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30 Jahre Kritische Aktionäre
Einsatz für nachhaltiges Wirtschaften

Vor einem Jahr stieg die Allianz aus der Kohlefinanzierung aus. Darüber freute sich auch der Dachverband der Kritischen Aktionäre. Seit nunmehr 30 Jahren setzt er sich für ökologische und soziale Nachhaltigkeit börsennotierter Unternehmen ein und fordert neben Umweltschutz auch die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten und einen Stopp der Rüstungsproduktion.

Von Michael Braun | 15.03.2016
    Die beiden Türme der Deutschen Bank in Frankfurt am Main
    Die Kritischen Aktionäre beobachten die Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen und melden sich, gern auch aus diesem Anlass, mit Kampagnen zu Wort. (picture-alliance / dpa / Arne Dedert)
    "Raus aus der Kohle, Deutsche Bank."

    So trommelten sie voriges Jahr vor der Deutschen Bank, hielten ihr vor, umweltschädliche Kohleprojekte der Stromindustrie zu finanzieren und kippten dem Institut eine Schubkarre Kohle vor die Tür.
    Am selben Tag war die Meldung gekommen, die Allianz wolle aus der Kohlefinanzierung aussteigen. Kathrin Petz, eine der Aktivistinnen von "urgewald", war wohl erstmals in ihrem Leben begeistert von dem Versicherungskonzern:

    "Der Ausstieg der Allianz ist ein Riesenerfolg erst mal fürs Klima. Er ist ein Erfolg für 'urgewald' in dem Sinne, indem wir auch lange Druck auf die Allianz ausgeübt haben, dass sie aus der Kohle aussteigen."
    26 Mitgliedsorganisationen sind unter dem Dachverband versammelt
    Aber es war auch ein Gewinn für "urgewald" und dem Dachverband der kritischen Aktionäre, dem "urgewald" angehört. Dessen Geschäftsführer Markus Dufner zählt den Rückzug der Allianz aus der Kohlefinanzierung zu den größten Erfolgen der jüngsten Zeit:
    "Die Arbeit der Kritischen Aktionäre trägt dann oftmals nach mehreren Jahren erst Früchte. Als einen ganz maßgeblichen Erfolg können wir sehen, dass die Allianz-Versicherung jetzt vor einigen Monaten aus der Versicherung, aus der Finanzierung der Kohleindustrie ausgestiegen ist.
    Das ist ein Erfolg mit sehr weiten Auswirkungen, nämlich dass die Konzerne, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes durch den Abbau von Kohle oder mehr als 30 Prozent der Energieerzeugung aus Kohle erzielen, dass denen sozusagen der Finanzierungshahn zugedreht wird. Das ist jahrelanger Lobbyarbeit des Dachverbands Kritischer Aktionäre und seiner Mitgliedorganisationen zu verdanken."
    Insgesamt 26 Mitgliedsorganisationen versammelt der Dachverband, von der "Aktion alternative BASF-Aktionäre" über die Friedensinitiative "Ohne Rüstung leben" bis hin zum Kölner "Whistleblower-Netzwerk". Sie beobachten die Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen und melden sich, gern auch aus diesem Anlass, mit Kampagnen zu Wort.
    Ja, das habe was bewirkt, sagt Dufner. Nachhaltiges Wirtschaften habe an Stellenwert gewonnen, in der öffentlichen Debatte und auch in den Unternehmen. Das schreibt der Dachverband sich zu, nicht den konkurrierenden Aktionärsvereinigungen wie der großen DSW, der Deutschen Schutzvereinigung für Wertbesitz, oder der SdK, der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Das seien die Verbände derer, die auf Profitmaximierung schauten. Der Dachverband der Kritischen Aktionäre habe einen anderen Ansatz:
    "Wir wissen natürlich auch, dass eine Anlage nicht Minus machen darf. Sonst ist sie bald nicht mehr tragbar. Und auch Konzerne müssen Gewinne erzielen. Das ist auch völlig klar. Aber es müssen die richtigen Investitionen getan werden. Nachhaltigkeit bedeutet eben, nicht nur ökonomisch nachhaltig, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltig zu sein. Also, im Sinne der Menschen, der Umwelt, der gesamten Schöpfung zu wirtschaften."
    Zukünftiges Ziel: höhere Löhne in der Textilindustrie
    In der Börsenpraxis wird diese Botschaft kaum vernommen. Fidel Helmer geht namens der Bank Hauck & Aufhäuser seit mehr als 40 Jahren aufs Parkett:
    "Es gibt viele Dachverbände. Aber dieser Dachverband sagt mir nichts. Aber ich würde es natürlich begrüßen, wenn ich auch hier, wie von vielen anderen Unternehmen Emails bekommen würde. Und die würde ich dann sicher auch lesen."
    Auch aus der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ist Lästerliches zu hören, der Dachverband sei schon mal aktiver gewesen. Drei Themen hat der vor sich, mindestens: Für höhere Löhne in der Textilindustrie will er sich einsetzen, damit in Entwicklungsländern nicht unter Elendsbedingungen gearbeitet werden muss.
    BASF soll vorgeführt werden, weil der Konzern nicht auf seine Lieferkette achte und Platin aus Gruben kaufe, deren südafrikanische Besitzer ein Massaker an ihren Arbeitern angerichtet haben sollen. Und morgen wird der Streik der kleinen Ethikbank unterstützt, die sich gegen eine teure und arbeitsaufwendige Bankenregulierung wehrt, obwohl doch die Großbanken die Finanzkrise angerichtet hätten.