehlzeiten

    Jeder Zweite im sozialen Sektor arbeitet trotz Personalmangels in Teilzeit - auch wegen der hohen Arbeitsbelastung, heißt es weiter. Schicht- und Nachtarbeit sei bei mehr als doppelt so vielen wie in anderen Sektoren üblich. Auch hohe Krankheits- und Fehlzeiten markieren den sozialen Sektor.
    Die Fluktuation ist laut Studie ebenfalls hoch. 2009 haben den Angaben zufolge 108.000 Beschäftigte ihre Stelle gewechselt, im Jahr 2022 waren es schon 241.000. Viele kündigten, um einen Job mit besseren Arbeitsbedingungen zu finden. 
    Neben Nachteilen bei den Arbeitszeiten zeigten sich im sozialen Sektor nach wie vor deutliche Unterschiede in der durchschnittlichen Bezahlung gegenüber der übrigen Wirtschaft, heißt es weiter. Die Lohnlücke bei Vollzeitbeschäftigten betrug 2021 noch 17 Prozent. Die Forscherinnen und Forscher sprechen vom "Care Pay Gap": Plakativ formuliert würden Vollzeittätigkeiten im sozialen Sektor weitaus geringer bezahlt und damit auch weniger wertgeschätzt als in anderen Branchen. Angesichts des hohen Frauenanteils in den sozialen Berufen lasse sich der "Care Pay Gap" teils auch mit der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen erklären.

    Entscheidene Rolle sind politische Entscheidungen

    Das Deutsche Rote Kreuz forderte die Politik auf, mehr Mittel für den sozialen Sektor bereitzustellen. "Am Ende sind es politische Entscheidungen und Akteure wie Kommunen, Kassen, Länder und der Bund, die eine entscheidende Rolle spielen", sagte der DRK-Bereichsleiter Joß Steinke. Er ist Mitautor der Studie.
    Diese Nachricht wurde am 18.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.