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50. Todestag von Erich Maria Remarque
Biograf der verlorenen Generation

Erich Maria Remarque war Sportjournalist und Werbetexter, als er 1927 seinen ersten Roman veröffentlichte: "Im Westen nichts Neues" verschaffte dem Autor literarischen Weltruhm, Geld - und den Hass der Nazis. Sie trieben ihn ins Exil am Lago Maggiore, wo er am 25. September 1970 starb.

Von Christoph Schmitz-Scholemann |
    Der Schriftsteller Erich Maria Remarque bei seiner Ankunft zu den Berliner Festwochen am 10. September 1956 auf dem Flughafen Tempelhof.
    Der Schriftsteller Erich Maria Remarque im September 1956 in Berlin (picture-alliance/ dpa / Bruechmann)
    "Im Westen nichts Neues" ist bis heute einer der meistgelesenen Romane weltweit. Sein Autor Erich Maria Remarque war zeitlebens ein Außenseiter der literarischen Welt, von der Kritik belächelt, von den Lesern geliebt. Geboren wurde er 1898 in Osnabrück als Erich Paul Remark. Mit 14 ging der Handwerkersohn auf die katholische "Präparandenanstalt"; Volksschullehrer sollte er werden. Stattdessen wurde er 1916 erstmal Soldat.
    "Wir waren achtzehn Jahre alt und begannen die Welt und das Dasein zu lieben … Die erste Granate, die einschlug, traf in unser Herz", heißt es im Roman.
    Filmstill aus dem Antikriegfilm-Klassiker von 1930 "Im Westen nichts Neues". Regie: Lewis Milestone, Darsteller: Lew Ayres, Louis Wolheim.
    Lewis Milestones "Im Westen nichts Neues"-Verfilmung von 1930 (imago/United Archives)
    Remarque hatte Glück. Eine Verwundung brachte ihn ins Feldlazarett und dann ins Krankenhaus. Dort begann er, Gedichte zu schreiben. Sie verraten viel über die Mischung aus Mut und Melancholie, die sein weiteres Leben und sein Werk bestimmen sollten.
    "Ich schreite meinen stummen Weg
    Durch dunkle Nacht, durch dunkle Nacht.
    Ich klage nicht, ich frage nicht,
    Ich wandle einsam durch die Nacht."
    Zunächst Werbetexter einer Reifen-Fabrik
    Als der Krieg zu Ende ist, fühlt Remarque bald, dass er für die Lehrerlaufbahn nicht taugt. Es zieht ihn zur Kunst, er versucht sich an einem Roman, stilisiert sein Äußeres, ändert seinen zweiten Vornamen von Paul in Maria und schreibt seinen Nachnamen nicht mehr mit k am Ende, sondern mit q-u-e. Er wird Werbetexter für eine Reifen-Fabrik in Hannover, geht 1925 nach Berlin und taucht als stets elegant gekleideter Sportjournalist ins Nachtleben der Hauptstadt ein.
    Ab Herbst 1927 bringt er seinen großen Roman zu Papier: "Im Westen nichts Neues" - der erste Weltkrieg, in knapper Sprache, manchmal fast im Landser-Jargon erzählt aus der Perspektive eines blutjungen Soldaten, der statt des erwarteten Heldenlebens nichts als Schrecken und sinnloses Morden findet. Das Buch erscheint Anfang 1929. Nach drei Monaten sind eine halbe Million Exemplare verkauft. Der Weimarer Literaturwissenschaftler Jens Kirsten:
    Erich Maria Remarques Kriegsroman "Im Westen nichts neues": Das Bild zeigt die Taschenbuch-Ausgabe von 1959
    Remarques Anti-Kriegsroman in der Ausgabe von 1959 (imago images / teutopress)
    "Wie Remarque neben dem Grauen des Krieges die menschliche Seite zeigt, seine Schilderung der verlorenen Generation der Überlebenden und Zurückgebliebenen, das beeindruckt mich bis heute."
    Affäre mit Marlene Dietrich
    Der Erfolg veränderte Remarques Leben. Er war plötzlich ein Star – reich und berühmt, aber einsam. Der Neid der Literatenszene setzte ihm zu, auch der Hass der Nazis und die Herablassung der Linken, die ihm vorwarfen, dass er keine politische Perspektive bot. Bald darauf verließ Remarque Deutschland, kaufte ein Haus im Tessin und stürzte sich, immer ein Bändchen Eichendorff-Gedichte im Gepäck, in ein atemloses Jet-Set-Leben, von Paris bis Hollywood, Alkoholexzesse und unzählige Liebesaffären inbegriffen. Für Marlene Dietrich spielte er gern den kleinen Jungen: "Geliebte Tante Lena… (der) Onkel hat viele Riegel Blockschokolade, die ganz großen … komm doch wieder zu uns!"
    Zerrissen nach allen Seiten
    Wer heute verstehen will, "wie die Herzen … sogleich in Flammen standen, als jetzt Krieg wurde", muss sich die Zeit vor hundert Jahren vergegenwärtigen: die Künste hatten in der Vorkriegszeit einen ungeheuren Aufbruch der Ideen, der Erfindungen und Neuanfänge erlebt.

    Bei all dem schrieb er weiter Romane, meist Liebestragödien in Krieg und Exil, oft verfilmt, wie "Arc de Triomphe": Mit Anthony Hopkins, der als deutscher Emigrant Calvados trinkend durch das Paris der späten 30er-Jahre irrt.
    Remarque als Anwalt der Individualität
    Dazu Jens Kirsten: "Seine Helden trotzen sich ihren Anteil vom Leben ab, treten mitunter etwas großspurig auf, haben aber, wenn es darauf ankommt, immer Charakter. Alle seine Romane sind ja letztlich ein Plädoyer für den einzelnen Menschen."
    Calvados und Schokolade
    Einigermaßen sesshaft wurde Remarque erst spät, mit fünfzig im Tessin. Der in Ascona lebende Kunsthändler Fritz Hugelmann war oft mit ihm im Café und beschrieb Remarque später "Er war ein fröhlicher Mensch und ein zufriedener Mensch. Er war ein guter Schachspieler, aber ein schlechter Verlierer. Die griechische Kunst hat er gemocht, Torsi, Terrakotten. Er hatte großen Geschmack. Er kaufte nichts, was nicht prima qualità war."
    Am 25. September 1970 starb Erich Maria Remarque. Begraben ist er in Ronco sopra Ascona mit erstklassigem Blick auf den Lago Maggiore. Statt Blumen hinterlassen seine Bewunderer am Grab manchmal eine Flasche Calvados oder etwas Schokolade - Zehrung für den einsamen Weg durch die Nacht.