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30.4.1904 - Vor 100 Jahren

Ich habe dann mein Examen hinter mir gebracht und bin dann im Mai 1902 nach Düsseldorf gefahren. Ich hatte 2 Mark in der Tasche und war 4. Klasse nach Düsseldorf gekommen.

Von Kay Müllges | 30.04.2004
    Doch im Gepäck hatte der junge Eydelstedter Christian Hülsmeyer eine Erfindung von der er selbst überzeugt war, dass sie die Welt verändern würde - das Telemobiloskop. Hülsmeyer hatte eigentlich Lehrer werden wollen, doch während seiner Studien am Bremer Lehrerseminar befasste er sich vor allem mit damals relativ neuen Entwicklungen in der Physik. Heinrich Hertz hatte das Prinzip der elektromagnetischen Wellen beschrieben und bei seinen Experimenten festgestellt, dass sie von metallischen Körpern reflektiert werden.

    Dann kam mir der Einfall bei den Versuchen das mit der Reflektion doch ein weites Anwendungsgebiet ermöglicht sei und das man damit eigentlich entfernte metallische Teile melden könnte oder sichtbar machen könnte, wenn ein beliebiger Bruchteil ausreiche um einen Empfänger zu betätigen.

    Am 30. April 1904 meldete Christian Hülsmeyer seine Erfindung zum Patent an. Der Titel der Patentschrift Nummer 165456 lautete:

    Verfahren, um entfernte metallische Gegenstände mittels elektrischer Wellen einem Beobachter zu melden. Vorliegende Erfindung hat eine Vorrichtung zum Gegenstand, durch welche die Annäherung beziehungsweise Bewegung entfernter metallischer Gegenstände (Schiffe, Züge oder dergleichen) mittels elektrischer Wellen einem Beobachter durch hör- oder sichtbare Signale gemeldet wird.

    Hülsmeyers Telemobiloskop arbeitet mit einer Wellenlänge von 40-50 Zentimetern, die Signale eines vorbeifahrenden Schiffes wurden mithilfe eines trichterförmigen Reflektors aufgefangen, zwei bewegliche Antennen, die wie Insektenfühler aussehen, konnten das Gerät in jede Richtung ausrichten. Fuhr ein Schiff vorbei, reagierte das Gerät mit einem Klingelton. Doch um seine Erfindung vermarkten zu können, brauchte der mittellose Tüftler einen Geldgeber.

    Ich habe dann eine Anzeige in der Kölnischen Zeitung erscheinen lassen: für eine Epoche machende Erfindung sucht der Erfinder einen Finanzmann, gegen Beteiligung. Und aus den zahlreichen Bewerbungen fand ich Herrn Heinrich Mannheim aus Köln, der sich für meinen Vorschlag interessierte.

    Der spendable Kaufmann brachte die Summe von 5000 Mark in die neugegründete Telemobiloskop-Gesellschaft Hülsmeyer und Mannheim ein und ermöglichte so den Bau erster Versuchsgeräte. Im Mai des Jahres führten die beiden das Gerät auf der Hohenzollern-Brücke in Köln erstmals der begeisterten Öffentlichkeit vor. Eine verbesserte Apparatur, die Schiffe auf eine Entfernung von immerhin 3 Kilometern orten konnte, wurde ein Jahr später im Rotterdamer Hafen präsentiert. Die niederländische Tageszeitung De Telegraaf schrieb danach:

    Da sowohl über wie unter Wasser befindliche Metalle die auf sie gerichteten Wellen zurückwerfen, wird diese Erfindung vielleicht für Kriegszeiten eine ungeahnte Zukunft haben.

    Diese Idee war auch Hülsmeyer schon gekommen und so wandte er sich an den Marine-Staatssekretär Alfred von Tirpitz mit der Bitte um Unterstützung:

    Meine Angebote wurden nach sechs Wochen mit der Erklärung abgelehnt, man danke für mein Angebot, könne aber von demselben keinen Gebrauch machen, weil man angeblich bessere Ideen habe.

    Die Kriegsmarine experimentierte damals mit Nebelhörnern und erkannte die richtungweisende Bedeutung von Hülsmeyers Erfindung nicht. Denn sein Telemobiloskop war nichts anderes als der Vorläufer des Radars. Erst drei Jahrzehnte später lieferten sich Deutsche und Engländer einen Wettlauf um die Weiterentwicklung der Technik, die im 2. Weltkrieg kriegsentscheidend werden sollte. Christian Hülsmeyer hatte daran keinen Anteil mehr:

    Ich habe dann aus Verdruss die ganze Sache aufgegeben. Inzwischen hatte ich mich dem wärmetechnischen Gebiet zugewendet und habe eine Erfindung für Wasserenthärtung gemacht, die mir jährlich sehr viel Geld eingebracht hat.

    Erst ein halbes Jahrhundert nach seiner Entdeckung wurde er in aller Welt als Vater des Radars geehrt. Christian Hülsmeyer verstarb 76jährig am 31. Januar 1957.