
"You´ll never walk alone", Du wirst niemals alleine gehen. Die Angehörigen der Toten, die 2016 auf den Stufen der St. George´s Hall standen und ihre Banner mit den zwei Worten "Truth and Justice" in die Höhe hielten, feierten einen späten Sieg: Sie hatten endlich die Wahrheit ans Licht gebracht und Gerechtigkeit erfahren. Die Stadt Liverpool habe gezeigt, was Bürger erreichen könnten, wenn sie vereint seien, sagte eine von ihnen.
Polizei gab Fans die Schuld
Die Hinterbliebenen hatten mächtige Gegner: vor allem die Polizei, die Justiz und Teile der Medien. Über Jahre machten diese die Fans selber für die Katastrophe verantwortlich, angeblich hätten randalierende Anhänger des FC Liverpool, Hooligans, die Massenpanik verursacht, behauptete die Polizei. Und das Massenblatt Sun schrieb seinerzeit in großen Lettern, die Fans hätten auf tapfere Polizisten uriniert und den nieder getrampelten Zuschauern die Geldbörsen geklaut.
Lange mussten die Angehörigen mit diesen Lügen leben, aufgestellt und immer wiederholt von Polizei und Rettungskräften, um die eigene Verantwortung zu verwischen. Doch die Angehörigen schafften es, eine neue Untersuchung durch zu setzen. Und die fällte vor drei Jahren ein eindeutiges Urteil.
Versagen von Polizei und Stadion-Management
Es waren nicht etwa randalierende Fans des FC Liverpool, die die Katastrophe herbei führten. Es waren die Polizei und das Stadion-Management, die am 15. April 1989, beim Pokal-Halbfinale zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forest versagt haben und für die 96 Toten verantwortlich sind. Die Polizei öffnete damals ein zweites Tor, ließ weitere Fans auf die bereits überfüllte Stehtribüne. Die Jury bezeichnete das als "grob fahrlässige Tötung".
Liverpools Bürgermeister Joe Anderson rief danach den Tausenden vor dem Rathaus zu: die Tränen hätten sich gelohnt, die Familien der 96 Toten könnten nun in Frieden leben.
Rückschlag für die Hinterbliebenen
Doch jetzt vor zwei Wochen erlebten die Angehörigen einen Rückschlag: Im Prozess gegen die damals Verantwortlichen sprach die Jury zwar den Stadion-Manager wegen Verstoßes gegen die Vorschriften schuldig, konnte sich aber gegen den Einsatzleiter der Polizei, David Duckenfield nicht zu einem Schuldspruch durchringen. Margaret Aspinall, die vor 30 Jahren ihren Sohn im Hillsborough Stadion verlor, war danach tief enttäuscht:
"Der 30. Jahrestag, der jetzt auf uns zukommt, ist ohnehin schon schwer für uns. Egal, was jetzt noch passiert: Wir waren immer die Verlierer, wir sind die Verlierer und werden die Verlierer bleiben."
Immerhin – die Staatsanwaltschaft wird in die Berufung gehen. Die Suche nach den wahren Schuldigen wird damit auch nach dem 30. Jahrestag der Hillsborough-Katastrophe weiter gehen. Und die 96 Toten werden unvergessen bleiben, auch, weil auf den Trikots der Spieler des FC Liverpool immer noch die kleine Zahl 96 steht.