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4.4.1979 - Vor 25 Jahren

Zulfikar Ali Bhutto ist eine politische Kultfigur in Pakistan. So jedenfalls hätte es die Peoples Party of Pakistan, kurz PPP genannt, gerne, deren Gründer Zulfikar Ali Bhutto war. Erst im Januar dieses Jahres beschloss die säkular ausgerichtete Oppositionspartei eine Bhutto Weltstiftung zu gründen. Deren Aufgabe solle es sein, so die Führung um die wegen Korruptionsverdacht im Exil lebende Tochter Benazir, die Jugend mit der politischen Philosophie Zulfikar Ali Bhuttos vertraut zu machen. Die pakistanische Jugend, zwischen Islamismus und individueller Perspektivlosigkeit hin- und hergerissen, interessiert sich in Wirklichkeit gar nicht mehr für den kleinen, energischen Ministerpräsidenten aus den siebziger Jahren. Den Sozialismus in islamischem Wertekorsett, wie ihn Zulfikar Ali Bhutto anstrebte, hat sie schon längst vergessen. Geblieben ist vielen nur die Erinnerung an einen machtorientierten Nationalisten und seine Erklärung zum indisch-pakistanischen Krieg im Weltsicherheitsrat 1971.

Von Christoph Burgmer |
    Es ist entwürdigend für mich selbst und für mein Land, einen Augenblick länger hier zu bleiben als nötig. Ich bin nicht zu kaufen. Fällt nur irgendwelche Entscheidungen. Jedes Abkommen, einfach jeder Beschluss wird doch nur die Aggression, die Eroberung und jedes Verhalten, welches bis zum 14., 15. Dezember 1971 als illegal galt, legitimieren. Dem werde ich niemals zustimmen. Wir werden nach Hause zurück kehren und kämpfen. Mein Vaterland braucht mich. Warum sollte ich weitere Zeit im Sicherheitsrat verschwenden. Lassen Sie mich in Ruhe mit dem Sicherheitsrat. Ich gehe.

    Immer schon hatte Zulfikar Ali Bhutto ein feines Gespür, das gegenüber Indien ewig kränkelnde nationale Selbstbewusstsein der Pakistanis politisch für sich zu nutzen. Als ihn der Krieg mit Indien 1971 und die Abspaltung Bangla Deshs, dem ehemaligen Ost-Pakistan, an die Macht spülte, konnte er schon auf eine lange politische Karriere zurückblicken. Geboren in der südpakistanischen Provinz Sindh 1928, studierte der Sohn einer aristokratischen Familie standesgemäß in den USA, Großbritannien und Pakistan. Als Ayub Khan 1958 die Macht übernahm, machte er den Anwalt zum Handels- später dann zum Außenminister. 1966 schied er aus der Regierung aus und gründete 1968 die Peoples Party of Pakistan, eine sozialistische Partei, die 1970 die ersten freien Parlamentswahlen des Landes gewann. Und als er als Ministerpräsident 1971 nach dem verlorenen Krieg gegen Indien, der Spaltung des Landes und der Staatsgründung Bangla Deshs sogar seinen Rücktritt anbot, erschien er vielen Pakistanis als Hoffnungsträger.

    Ich will meine Schwierigkeiten gar nicht herunterspielen, aber ich habe große Hoffnung für die Zukunft.

    Diese schien sich in einer erfolgreichen pakistanischen Außenpolitik zu bestätigen. Schon in den 60er Jahren hatte Zulfikar Ali Bhutto als Außenminister Pakistan an China und die USA angenähert und damit aus dem Einfluss Indiens gelöst. Die Vorteile für Pakistan suchend, nutzte er geschickt das sowjetisch-amerikanische Ringen um die Vorherrschaft in der Region. Man gestand ihm inoffiziell vieles zu, sogar ein pakistanisches Atomwaffenprogramm. Während der Anwalt außenpolitisch glänzte, verlor er innenpolitisch jedoch schnell jeden Rückhalt. Seine rigorose Verstaatlichungspolitik hatte Großgrundbesitzer und Industrielle gegen ihn aufgebracht. Die islamischen Parteien, die ihn zu Beginn seiner Regierungszeit unterstützt hatten, wandten sich nun wegen der halbherzigen Islamisierungspolitik gegen ihn. Bhutto begann zusehends mit diktatorischen Methoden zu regieren. Oppositionelle wurden inhaftiert. Es wurde gefoltert und gemordet. Und als während der Parlamentswahlen 1977 Hunderte von Menschen umkamen, sah das aus öffentlichen Ämtern gedrängte Militär die Gelegenheit für gekommen, den ungeliebten Staatspräsidenten endlich nach sechs Jahren zu entmachten. Zia ul Haqq, der neue starke Mann begründete dies im Juli 1977 so:

    Die Umstände haben uns gezwungen, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Die Regierung Zulfikar Ali Bhuttos war nicht mehr in der Lage dazu. Die Wahlen sind manipuliert worden, der Ministerpräsident selbst hat die Menschen zur Gewalt aufgestachelt. Ich selbst, als Chef der Militärregierung werde jedoch kein politisches Amt übernehmen. Unser Eingreifen bedeutet keine fortdauernde Militärherrschaft. Es war nur notwendig, dass wir das durch die politische Verantwortungslosigkeit der jetzigen Regierung entstandene politische Vakuum füllen, um Sicherheit und Ordnung wieder zu gewährleisten. Unser Ziel wird es sein, so schnell wie möglich erneut freie und faire Wahlen abhalten zu lassen.

    Doch aus dem Wahlversprechen wurde nichts. Stattdessen begann die blutigste Diktatur in der pakistanischen Geschichte. Ihr fiel, neben Tausenden anderen, auch der ehemalige Ministerpräsident und Parteivorsitzende der PPP zum Opfer. Am 4.4.1979 wurde Zulfikar Ali Bhutto wegen Anstiftung zum Mord erhängt.