"Ich glaube, mein Ruhm wird nie wieder einen solchen Höhepunkt erreichen wie heute. Überall außergewöhnliche Verehrung und furchtbare Neugier auf mich. Alle betrachten mich wie ein Wunder."
Mit seinem ersten Roman "Arme Leute" avanciert Fjodor Dostojewski 1846 zum umjubelten Star des Sankt Petersburger Literaturbetriebs.
Der am 11. November 1821 als Sohn eines Arztes in Moskau geborene Debütant hatte alles auf eine Karte gesetzt. Nach dem Abschlussexamen an der Lehranstalt des Ingenieurkorps in Sankt Petersburg hatte er im Sommer 1843 als technischer Zeichner seinen Dienst angetreten, diesen jedoch schon ein Jahr später wieder quittiert. Er wollte Schriftsteller werden:
Der am 11. November 1821 als Sohn eines Arztes in Moskau geborene Debütant hatte alles auf eine Karte gesetzt. Nach dem Abschlussexamen an der Lehranstalt des Ingenieurkorps in Sankt Petersburg hatte er im Sommer 1843 als technischer Zeichner seinen Dienst angetreten, diesen jedoch schon ein Jahr später wieder quittiert. Er wollte Schriftsteller werden:
"Warum soll man die besten Jahre verlieren? Ein Stück Brot werde ich immer finden. Ich werde höllisch arbeiten. Nun bin ich frei."
Einer der ersten freien Schriftsteller Russlands
Die breite Anerkennung seines Debütromans gibt ihm Recht. In den nächsten Jahren wird der "Proletarier der Literatur", als der sich Dostojewski selbst bezeichnet, unter der Knute ständiger Geldnot schreiben, denn er entstammt einer verarmten Adelsfamilie und ist einer der ersten freien Schriftsteller Russlands, der auf Honorareinnahmen angewiesen ist.
Drei Jahre nach seinem gefeierten literarischen Debüt wird Dostojewski vom zaristischen Regime zum politischen Schwerverbrecher erklärt. Mit zahlreichen Mitgliedern eines frühsozialistischen Zirkels, in dem diskutiert wurde, welches der richtige Weg zur Veränderung der sozialen Situation in Russland sei, wird er 1849 zu vier Jahren Zwangsarbeit in Sibirien und anschließendem Militärdienst als gemeiner Soldat verurteilt.
Drei Jahre nach seinem gefeierten literarischen Debüt wird Dostojewski vom zaristischen Regime zum politischen Schwerverbrecher erklärt. Mit zahlreichen Mitgliedern eines frühsozialistischen Zirkels, in dem diskutiert wurde, welches der richtige Weg zur Veränderung der sozialen Situation in Russland sei, wird er 1849 zu vier Jahren Zwangsarbeit in Sibirien und anschließendem Militärdienst als gemeiner Soldat verurteilt.
"Wir lebten alle zusammen in einer Baracke. Im Sommer stickig bis zur Unerträglichkeit, im Winter kaum auszuhaltende Kälte. Wir lagen dicht an dicht wie Heringe in einer Tonne. Es wurde nicht warm, das Eis im Innern taute kaum, unerträglicher Rauch – und das den ganzen Winter lang. Alle Sträflinge stinken wie die Schweine. Flöhe, Läuse, Kakerlaken zuhauf."
Dostojewski als Pate der sowjetischen Lagerliteratur
Dostojewskis "Aufzeichnungen aus dem toten Haus", die 1861/62 erscheinen, sind der erste Erfahrungsbericht aus dem sibirischen Zwangsarbeitersystem, der in der sowjetischen Lagerliteratur des 20. Jahrhunderts seine Fortsetzung findet.
Dostojewski der Nationalist
Nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg im Jahr 1859, fast genau zehn Jahre nach seiner Verurteilung, formuliert Dostojewski seine "russische Idee" von der messianischen Rolle des russischen Volkes, der er bis an sein Lebensende treu bleibt und die mit den Jahren zunehmend nationalistische Züge annimmt:
"Ein wahrhaft großes Volk kann sich niemals mit einer zweitrangigen Rolle innerhalb der Menschheit begnügen und nicht einmal mit einer erstrangigen, sondern unbedingt und ausschließlich mit der ersten", lässt Dostojewski den religiösen und politischen Verschwörer Iwan Schatow in seinem Roman "Die Dämonen" sagen. Es ist auch ein persönliches Bekenntnis.
Ein großer Psychologe
In den 1860er- und 1870er-Jahren entstehen Dostojewskis große philosophische Romane "Schuld und Sühne" beziehungsweise "Verbrechen und Strafe", "Der Idiot", "Die Dämonen", "Der Jüngling" und "Die Brüder Karamasow", in denen der große Psychologe anschaulich die Konflikte schildert, in die der Mensch mit dem Anbruch der Moderne geriet.
"Dostojewskis Protagonisten entblößen ihre Seele vor dem Leser mit fast calvinistischer Sturköpfigkeit", schreibt der Dichter und Literaturnobelpreisträger Iosif Brodsky in seinem Aufsatz "Über Dostojewski". "Er stülpt ihr Leben auf links und betrachtet alle Runzeln und kleinsten Fältchen ihrer seelischen Nacktheit. Die Ergebnisse seiner Inquisition fördern den elementaren Stoff des Lebens zutage, und dieser Stoff ist unansehnlich. Plötzlich ist Gott, Mensch, Wirklichkeit, Tod, Unendlichkeit und Rettung der menschlichen Unersättlichkeit zu wenig, und der Mensch stürzt sich auf sich selbst."
Dostojewski habe die Krisen Russlands und Europas im 19. Jahrhundert literarisch auf den Punkt gebracht und seine Werke träfen noch immer wunde Stellen unserer postmodernen Welt, schreibt sein Biograf Andreas Guski. Deshalb ist der Klassiker der Weltliteratur bis heute aktuell.