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25 Jahre Kulturarena Jena
Eine Stadt und ihr Festival

Vor 25 Jahren wurde in der ostdeutschen Nachwendetristesse die Kulturarena eröffnet. Heute kommen Künstler aus aller Welt nach Jena und füllen das Sommerloch mit Kunst: Theater, Film und vor allem Musik. Dabei gibt es alles zwischen gut sortiertem Independent-Sound und anspruchsvollem Mainstream.

Von Claudia Euen | 05.07.2016
    Die Schauspielerin Claudia Splitt als Kassandra steht vor einer Gruppe von Laiendarstellern bei der Probe der antiken Tragödien-Trilogie "Die Orestie" des Aischylos am Jenaer Theaterhaus, aufgenommen am 02.07.2007.
    Tragödie "Die Orestie" zur Eröffnung der Jenaer Kulturarena 2007. (dpa/picture alliance/Jan-Peter Kasper)
    Jena, Theatervorplatz, ein heißer Sommernachmittag. Auf einer großen Open-Air-Bühne wird geprobt. Schauspieler mit gegelten Haaren in pinken Fracks und Palettenkleidern schwitzen in ihren Kostümen ...
    "Da hab ich immer so getan, als hätte ich einen jüngeren Bruder namens Ernst, der in der Stadt wohnt und ständig grauenhafte Probleme hat. Das, mein lieber Algi, ist die simple und reine Wahrheit. Die Wahrheit ist niemals simpel und erst recht nicht rein."
    Großes Kulturspektakel
    Große Worte gespickt mit Lebensweisheit und viel Humor – das ist Oscar Wildes unterhaltsame Komödie "Bunbury". Mit ihr eröffnet in diesem Jahr die Kulturarena in Jena und bietet gleich zu Beginn des sechswöchigen Kulturspektakels ...
    "Ganz viel Liebe, ganz viel Herzschmerz, ganz viel Verwechslung. Wir gehen damit in die Sommerpause, wir haben eine Spielzeit hinter uns und es wird nach außen geöffnet und macht Platz für Konzerte, für Kino und für Möwen, wie wir hören", sagt Dramaturgin Diana Insel.
    Denn immer im Sommer verwandelt sich der betonierte Platz in der Innenstadt zu einem magischen Ort, wo in einer kreisrunden Arena Kunst stattfindet, wo sich am Abend bis zu 3.000 Menschen treffen können, wo gesungen und getanzt wird. Der Großteil sind Konzerte, es gibt aber auch Film, Theater und ein Kinderprogramm. Kamen im ersten Jahr noch 8.000 Besucher, waren es zehn Jahre später schon 60.000. Mittlerweile ist der Zenit von über 70.000 Zuschauern pro Festival erreicht. Das ist viel Zuspruch, wenn man bedenkt, dass die Arena in eine Zeit hineingeboren wurde, in der viele Menschen dem Osten und seinen verwundeten Orten den Rücken kehrten. Ortsteilbürgermeister Kristian Philler erinnert sich.
    "Das war ein graues, wüstes Gelände. Hier wurde 1987 das Theater hier abgerissen. Kurz nach der Wende wurde ein Sparkassenautomat auf den Parkplatz gestellt. 1990/91 wurde da eben diese Bühne kreativ erobert und von vielen, vielen Leuten natürlich gesehen als Provisorium, denn irgendwann kriegt man ja das schöne, große Schillertheater."
    Weil aber das Schillertheater auf sich warten ließ, initiierte der damalige Kulturamtsleiter Norbert Reif stattdessen ein Weltmusikfestival und holte Klänge aus aller Herren Länder ins beschauliche Thüringen. Und hochkarätige Stars.
    Zwischen Independent-Sound und anspruchsvollem Mainstream
    Inga Humpe oder Max Herre kamen, aber auch Patti Smith, Ruben Gonzales oder CocoRosie. Heute bewegt sich alles im Grenzbereich zwischen gut sortiertem Independent-Sound und anspruchsvollem Mainstream – das hat sich über die Jahr kontinuierlich weiterentwickelt, erklärt Festivalleiterin Heike Faude.
    "In den Anfangsjahren der Kulturarena war im Fokus, dass man diese Weltmusikrichtungen neben Jazz, Blues zeigen wollte in seiner Breite. Und da natürlich auch die namenhaften Künstler. Wir haben uns davon ein bisschen wegbewegt. Mit der Zeit konnte man auch eher die experimentelleren Künstler zeigen, auch gucken, was ist da an neuen Pflänzlein entstanden. Und ein wichtiger Punkt ist dazu gekommen und zwar dieser ganze Popbereich."
    Wie der neue Star des francophonen Pop Louane. Auch sie wird in diesem Jahr vor einer ausverkaufen Arena spielen. Ein festivalverliebtes Publikum, dass sich gerne auch unbekannten Klängen öffnet, hat aber auch schon so manchem Newcomer ein Riesenpublikum beschert. Zudem sorgen die gemäßigten Eintrittspreise dafür, das jeder kommen kann, der will, auch mehrmals. Das schätzen die Jenaer an ihrem Festival, das in der mitteldeutschen Kulturlandschaft längst hervorsticht und auch überregionales Publikum anzieht. Allein 65 Prozent der Kosten werden mit Eintrittsgeldern finanziert. Die Arena ist kein Plusgeschäft, aber sie lohnt sich – auch weil sie hat das gesellschaftliche Klima verändert, sagt Anwohner und Dauergast Kristian Philler.
    "Mit der Kulturarena hat Internationalität hier Einzug gehalten. Das ist nicht alles. Aber das war der wichtige Punkt. Das hat Jena Freiheit gebracht, wirtschaftliche Freiheit, kulturelle Freiheit. Und eine Freiheit, die man jetzt denke ich auch sieht, in der Offenheit mit der die vielen Neubürger aus den unterschiedlichen Ländern auch aufgenommen worden."
    So viele Menschen. Hat es euch gefallen? Ja.